Franz Marc 05.02.1911

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POSTKARTE AUS SINDELSDORF


5. II. 11


Lieber August,


Du wirst unsere gemeinsame Karte erhalten haben, – heute früh kam schon ein Telegramm von der ›Generalversammlung‹ (!) der Vereinigung, die mich ›einstimmig‹ zum Mitglied und 3. Vorsitzenden (?) gestern gewählt hat. Jawlensky und Erbslöh hatten heraussen 5 Bilder von mir zusammengepackt und als ›Muster‹ mitgenommen! Ich freu mich recht; es gab für mich doch keine andere Wahl. Köstlich war der Besuch (seit Oktober angekündigt!). Bei aller Herzlichkeit malte sich doch, als ich sie im Schütten in Penzberg abholte, auf ihren Gesichtern die steigende Angst, einem Erlebnis entgegenzufahren, wie dem seinerzeit geschilderten bei Palmié[42] und Schimmel!! Als sie sich nun auf meinem Speicher plötzlich angenehm überrascht sahen, gebärdeten sie sich wie wahnsinnig, Erbslöh tanzte, Werefkin riss immer an meinem Biceps herum, Jawlensky balzte immer sein säärrh gut, sääärrrr gut heraus. Es war zu komisch! Helmuth weidete sich an dieser Szene!

Es sieht heut schon etwas anders aus bei mir wie im Sommer, Gott sei Dank! Ich hab den Kopf so voll von Fragen und Ideen, wirklich zu viel, um in Briefen es sagen zu können. Wie freue ich mich darauf, Euch einmal im Sommer hier zu sehen oder uns in Bonn! Ich schreib schon nächstens einmal wieder länger und hoffe stark dasselbe von Dir. Herzliche Grüsse an Euch beide.

Euer Fz. Marc


Helmuth geht's gut; er wächst noch! 1000 Grüsse von ihm.

Quelle:
Franz Marc, August Macke: Briefwechsel. Köln: DuMont, 1964., S. 42-43.
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