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[552] (Muir I, 122.) Die Stellung des Liedes am Schluss der Indralieder, die über alles Mass gehende Vergöttlichung des Vasischtha und der seltsame Mythus über seine Geburt (Vers 7-14), das zum Theil sehr gesuchte und überschwängliche in der Sprache, modernere Ausdrucksweise wie sárvān statt des ältern víçvān (Vers 7)[552] bekunden späteres Alter, wenigstens für den Abschnitt von Vers 7 an, und zeigen, dass das Lied erst nach Abschluss der ursprünglichen Sammlung gedichtet und eingeschoben ist. In Vers 1 und 4 wird Indra als die Vasischtha's anredend eingeführt.


1. »Die festlich geschmückten Vasischtha's, die auf der rechten Seite ihre Haarflechte tragen, die ihre Andacht beleben, haben mich recht erfreut; aufstehend von der Streu rufe ich die Männer, denn nicht aus der Ferne können sie mich erquicken.«

2. Durch gebrauten Soma führten sie von ferne her den gewaltigen Indra über Teiche des Tranks hinweg, den mächtig trinkenden; Indra zog die Vasischtha's vor dem von Paçadjumna, dem Nachkommen des Vajat, gepressten Soma.

3. Fürwahr, mit ihnen durchdrang er einst die Ströme, mit ihnen schlug er den Bheda [einen der zehn Könige, die wider den Sudas kämpften], fürwahr durch euer Gebet, o Vasischtha's half Indra dem Sudas in der Zehnkönigsschlacht.

4. »O Männer, um der Liebe und des Gebetes eurer Väter willen, hab ich die Achse eures Wagens beschützt; nicht sollt ihr Schaden leiden; weil ihr, o Vasischta's, in kunstreichen Versen mit lautem Schalle dem Indra Kraft gegeben habt.«

5. Wie durstende schauten sie flehend auf zum Himmel, als sie in der Zehnkönigsschlacht umzingelt waren; da hörte Indra auf Vasischtha's Rufen, und weiten Raum verschaffte er den Tritsu's.

6. Wie Stäbe, mit denen man Ochsen treibt, waren zerspalten die schwachen Bharater; da ward Vasischtha ihr Führer, und nun dehnten sich aus der Tritsu Stämme.

7. Drei [Sonne, Wasser, Wind, vgl. Vers 8] schaffen Samen in den Wesen; drei arische Geschlechter sind es, Glanz ausstrahlend; drei Feuer folgen auf die Morgenröthe; dies alles kennen die Vasischtha's.

8. Ihr Licht ist wie des Sonnenglanzes Wachsthum, und ihre Grösse wie des Meeres Tiefe; wie des Windes Eile ist eur Loblied von keinem andern einzuholen, o Vasischtha's.

9. Sie sind es, die mit Einsicht eindringen in des Herzens tausendfach verzweigtes Geheimniss, den Aufzug webend, den einst Jama spannte, umsassen die Vasischtha's die Apsarasen.

10. Als Mitra und Varuna dich erblickten, da du mit dem Glanze des Blitzes umkleidet warst, das war dein Ursprung und einer auch, als dich Agastja zu den Menschen brachte, o Vasischta.

11. Du stammst von Mitra-Varuna, o Vasischtha, erzeugt, o Beter, durch des Geistes Begierde; dich, den Tropfen, der durch das an die Götter gerichtete Gebet herabfiel, setzten alle Götter in die Opferschale.

12. Er, der kundige Erleuchter beider Welten, der tausend Gaben austheilt und reich an Gaben ist, der den durch Jama gespannten Aufzug weben sollte, Vasischtha ward geboren aus der Apsaras.

13. Die beiden zugleich geborenen [Mitra und Varuna], durch Gebete erregt, ergossen den gemeinsamen Samen in den Krug; aus dessen Mitte ging hervor der Dichter; den daraus geborenen Sänger nannte man Vasischtha.

14. Er bringt den her, der Sprüche darbringt und Lieder; der den Pressstein bringt, soll es zuerst verkünden; um ihn setzt euch[553] mit Verehrung wohlgesinnt; zu euch herbei, o Pratriden, kommt Vasischtha.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1876, [Nachdruck 1990], Teil 1, S. 552-554.
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