2. Das Geziemende

[310] Angesichts des Reichtums suche ihn nicht auf unschöne Weise zu erlangen. Angesichts der Not suche ihr nicht auf unschöne Weise zu entgehen. Wenn du streitest, suche nicht recht zu behalten. Wenn du teilst, suche nicht viel zu bekommen. Dinge, die dir zweifelhaft sind, behaupte nicht; rede geradezu, ohne deine Meinung zu betonen ... Die Sitte richtet sich nach dem Geziemenden, die Einzelheiten richten sich nach der Gewohnheit. Die Sitte dient dazu, die Abstufungen von Näheren und Fernen festzusetzen, das Zweifelhafte zu entscheiden, das Übereinstimmende und Verschiedene zu unterscheiden, Recht und Unrecht klarzumachen. Sitte ist, daß man andre nicht durch Lügen zu erfreuen sucht, daß man nicht in seinen Worten verschwenderisch ist. Die Sitte überschreitet[310] nie die Schranken, macht keine Übergriffe, wünscht keine plumpe Vertraulichkeit.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 310-311.
Lizenz: