2. Die sechs Fürsorger für die Thronfolger

[250] Vor alters, als der junge König Tschong von Dschou noch in den Windeln war, da war der Herzog Schau sein Großschützer, der Herzog von Dschou sein Großlehrer und der Große Herzog sein Großmeister. Der Schützer hatte für sein körperliches Wohl zu sorgen, der Lehrer hatte für seine Tugend und Gerechtigkeit zu sorgen, der Meister hatte für seine Erziehung und Folgsamkeit zu sorgen. Das waren die Ämter der drei Herzöge. Außerdem setzte man drei niedere ein, die alle noch zu den höchsten Würdenträgern gehörten, nämlich den jüngeren Schützer, den jüngeren Lehrer und den jüngeren Meister. Es waren der jüngere Schützer, der jüngere Lehrer, der jüngere Meister, die mit dem Thronfolger zusammen speisten, so daß das Kind richtig geleitet wurde. Die drei Herzöge und die drei Unterbeamten befestigten und erleuchteten ihn in der Ehrfurcht, der Liebe, der Sitte und der Gerechtigkeit und leiteten ihn zur Übung darin an.

Man hielt ferne von ihm alle verkehrten Menschen, so daß er keine bösen Taten sah. Dazu wählte man auf der ganzen Welt die wohlgesinnten Staatsmänner, die Ehrfürchtigen, die Gelehrten und auf dem rechten Weg Bewanderten aus, um ihm behilflich zu sein, und man sorgte dafür, daß sie mit dem Thronfolger zusammenwohnten und aus und ein gingen. So waren, was der Thronfolger mit seinen Augen sah, nur rechte Dinge, was er hörte, nur rechte Worte, worauf er wandelte, nur der rechte Weg. Ob er nach links blickte, ob er nach rechts blickte, nach vorne und hinten, er sah lauter rechte Männer. Wer daran gewöhnt ist, mit rechten Menschen zusammenzuwohnen, der kann nicht anders als recht werden, wie jemand, der im Staate Tschu aufwächst, nicht anders kann, als die Sprache von Tschu lernen. So wählte man seine Lieblingsgerichte aus, aber er mußte immer erst den Unterricht besuchen, ehe er sie zu schmecken bekam; man wählte seine Lieblingsbeschäftigung aus, aber er mußte immer erst seine Aufgaben erledigen, ehe er sie ausüben durfte. Meister Kung sprach: »Was in der Jugend fest wird, wird zur anderen Natur, weil es dauernd geübt wird.« Das ist der Grund, warum[251] die Häuser Yin und Dschou so lange dauerten; sie hatten den Weg, der zur Dauer führt.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 250-252.
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