Elementar-Haltungen der Arme.

[195] Wie es Elementarstellungen der Füße (Positionen) gibt, so unterscheidet man auch Elementarhaltungen für die Arme. Die Kenntnis derselben ist für denjenigen, der auf eine schöne Haltung des Körpers Gewicht legt, notwendig, für den Künstler sogar Bedingung. Man unterscheidet gebeugte, gestreckte und angeschlossene Haltungen für die Arme.

A. Die guten oder gebeugten Armhaltungen. Die Arme sind nicht völlig gestreckt, sondern im Ellenbogengelenk etwas gebeugt. Die Hände sind leicht geschlossen. Die Spitze des Daumens, Zeigefinger und Mittelfinger berühren sich. Die guten Armhaltungen finden Anwendung bei graziösen Bewegungen und plastischen Haltungen und Stellungen.

I. Haltung. Die Arme hängen leicht und bequem zu beiden Seiten des Körpers herunter. Der Rücken der Hand ist nach auswärts gerichtet.

I a. Die Arme hängen vor dem Körper, die Hände sind geschlossen, die Zeigefinger berühren sich, die Handflächen sind dem Körper zugewendet.

II. Haltung. Die Arme werden in Schulterhöhe nach seitwärts gehalten. Der Handrücken ist nach hinten gewendet.

III. Haltung. Die Arme werden gerundet vor dem Körper in Brusthöhe gehalten, sodaß die ersten Fingergelenke einander fast berühren. Die Innenseite der Hand ist dem Körper zugekehrt.

IV. Haltung. Die Arme werden gerundet über dem Kopf gehalten, sodaß die Spitzen der Finger sich fast berühren. Die Innenseite der Hand ist dem Scheitel des Kopfes zugewandt.

B. Die gestreckten Armhaltungen. Die Arme sind völlig gestreckt. Die Haltungen sind dieselben wie bei den[195] gebeugten; natürlich mit den durch die Streckung der Arme hervorgerufenen Veränderungen, es können verschiedene Handhaltungen dabei vorkommen. Die gestreckten Armhaltungen finden Anwendung bei Nationaltänzen, zur Charakteristik und bei komischen Tänzen.

C. Die angeschlossenen Armhaltungen. Diese Haltungen charakterisieren sich dadurch, daß entweder der ganze Arm oder ein Teil desselben, einschließlich der Hand an den Körper angelegt ist. Im gesellschaftlichen Leben dürfen dieselben nicht in Anwendung kommen, sie gehören in das Gebiet der Darstellungskunst, der Schauspielkunst und werden außerdem verwendet bei Bühnen- und Nationaltänzen, sowie zur Charakterisierung.

I. Haltung. a. Die Arme hängen vor dem Körper, wobei folgende verschiedene Handhaltungen vorkommen:

1. Die Hände sind geschlossen, die Zeigefinger berühren sich, die Handflächen sind dem Körper zugewendet.

2. Die Hände sind ineinandergelegt, sodaß die eine Handfläche über dem Rücken der andern liegt.

3. Die Hände sind gefaltet und ist der Rücken der Hand nach unten oder oben gerichtet.

b. Die Arme hängen hinter dem Körper. Haltung der Hände wie bei a.

II. Haltung. Die Hände sind auf den Hüften gestützt, wobei die 4 Finger geschlossen nach vorn und der Daumen nach hinten liegt oder umgekehrt, der Daumen nach vorn und die Finger nach hinten gerichtet sind; es können auch die geschlossenen Finger und der Daumen nach hinten gerichtet sein.

III. Haltung. a. Verschränken der Arme über der Brust. b. Verschränken der Arme hinter dem Körper.

IV. Haltung. Die Hände werden eben über dem Kopf gehalten, sodaß die Innenseiten den Kopf fast berühren, oder so, daß die Hände den Kopf, die Stirn, die Augen usw. berühren.

D. Zwischenhaltungen der Arme. Zwischenhaltungen entstehen:[196]

1. Durch Heben und Senken der Arme und zwar die Zwischenhaltungen I/II, I/III und III/IV.

2. Durch Zusammen- oder Auseinanderführen der Arme, nämlich die Zwischenhaltungen I/I a, II/III u. II/IV.

3. Durch Heranführen der Arme an den Körper oder Entfernen derselben vom Körper. Die hierdurch entstehenden Zwischenhaltungen liegen innerhalb ein und derselben Haltung zwischen der angeschlossenen und guten Haltung; man unterscheidet demnach Zwischenhaltungen in der II., III. und IV. Haltung.

Durch die unter 1 u. 2 genannten Tätigkeiten entstehen Zwischenhaltungen zwischen 2 verschiedenen Haltungen.

E. Oppositionshaltung. Befinden sich nicht beide Arme in derselben, sondern in entgegengesetzter Haltung, so nennt man diese Oppositionshaltung.


Beispiel:

Linke Hand I. Hltg.Linke Hand II. Hltg.

Rechte Hand III. Hltg.Rechte Hand IV. Hltg.


Port de bras. Armbewegungen. Unter port de bras versteht man die Fertigkeit, die Arme und Hände nach den Gesetzen der Schönheit bewegen zu können. Man unterscheidet das niedrige und hohe port de bras. Alle Armhaltungen und -bewegungen unter Schulterhöhe bilden das niedrige, über Schulterhöhe das hohe port de bras. Beide Arten des port de bras kommen auch miteinander verbunden vor. Die Hauptbewegungen der Arme sind Heben und Senken. Als Hauptregel gilt, daß bei einer kunstgerechten Armbewegung der Arm nie direkt aus einer Haltung in eine andere, die Endhaltung darstellende, geführt werden darf, sondern immer durch andere Haltungen hindurch. Beim Heben sowohl als auch beim Senken des Armes wird die Hand ein S, also bei beiden Bewegungen zusammen eine 8 beschreiben müssen.

1. Beispiel. Der Weg aus der I. guten in die III. gute Haltung führt durch die I a Haltung vor dem Körper und durch die Zwischenhaltung I/III.

2. Beispiel. I. gute Hltg., 1 a Hltg., Zwischenhaltung I/III und II. gute Haltung.

Armheben. Wenn der Arm gehoben werden soll, darf die Bewegung nicht bei der Hand beginnen, sondern der Teil[197] oberhalb des Ellenbogens wird zuerst vom Körper entfernt, um dem Arm Rundung zu geben, dann folgt der untere Teil des Annes und zuletzt die Hand.

Armsenken. Beim Senken des Armes verfährt man in umgekehrter Ordnung, hierbei beginnt die Hand, dann folgt der Unterarm und zuletzt kommt der Oberarm in Bewegung.

Bei einer graziösen Armbewegung bleiben die Finger leicht geschlossen und gerundet; der Daumen ist an den Zeige- und Mittelfinger angelegt und löst sich etwas ab, wenn die Bewegung nahezu beendet ist, gleichzeitig führt die Hand eine kleine Drehung nach hinten aus, sodaß die Handfläche bei gehobener Hand etwas nach oben gerichtet ist. Während des Senkens des Armes nimmt die Hand ihre erste Haltung wieder ein und der Daumen legt sich wieder an den Zeigefinger an.

Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 195-198.
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