Lob des Studiums

[44] Erwünscht sind Studium und Unterricht. Man wird aufmerksam, unabhängig, erwirbt Tag für Tag Vermögen, schläft gut und wird sein eigener bester Arzt: Selbstbeherrschung, Zielbewußtsein1, Wachstum der Erkenntnis, Ansehen, Reifen der Menschheit (sind damit verbunden). Wachsende Erkenntnis entwickelt in dem Brahmanen vier Pflichten: Brahmanenwürde, entsprechendes Verhalten, Ansehen, Reifen der Menschheit (durch Belehrung). Die reifende Menschheit lohnt dem Brahmanen durch vier Pflichten: Ehrerbietung, Freigebigkeit, Sicherheit gegen Vergewaltigung und gegen Mord.

Was immer die Mühen zwischen Himmel und Erde sein mögen, deren höchste Stufe ist das Studium; das Ziel dessen, der so wissend sein Studium betreibt. Darum soll einer sein Studium betreiben.

Was immer er vom Veda studiert, das hat er als ein Opfer dargebracht, wer so wissend sein Studium betreibt. Darum soll er sein Studium treiben.

Wenn einer auch gesalbt, geputzt, behaglich auf bequemem Lager liegend sein Studium treibt, bis in die Fingerspitzen kasteit er sich, wer so wissend sein Studium treibt. Darum soll einer sein Studium treiben.

Honig sind die Verse des Rigveda, Butter die Verse des Sâman, Ambrosia die Sprüche des Yajus; wenn er die[44] Dialoge studiert, so ist das Reis mit Milch und Reis mit Fleisch.

Mit Honig erfreut der die Götter, wer so wissend die Verse des Rigveda Tag für Tag als Studium treibt. Erfreut erfreuen ihn diese mit allen Wünschen, mit allen Genüssen.

Mit Butter erfreut der die Götter, der so wissend die Verse des Sâman als Studium Tag für Tag treibt. Erfreut erfreuen ihn diese mit allen Wünschen, mit allen Genüssen.

Mit Ambrosia erfreut der die Götter, der so wissend die Sprüche des Yajus als Studium Tag für Tag treibt. Erfreut erfreuen ihn diese mit allen Wünschen, mit allen Genüssen.

Mit Milchreis und Fleischreis erfreut der die Götter, der so wissend die Dialoge, die Erzählungen aus Mythe und Geschichte als Studium Tag für Tag treibt. Erfreut erfreuen ihn diese mit allen Wünschen, mit allen Genüssen.

Dahin wandeln die Wasser, es wandelt die Sonne, es wandelt der Mond, es wandeln die Sterne. Als wollten diese Gottheiten nicht wandeln, nicht wirken, so wäre an dem Tage ein Brahmane, an dem er sein Studium nicht treibt. Darum soll einer sein Studium treiben. Darum soll man wenigstens einen Vers des Rigveda, einen Spruch des Yajurveda, einen Vers des Sâmaveda, eine Gâthâ oder eine Episode (?) sagen, um das Gelübde nicht zu unterbrechen.


(XI, 5, 7)

1

»Das Sicherfreuen an Einem nur.«

Quelle:
Upanishaden. Altindische Weisheit aus Brâhmanas und Upanishaden. Düsseldorf/Köln 1958, S. 44-45.
Lizenz: