259 [213] Brief an Helmuth Macke

15.9.1915


L.H., ... Dein Pessimismus gegenüber den Kriegsaussichten ist wohl leider gerechtfertigt. Ehe wir nicht den Suezkanal und Calais in den Händen haben, ist an ein Ende schwer zu denken. Die Offensive im Westen wird wohl mit Gas vorgetragen werden; die berühmten ›angewandten Wissenschaften‹, man spricht wenigstens hier allgemein davon. – Ich schreibe schon lange nichts mehr, ich arbeite unaufhörlich an Gedanken, für die ich mir absolut noch keine Form denken kann, aber die ich doch alsmal als vorhanden spüre. Außerdem verwende ich gegenwärtig viel Zeit auf artilleristische Studien, Schußtafelberechnungen, Schießverfahren und dergleichen. Man hat mir eine Aussicht auf Beförderung gemacht, die ich natürlich nicht ausschlage, sowenig ich auch bisher auf sie gerechnet hatte; ich muß darum artilleristisch viel nachholen. Könnte ich Dich doch herholen! Bleib gesund! Sei versichert, daß ich soviel und oft an Dich denke und fest an dem Glauben halte, daß ich mit Dir und Maria einmal wieder um den runden Kirschbaumtisch in Ried sitzen werde ...

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 213.
Lizenz:
Kategorien: