30 [29] Brief an August Macke

Februar/März 1910


Lieber Herr Macke, ... wir denken viel an Sie und reden von Ihnen, mit dem aufrichtigen Wunsche, daß man sich öfters sehen könnte. Was macht Ihre Malerei? Was Sie davon in Ihrem Brief schrieben, klang etwas gedrückt; es täte mir leid, wenn diese Stimmung andauerte. Wenn Sie's handgroß nicht herausbringen, malen Sie's wandgroß,[29] lieber als ewig an kleinen Sachen hartnäckig herumspöttern. Aber Sie werden inzwischen schon manches gemacht haben. Ich bin hier sehr fleißig, an ein paar sehr großen und vielen kleineren Sachen. Ich stelle an meine Vorstellungskraft wieder die unverschämtesten Anforderungen und lasse alles andere, Theorie und Naturstudien, wie Sie's verstehen, hinten. Ich kann nur so arbeiten, völlig aus meinem Vorstellungsvermögen heraus, das ich ohne Unterlaß füttere, – außer in den Arbeitsstunden. Freilich stelle ich mich beim Arbeiten stets vor die Natur, vor mein ›Motiv‹! Es ist zuweilen recht lächerlich, einem Maler in's Handwerk zu sehen, ich denk es oft. Niemand ist willenloser als wir; und gerade uns hält man immer für so ›bewußt‹, wir selbst nicht am wenigsten ... 1. bis 22. Mai ist bei Thannhauser die Manet-Ausstellung; ich freu mich riesig darauf ...

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Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 29-30.
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