1. Die Sitte der Männerweihe eines Fürsten nach dem Tode des Vaters

[307] Wenn ein junger Herzog die Männerweihe feiert, so ist er selbst der Leiter1. Er empfängt die Gäste2 mit einer Verbeugung. Er steigt die Osttreppen hinauf und stellt sich auf die Matte. Nach dem Zutrunk steigt er die Oststufen wieder hinunter ... Im übrigen ist er selbst der Herr. Aber3 beim Herabsteigen auf den Weststufen macht er einen Unterschied. In allem übrigen macht er es gleich wie ein Herzog.

Der Herzog trägt einen groben Hut und dunkle Kleidung, den Hut mit Pelz verbrämt, die Kleidung aus Leder4. Die Audienzkleidung besteht aus dunklem Leder.

Der Herzog nimmt nacheinander vier Hüte5, zuletzt die dunkle Krone. Die Gäste werden gespeist nach der Sitte des dreimaligen Darbietens. Sie haben keine Einführungskuriere. Es wird keine Musik gemacht. Alle erscheinen in dunklem Gewand. Als Feiergeschenke werden Seiden von roten und bunten Farben gemacht. Vier Pferde werden den Glückwünschenden geschenkt6.[307]

Die Kronprinzen (der Fürsten)7 richteten sich nach diesen Regeln. Die Kronprinzen und übrigen Prinzen waren bei der Männerweihe selbst die Herren der Feier. Die Sitten waren dieselben wie bei den gewöhnlichen Staatsmännern; ebenso war die Bewirtung der Gäste in allen Stücken gleich8.

1

Wenn ein Fürst nach dem Tode seines Vaters auf den Thron kommt und die Zeit der Männerweihe (mit fünfzehn Jahren) gekommen ist, kann er keinen Verwandten mit der Stellvertretung des Vaters betrauen, wie das sonst üblich ist, da er ja Souverän, die übrigen seine Untertanen sind.

2

Als Gäste fungieren die hohen Räte.

3

Nach Gia Yü (Kungfutse, Schulgespräche) bezieht sich dieser Satz auf einen Fürsten, der nicht Herzogsrang hat. Während der Herzog auf den Osttreppen herabsteigt, steigt der Fürst aus Bescheidenheit die Westtreppen hinunter.

4

Zur Erinnerung an das Altertum, als man in Pelze gekleidet ging. Vielleicht darf hier an den Brauch erinnert werden, daß die Primitiven bei der Mannbarkeitsfeier irgendwelche Bräuche vollziehen müssen, durch die sie sich mit dem Totemtier identifizieren. Die Fellkleidung wäre also vielleicht ein Rest dieser Bräuche.

5

Zuerst den groben Tuchhut, dann die Pelzmütze, dann die Hutmütze und schließlich die dunkle Kronen (Miën).

6

Wang emendiert: Als Gastgeschenke wurden Seiden von roten und bunten Farben und vier Pferde dargebracht. Die Glückwünschenden wurden ebenso beschenkt.

7

Im Text steht Tiën Dsi statt Tai Dsi.

8

Gia Yü bemerkt dazu als Wort von Kung Dsï (Konfuzius): Um damit zu zeigen, daß es niemand gibt, der von Geburt vornehm ist.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 307-308.
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