18. Unredlichkeit.

[22] IV, 16.


1. Der in der Höh die Welt bewacht, der sieht, als stünde er dabei;

Verstohlen glaubt man es zu thun, den Göttern ist es alles kund.


2. Ob einer stehe, gehe oder schleiche,

geh's hehlings in den Winkel, geh's im Schusse,[22]

Ob zwei beisammensitzend sich besprechen,

so weiss es König Varuṇa als Dritter.

3. Des Königs Varuṇa ist diese Erde,

der hohe Himmel mit den fernen Enden;

Die beiden Meere sind der Leib des Gottes;

im Wassertropfen selbst ist er verborgen.

4. Wer weiter, als der Himmel reicht, sich schliche,

er würde Varuṇa doch nicht entgehen;

Vom Himmel steigen seine Späher zu uns,

und tausendäugig mustern sie die Erde.

5. Der König Varuṇa schaut dieses alles,

was Erd und Himmel fassen, und was jenseits,

Er zählt das Zucken jeder Augenwimper,

er überschaut, wie Spieler ihre Würfel.

6. Zu siebn und sieben hast du Stricke dreifach,

Varuṇa! ausgespannet, widerwärtge;

Den Lügner sollen alle fest umfangen,

doch den frei lassen, der die Wahrheit redet.

7. Mit hundert Stricken halte ihn gefesselt;

dir Männerhort! entrinne nicht der Lügner.

Er sitze da, der Schuft, es häng der Bauch ihm,

reiflosem Fasse gleich, das man umwunden.


8. Der in die Länge geht, der in die Quere,

der hier von Varuṇa gespannt, der auswärts,

der bei den Göttern ist, der bei den Menschen:

9. Mit allen diesen Stricken ich dich fessle,

N.N. von da und da, den Sohn der N.N.

Dir weise ich sie zu, die Stricke alle.

Quelle:
Hundert Lieder des Atharva-Veda. Tübingen 1879 [in: Schulschriften a. d. Kgr. Würtemberg. Nachtrag 1869–80], S. 22-23.
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