5. Sitte des Fürsten seinem Land gegenüber

[63] Der Fürst ist es, der von dem Volk zum Vorbild genommen wird; nicht darf er sich nach dem Vorbild der Leute richten. Der Fürst wird von dem Volk ernährt, nicht ernährt er die Leute. Der Fürst wird von dem Volk bedient, nicht bedient er die Leute. Wollte der Fürst sich nach den Leuten richten, so würde er Fehler machen; wollte er die Leute ernähren, so reichten seine Mittel nicht aus; wollte er die Leute bedienen, so verlöre er seine Stellung. Dadurch aber, daß die Leute sich nach dem Fürsten richten, kommen sie selber in Ordnung; dadurch, daß sie den Fürsten ernähren, kommen sie selber in Sicherheit; dadurch, daß sie dem Fürsten dienen, kommen sie selber zur Bedeutung. Wenn daher die Regeln der Sitte alles durchdringen, so wird jedem sein Platz angewiesen, und jedermann scheut sich vor dem Tode und ist besorgt für sein Leben. Darum bedient sich der Fürst der Klugheit seiner Leute, aber er tut ab ihre List; er bedient sich ihrer Tatkraft, aber er tut ab ihre Reizbarkeit; er bedient sich ihrer Liebe, aber er tut ab ihre Gier. Wenn ein Land in Not kommt, so ist es Pflicht des Fürsten, für die Altäre des Landes und Korns zu sterben. Ob ein hoher Würdenträger für den Ahnentempel stirbt oder nicht, das kommt auf die Verhältnisse an.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 63.
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