5. Auswahl und Ergänzung der Beamten

[109] Der Herzog sprach: »Darf ich fragen, woran man die einzelnen Menschen (in ihrer Gesinnung) erkennen kann?«

Der Meister sprach: »Fragt nicht danach; es ist sehr schwer durchzuführen.«[109]

Der Herzog sprach: »Ich möchte es lernen; ich hoffe es sicher zu können.«

Der Meister sprach: »Wer auf wohlschmeckende Speisen gierig ist und unverträglich, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer rasch reich werden will, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer sich gerne wohl dran macht und vornehme Beziehungen benützt, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer bei der Ordnung des Volkes die Massen haßt, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer als Vater lieblos, als Sohn pietätlos ist, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer sich den Lüsten von Auge und Ohr überläßt, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer Frauenschönheit liebt und seine Gesinnung darüber verliert, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer kleinen Gewinn gerne sieht, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer sich dauernd ohne feste Regel Neuerungen zuwendet, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer die Schwachen unterdrückt und nicht stützt, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer stolz und hochmütig und frech gegen die Götter ist, der ist ein Hemmnis für die Regierung. Wer sich mit Göttern und Geistern in übermäßiger Weise einläßt, der ist ein Hemmnis für die Regierung.

Die Jungen soll man nicht über die Maßen herrschen lassen. Die Starken soll man nicht zu Parteiungen sich zusammenschließen lassen. Mit Widersprechenden soll man nicht zusammen beraten. Mit Hinderlichen soll man nicht umgehen. Mit Hinterlistigen soll man nicht zusammenarbeiten.

Wenn ein Beamter von einem tüchtigen Manne hört und ihn nicht empfiehlt, so dient er seinem Fürsten nicht recht. Wenn ein Fürst von einem hört und ihn nicht anstellt, so bringt er die Auswirkung seiner Geisteskraft in Unordnung.

Wenn die Beamten jemand empfehlen, so gibt es noch einen einfacheren Weg (die richtigen Leute herauszufinden). Man kann die Menschen erkennen: Wenn einer in seinem Benehmen, seinem Äußeren, seinem Ruf nur Gutes hat, so ist sicher etwas Gutes in seinem Wesen. Wenn einer in seinem Benehmen, seinem Äußeren, seinem Ruf nur Schlechtes hat, so ist sicher etwas Schlechtes in seinem Wesen.

Das ist, was Bo I zuletzt herausbrachte.«[110]

Der Meister sprach: »Bo I schuf erst das Reich, dann schuf er die Regierung, darauf verbesserte er das Reich, und dann verbesserte er die Regierung.«

Der Herzog sprach: »Das ist wahrlich gut!«

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 109-111.
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