Regeln für Beamte

[249] Wer einem Fürsten dienen will, soll es sich überlegen und dann erst in seine Dienste treten, nicht erst in seine Dienste treten und es sich nachher überlegen. Dasselbe gilt, wenn man um etwas bittet oder etwas von andern borgt oder für andre eine Arbeit übernimmt. Auf diese Weise bleiben die Hohen ohne Mißgunst und die Niedrigen ohne Schuld.

Man soll nicht Geheimnisse auskundschaften; man soll sich andern gegenüber nicht gehen lassen; man soll nicht von alten Fehlern sprechen; man soll nicht über andre Witze machen.

Wer als Beamter dient, hat das Recht zu mahnen, aber nicht zu verunglimpfen. (Wenn seine Mahnungen nicht befolgt werden), kann er den Dienst verlassen, aber er soll nicht seine Oberen hassen (und im Dienst bleiben). Er kann loben, aber soll nicht schmeicheln. Wenn seine Mahnungen befolgt werden, soll er nicht stolz sein. Wenn der Fürst träge ist, mag man ihn anfeuern und ihm zur Seite stehen; wenn er den Staat zugrunde richtet, mag man ihn hinwegfegen und durch einen andern ersetzen. Wer das tut, ist ein treuer Diener des Staates.

Sei nicht zu eilig beim Beginn einer Sache, gib sie nicht zu rasch wieder auf! Sei nicht unehrerbietig gegen die Götter, sei nicht eigensinnig und launisch, suche nicht die Zukunft zu ergründen!

Der Staatsmann lebt in der Kraft des Geistes und erholt sich in der Beschäftigung mit den freien Künsten, wie der Arbeiter in seinen Regeln lebt und sich erholt durch Reden (über sein Handwerk).

Setze nicht die Kleider oder Geräte der andern herab; verbürge dich nicht für Worte, die du nur gehört hast!

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 249.
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