Das Rembrandtwerk

[55] Neben den Publikationen für die »Graphischen Künste«, den reich illustrierten Veröffentlichungen der Galerien in Oldenburg, Schwerin, Wesselhoeft-Hamburg und Liechtenstein-Wien, begann ich um 1886 die Veröffentlichung meines großen Rembrandtwerkes, das ich seit Jahren vorbereitet hatte. Ich hatte mir vorgenommen, sämtliche mir bekannten Gemälde des Meisters in größeren photographischen Tafeln abzubilden,[55] sie zu beschreiben, alles Notwendige über ihre Geschichte usw. zu geben und damit eine Darstellung der Entwicklung des Künstlers, seine Lebensgeschichte, alle Dokumente über ihn und das Verzeichnis der Stiche nach den Bildern zu geben. Vergeblich hatte ich mich nach einem Verleger umgesehen; die größten deutschen Verlagsgeschäfte verlangten einen Zuschuß von 100000 Mark oder mehr, und doch hatte ich von der Akademie der Wissenschaften in Berlin durch Vermittlung von Theodor Mommsen nicht mehr erreichen können als die Aussicht auf einen jährlichen Zuschuß von einigen tausend Mark für ein paar Jahre.

Zufällig sprach ich einmal mit dem Kunsthändler Charles Sedelmeyer, der zugleich einen Verlag von Kunstblättern hatte, über meine Absichten. Er erklärte sich sogleich zur Publikation in luxuriöser Weise und mit Text in drei Sprachen bereit, und zwar ohne jeden Zuschuß. Mehrere Jahre vergingen über der Aufnahme der Bilder, die ich zum Teil persönlich leiten mußte. Dann sind seit 1890 die acht Großfoliobände, ziemlich regelmäßig jährlich ein Band, erschienen, obgleich mich mitten in der Arbeit eine schwere Venenerkrankung befiel, die mir jahrelang weiteres Reisen zu diesem Zweck unmöglich machte. Aber ein alter Bekannter und tüchtiger Kenner Rembrandts, einer der fleißigsten Mitarbeiter auf dem Gebiete der holländischen Malerei, Dr. C. Hofstede de Groot, half uns und übernahm einen Teil der Arbeit, vor allem die ausgezeichnete Zusammenstellung aller Dokumente über Rembrandt.

Das teure Werk schlug über Erwarten gut ein; es ist auf lange Zeit das Standardwerk über den Künstler geworden. Ob der Verleger seine ganzen Auslagen direkt aus der Publikation herausbekommen hat, weiß ich nicht; indirekt hat er dadurch außerordentlich viel Gewinn gehabt durch den Ruf, den ihm die Publikation namentlich in Amerika machte und durch die Gelegenheit der Erwerbung mancher im Privatbesitz versteckter Bilder des Meisters, die durch unsere Publikation als garantiert galten. Freilich hat[56] ihm das auch manche Neider verschafft, die ihn in der gehässigsten Weise angriffen. Darunter haben auch Dr. Hofstede und ich selbst mit leiden müssen, wie ich schon zuvor erwähnte.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 55-57.
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