Das Tanzen.

[64] Der, insbesondere beim weiblichen Geschlecht so stark vorhandene Trieb der Tanzlust, ist eine reine Konsequenz des naturgemäßen Ausgleiches der Bewegungslosigkeit.

Wenn gewisse Skeptiker der Meinung sind, der Tanz schade dem Organismus, so ist das grundfalsch, da er dem Körper eine wohltuende Bewegung gibt, die Lebensgeister neu erweckt und von einer Geist und Körper anregenden Wirkung ist. Kommt allerdings eine Überschreitung der notwendigen Grenze vor, so wendet sich das Blatt und die Arzenei wird zum Gift!

Wohl verordnet der Arzt angehenden Bleichsüchtigen den Tanz als eine Präventivmaßregel. Wenn man dann aber die betr. Dame mit hochgeröteten Wangen, wogendem Busen und fliegendem Atem erblickt, wie sie vor Erschöpfung auf einen Stuhl niedersinkt und, um die innere und äußere Hitze zu bannen, ein Glas eiskalte Limonade hinunterstürzt und sich noch mit dem Fächer Kühlung zuweht, nach durchtanzter Nacht am andern Tage sich ebenfalls keine Ruhe gönnt, ja dann allerdings kann der Tanz zum todbringenden Verderben werden.


Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 64.
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