Strafen.

[41] Die Strafe ist ein Mittel, die Stimme des kindlichen Gewissens zu verstärken. Sie ist ein dem Kinde zugefügtes Übel und darf deshalb nur selten, nur im äußersten Falle in Anwendung kommen. Körperliche Züchtigung vermeide man so viel als möglich. Die Züchtigung darf nie in Mißhandlung ausarten. Ins Gesicht oder an den Kopf schlagen, ist ebenso roh und gefährlich, wie mit einem Stocke in die Hand zu schlagen. Zu strenge Strafe drückt das Gemüt des Kindes. Man bemühe sich, das Ehrgefühl zu erwecken und rege zu erhalten. Statt der Strafe appelliere man an das Ehrgefühl der Kinder, und der Erfolg wird ein größerer sein. Ein Beweis von Ehrgefühl ist es, wenn schon des Erziehers Unwille als Strafe genügt. Ebenso suche man das Gefühl für alle Tugenden, für Güte, Nachsicht, Gefälligkeit, Barmherzigkeit, Ehrlichkeit zu erwecken, mit dem der Widerwille gegen alles Unrechte, Böse, Gemeine und Unmenschliche verbunden ist. Wenn hierin ein gut Teil erreicht ist, wird weniger Strafe nötig sein. Die meisten Strafen bringen die Schuljahre mit sich. In vielen Fällen werden ungenügende Leistungen die Ursache sein, die sowohl in dem Unfleiß des Schülers, als auch in falschen pädagogischen Maßnahmen des Erziehers begründet sind. Werden die Anforderungen an die Kinder zu hoch gestellt, sind mangelhafte Leistungen die Folge. Man beachte wohl, wie weit das Können des Schülers geht. Mißerfolge, ja Verlust der Arbeitsfreudigkeit seitens des Lernenden sind die Folgen des unpädagogischen Forderns. Der Sohn muß unbedingt sein Examen machen, deshalb muß hineingepreßt werden, was an Lernstoff nötig ist, ohne zu bedenken,[41] wie sehr ein so armer Junge, dessen geistige Veranlagung den Forderungen nicht entspricht, dabei zu leiden hat. Das Sollen muß sich nach dem Können richten. In enger Verbindung mit dem Können steht die Wahl des


Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 41-42.
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