Der Maskenball.

[256] Derselbe wird in »stufenweiser Rangordnung« abgehalten, wie es beim gewöhnlichen Ball geschieht. Wir unterscheiden vom exklusiven »Privatmaskenball« bis zur gewöhnlichsten »Maskerade«, die ein Wirt in seinem Lokal abhält.

Sehen wir hier ab von den öffentlichen Maskenbällen und betrachten wir uns einen besseren sogenannten »Kostümball«, so erblicken wir ein buntes, wechselreiches Bild.

In Farben und Gestalten aller Art wogen die Teilnehmer durcheinander, aus deren fröhlicher Bunde der Ernst und die Etikette für einige Stunden verschwunden sind. Die Maskenfreiheit gestattet die Anwendung des traulichen »Du«, welches von Mund zu Mund fliegt, und Gruppen verschiedenster Art bilden und lösen sich.

Welch eine Maske man auch wählt, immer wähle man eine solche, deren Charakter man auch annähernd darzustellen vermag.

Dann sei aber auch das Kostüm an und für sich ein salonfähiges!

Also alles in allem: man komme zum Maskenball wie zu jeder anderen Gesellschaft in salonfähiger Toillette und in einer Maske, in deren Charakter man sich hineinleben kann. Fällt die unbewußte Lüge, einen blasierten Engländer, oder[256] heißblütigen Spanier darzustellen, gar zu schwer, so wähle man eine Maske, in der man »Schweigen und denken« kann, wenn man dazu Neigung verspürt, den Domino.

Da auf Maskenbällen sowie bei Polterabend-Aufführungen Tänze in Kostüm von einzelnen Personen, oder Ensembletänze zur Aufführung kommen, so seien hier einige besonders geeignete National- und Charaktertänze angegeben:


Tänze für Damen und Herren:

Zigeuner und Zigeunerinnen. – Italiener und Italienerinnen. – Spanier und Spanierinnen.

Bauern und Bäuerinnen:

Schnitter. – Winzer. – Schäfer. – Gärtner. – Holländer. – Komischer Tanz.

Ungar und Ungarinnen. – Türke und Türkinnen. – Narr und Närrin. – Pole und Polinnen. – Grieche und Griechinnen. – Rokoko. – Empire.


Tänze nur für Herren:

Chinesentanz. – Matrosentanz. – Pierrottanz. – Mohrentanz.


Tänze nur für Damen:

Vier Jahreszeiten. – Phantasietänze.


Eine solche Aufführung, die allerdings nicht nach dem Buche erlernt werden kann, sondern die einstudiert sein muß, bereitet immer ein doppeltes Vergnügen und zwar einmal den Zuschauern, für die sie bestimmt ist, dann aber auch insbesondere den Mitwirkenden. Auf den vorher abgehaltenen Proben, und am Abend des Festes wird unter den Mitwirkenden, wenn noch die anderen Teilnehmer des Balles einander gewissermaßen als Fremde gegenüberstehen, da sie sich unter den Masken nicht erkannt haben, schon eine gewisse Vertraulichkeit herrschen, die Anlaß zu manchem Amusement bietet.


Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 256-257.
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