Wie der Duc d'Aumale das Stundenbuch von Fouquet erwarb

[126] Das berühmte Stundenbuch Fouquets, ein weit größerer Schatz noch als das große Gemälde, war leider schon verkauft. Der Duc d'Aumale hatte seit Jahren wiederholt bis zu einer halben Million Franken darauf bieten lassen – stets vergeblich, da Herr von Brentano erklärte, daß er es nicht fortgeben wolle. Aber der Herzog, dem an der Rückgewinnung dieser Meisterwerke für Frankreich alles gelegen war, ließ sich nicht abschrecken. Er beauftragte seinen Frankfurter Agenten, gelegentlich einen günstigen Zeitpunkt abzupassen, er würde mit dem Geld sofort zur Stelle sein. Leider kam dieser Moment; Baron Brentano wurde mit dem Alter geistesschwach. Die einzige Tochter pflegte ihn und gönnte sich nur vormittags eine kurze Ausfahrt, wie der Frankfurter Händler von der Dienerschaft des Hauses in[126] Erfahrung gebracht hatte. Er teilte also dem Duc d'Aumale mit, daß eine Chance zur Erwerbung vorhanden sei. Er möge mit einer größeren Summe baren Geldes gleich nach Frankfurt kommen. Der Herzog war sofort zur Stelle, suchte den alten Brentano auf, bot ihm 250000 francs, die er auf den Tisch zählte, und während Herr von Brentano bis dahin ein Gebot der doppelten Summe abgelehnt hatte, gab er jetzt in kindischer Freude an dem Geld seine Miniaturen sofort dafür hin. Als die Tochter von der Ausfahrt zurückkam, war der Duc d'Aumale mit seinem Schatz schon auf dem Heimweg nach Paris.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 126-127.
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