In Italien

[167] Bei meiner Anwesenheit in Italien im folgenden Frühjahr gelang mir die Erwerbung einer farbenprächtigen Madonna von Gian Bellini, die sich bis dahin in der Sammlung des Conte Folco in Vicenza befunden hatte.

In Venedig konnte ich gleichzeitig die Bestattung von Dr. Ludwig, den man in ein Armengrab geworfen hatte, das nur durch einen abgebrochenen Pfahl mit einer Nummer kenntlich war, an hervorragender Stelle des Kirchhofs San Martino durchsetzen. Auch wieder dank der Beihilfe unseres Kaisers. Als der treffliche um Venedig hochverdiente Gelehrte im Januar 1905 in Venedig seinem furchtbaren Leiden endlich erlegen war, hatte man freilich unter dem ersten Eindruck des schweren Verlustes aus öffentlichen Mitteln für ihn ein feierliches Begräbnis in der Markuskirche unter Beteiligung der höchsten Beamten der Stadt wie von Staat und Kirche veranstaltet. Aber an dem unwürdigen Platz, an dem man seinen Sarg auf der Toteninsel Venedigs »vorläufig« beigesetzt hatte, blieb er liegen. Ja, es erhoben sich sogar in der Presse Venedigs Stimmen dagegen, daß man ihm einen besseren Platz gäbe. Der einflußreiche Feuilletonist[167] Levy, der seither Direktor im italienischen Kultusministerium gewor den ist, scheute sich nicht, in einer Zeitung Venedigs den Verstorbenen für einen »deutschen Spion« zu erklären, der mir bei Erwerbung und Ausfuhr wertvoller Kunstwerke aus Italien behilflich gewesen sei. Unter dem Eindruck dieser Verleumdung wagte man in Venedig nichts mehr für Ludwigs Andenken zu tun, so daß ich mich genötigt sah, dem Kaiser gelegentlich davon zu sprechen. Als ich mich daraufhin in seinem Auftrag mit einer Eingabe an Venedigs Sindaco, den Conte Mocenigo, wenden durfte, erhielt ich sofort die telegraphische Antwort, daß die Stadt Venedig dem ausgezeichneten Manne ein Grab an hervorragender Stelle aus ihren Mitteln bewillige. Eine Grabtafel im Stil der alten venezianischen ist in der Mauer über dem Grabe angebracht worden, zu deren Anfertigung der Kaiser als erster einen Beitrag beisteuerte und deren lateinische Inschrift er mit verfaßte.

Auf ein Kunstwerk von Luca della Robbia, die ausgezeichnete große Lünette der Madonna zwischen zwei Engeln, hatte ich im Frühjahr 1903 verzichten müssen, weil ein Florentiner Händler 250000 francs dafür forderte. Gleich nach meinem Besuch in Italien fand ich es bei kurzer Anwesenheit in London zufällig in der Hand eines dortigen Bilderhändlers. Er sagte mir, ich täte ihm einen Gefallen, wenn ich ihn davon befreite, da niemand so etwas bei ihm suche. Er würde es mir zum (angeblichen) Kostenpreise des Händlers, der sie ihm von Florenz auf den Hals geschickt habe, verschaffen. Ich erwarb das Stück dann um den vierten Teil der ersten Forderung, um wenig mehr als 2000 £. Von einem anderen Händler kaufte ich gleichzeitig die große frühe Anbetung der Hirten von Murillo um 3000 £.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 167-168.
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