Bewirtung.

[260] Bei allem Vergnügen, das uns nun aber ein Ball bietet, darf jedoch ein Faktor nicht übersehen werden. Hunger und Durst stellen sich ein.

Daß in einer geschlossenen Gesellschaft, wie der Privatball, seitens des Wirtes ganz besonders darauf Rücksicht zu nehmen ist, den Bedürfnissen des Magens seiner Gäste Befriedigung angedeihen zu lassen, ist selbstverständlich; denn wenn man sich in einem öffentlichen Lokal befindet, kann man sich für sein Geld kaufen, was einem schmeckt, im Privathause muß man mit dem fürlieb nehmen, was geboten wird.

Ist alles gut und reichlich vorhanden, so genieße man auch nicht zum Überfluß, am allerwenigsten von jenem berauschenden Naß, welches Geist und Sinne gefangen nimmt; denn schon mancher hat die Hitze des Ballsaales mit der Frische des Weines gekühlt und hernach in einem Zustande, den man schon nicht mehr als ganz zurechnungsfähig bezeichnen dürfte, Dinge begangen, die er später bei nüchternem Verstande nicht mehr verantworten konnte, – also man hüte sich vor einem Zuviel!

Wenn man nun die Freude des Balles hinter sich hat, d.h. daß der Ball, auf den man sich vielleicht schon lange gefreut hatte, seinem Ende naht, so rückt allmählich der Zeitpunkt heran, wo der Kutscher draußen vorfährt, um uns wieder nach Hause zu befördern.

Wer zu einem Balle hinfährt, fährt auch gewöhnlich zurück, man hält dies in der Regel so, daß man seine Dame je nach Umständen in Begleitung ihrer Mutter etc. von ihrem[260] Hause abholt und sie hernach auch wieder nach Hause begleitet. Selbstverständlich ist, daß man alles Auffällige, Umständliche vermeiden muß, da man sowohl auf der Hinfahrt wie auf dem Rückwege immer den einen Wunsch möglichst schnellster Beförderung hat, und eine Fahrt vom oder zum Balle durchaus keine Spazierfahrt sein soll.

Es bleiben die allgemeinen Regeln immer dieselben und wie beim Kommen und Gehen schon gesagt ist, daß man Damen den Vorantritt und im Wagen den Rücksitz überläßt, so ist solches auch hier der Fall.

Ladet jemand zur Rückfahrt oder sonst bei einer Gelegenheit Personen in seinen Wagen ein und sind diese nicht so vornehm als er selbst, so kann er je nach Umständen, um sich keinen Umweg zu machen, diese unterwegs aussteigen lassen, oder steigt zuerst bei seiner Wohnung aus und läßt diese dann nach Hause fahren. Mit Vornehmeren fährt man bis zur Türe ihrer Wohnung, empfiehlt sich je nachdem im Wagen, oder steigt, wenn der Wagen hält, zuerst aus und ist beim Aussteigen behülflich, verabschiedet sich hier, spricht seinen Dank aus etc.


Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 260-261.
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