2. Über die Natur und den Ursprung des Geistes

Vorwort

[80] Ich wende mich nun zur Auseinandersetzung dessen, was aus dem Wesen Gottes oder des ewigen und unendlichen Wesens notwendig folgen muß. Zwar nicht alles, denn in Lehrsatz 16 des ersten Teils habe ich bewiesen, daß Unendliches auf unendliche Arten aus ihm folgen muß; sondern nur das, was uns zur Erkenntnis des menschlicher Geistes und seiner höchsten Glückseligkeit sozusagen handgreiflich führen kann.


Definitionen

1. Unter Körper verstehe ich eine Daseinsform (modus), welche das Wesen Gottes, sofern dasselbe als ausgedehntes Ding betrachtet wird, auf gewisse und bestimmte Weise ausdrückt. Siehe Zusatz zu Lehrsatz 25 im ersten Teil.

2. Zum Wesen eines Dinges gehört, sage ich, das, durch welches, wenn es gegeben ist, das Ding notwendig gesetzt wird und durch welches, wenn es aufgehoben wird, das Ding notwendig aufgehoben wird; oder das, ohne welches das Ding, und umgekehrt, welches ohne das Ding weder sein noch begriffen werden kann.

3. Unter Idee verstehe ich einen Begriff des Geistes, welchen der Geist bildet, weil er ein denkendes Ding ist.


Erläuterung

Ich sage lieber Begriff als Wahrnehmung, weil das Wort Wahrnehmung anzudeuten scheint, daß der[80] Geist von dem Objekt leidet, während Begriff eine Tätigkeit des Geistes auszudrücken scheint.


4. Unter adäquater Idee verstehe ich eine Idee, welche, sofern sie an sich und ohne Beziehung zum Objekt betrachtet wird, alle Eigenschaften oder innerlichen Merkmale einer wahren Idee hat.


Erläuterung

Ich sage innerlichen, um das auszuschließen, was äußerlich ist, nämlich die Übereinstimmung der Idee mit ihrem Gegenstand.


5. Dauer ist eine unbestimmte Fortsetzung der Existenz.


Erläuterung

Ich sage unbestimmt, weil sie durch die eigene Natur des existierenden Dinges nicht bestimmt werden kann und ebensowenig von der wirkenden Ursache, weil nämlich diese die Existenz des Dinges notwendig setzt, nicht aber aufhebt.


6. Unter Realität und Vollkommenheit verstehe ich ein und dasselbe.


7. Unter Einzeldinge verstehe ich Dinge, welche endlich sind und eine beschränkte Existenz haben. Wenn mehrere Individuen in einer Tätigkeit so zusammenwirken, daß sie alle zugleich die Ursache Einer Wirkung sind, so betrachte ich sie alle insofern als Ein Einzelding.


Axiome

I. Das Wesen des Menschen schließt nicht notwendige Existenz in sich; d.h., nach der Ordnung der Natur kann es ebenso geschehen, daß dieser oder jener Mensch existiert, als daß er nicht existiert.[81]

II. Der Mensch denkt.

III. Formen (Arten) des Denkens, wie Liebe, Begierde und was sonst noch mit dem Namen Affekt (Seelenbewegung) bezeichnet wird, gibt es nur, wenn es in demselben Individuum eine Idee des geliebten, begehrten usw. Dinges gibt. Eine Idee aber kann es geben, auch ohne daß es eine andere Form des Denkens gibt.

IV. Wir empfinden, daß ein Körper auf verschiedene Arten erregt werden kann.

V. Andere Einzeldinge als Körper und Formen (Arten) des Denkens fühlen und wahrnehmen wir nicht.

Die Postulate s. nach Lehrsatz 13.[82]


Erster Lehrsatz

Das Denken ist ein Attribut Gottes, oder Gott ist ein denkendes Ding.


Beweis

Die einzelnen Gedanken oder dieses und jenes Denken sind Daseinsformen, welche die Natur Gottes auf gewisse und bestimmte Weise ausdrücken (nach Zusatz zu Lehrsatz 25, Teil 1). Es kommt also (nach Definition 5, Teil 1) Gott ein Attribut zu, dessen Begriff in allen einzelnen Gedanken eingeschlossen ist und durch welches sie auch begriffen werden. Das Denken ist also eins von den unendlichen Attributen Gottes, welches das ewige und unendliche Wesen Gottes ausdrückt (s. Definition 6, Teil 1), oder Gott ist ein denkendes Ding. – W.z.b.w.


Anmerkung

Dieser Lehrsatz erhellt auch daraus, daß wir ein unendlich denkendes Wesen begreifen können. Denn je mehr ein denkendes Wesen denken kann, desto mehr Realität oder Vollkommenheit enthält dasselbe in unserm Begriff. Ein Wesen also, welches Unendliches auf unendliche Weisen denken kann, ist notwendig an Kraft des Denkens unendlich. Da wir also, auf das bloße Denken achtend, ein unendliches Wesen begreifen, so ist (nach den Definitionen 4 und 6, Teil 1) das Denken notwendig eins von den unendlichen Attributen Gottes, wie ich behauptet habe.


Zweiter Lehrsatz

[83] Die Ausdehnung ist ein Attribut Gottes, oder Gott ist ein ausgedehntes Ding.


Beweis

Der Beweis dieses Satzes wird auf dieselbe Weise geführt wie der Beweis des vorigen.


Dritter Lehrsatz

In Gott gibt es notwendig eine Idee sowohl seines Wesens als alles dessen, was aus seinem Wesen notwendig folgt.


Beweis

Denn Gott kann (nach Lehrsatz 1 dieses Teils) Unendliches auf unendliche Weisen denken, oder (was dasselbe ist, nach Lehrsatz 16, Teil 1) er kann die Idee seines Wesens und alles dessen, was notwendig aus demselben folgt, bilden. Nun ist alles, was in Gottes Macht steht, notwendig (nach Lehrsatz 35, Teil 1). Also gibt es notwendig eine solche Idee und (nach Lehrsatz 15, Teil 1) nur in Gott. – W.z.b.w.


Anmerkung

Das Volk versteht unter Gottes Macht Gottes freien Willen und sein Recht auf alle Dinge, welche sind und welche deshalb gewöhnlich als zufällige betrachtet werden. Denn, sagt man, Gott hat die Macht, alles zu zerstören und in nichts zu verwandeln. Auch vergleicht man häufig Gottes Macht mit der Macht der Könige. Doch habe ich dies in den Zusätzen I und II zu Lehrsatz 32, Teil 1, widerlegt[84] und im Lehrsatz 16, Teil 1, bewiesen, daß Gott mit derselben Notwendigkeit handelt, mit welcher er sich selbst erkennt, d.h., sowie aus der Notwendigkeit der göttlichen Natur folgt (was alle einstimmig behaupten), daß Gott sich selbst erkennt, ebenso folgt mit derselben Notwendigkeit, daß Gott Unendliches auf. unendliche Weisen tut. Ferner habe ich in Lehrsatz 34, Teil 1, bewiesen, daß Gottes Macht nichts ist als Gottes tätiges Wesen. Daher ist es uns ebenso unmöglich zu begreifen, daß Gott nicht handle, als daß Gott nicht sei.

Wenn ich dies weiter verfolgen dürfte, könnte ich hier noch zeigen, daß jene Macht, welche das Volk Gott andichtet, nicht bloß eine menschliche ist (was zeigt, daß Gott als Mensch oder nach dem Bilde eines Menschen vom Volk begriffen wird), sondern auch Ohnmacht einschließt.

Doch will ich über dieselbe Sache nicht so oft ausführlich reden. Ich will nur den Leser dringend bitten, daß er alles, was im ersten Teil von Lehrsatz 16 an bis zum Schluß über diesen Gegenstand gesagt ist, aber und abermals erwäge. Denn niemand wird das, was ich meine, recht verstehen können, wenn er sich nicht außerordentlich hütet, die Macht Gottes mit der menschlichen Macht oder dem menschlichen Recht der Könige zu vermengen.


Vierter Lehrsatz

Die Idee Gottes, aus welcher Unendliches auf unendliche Weisen folgt, kann nur eine einzige sein.


Beweis

Der unendliche Verstand umfaßt nichts als die Attribute Gottes und seine Erregungen (nach Lehrsatz 30, Teil 1). Nun ist Gott einzig (nach Zusatz I zu Lehrsatz 14, Teil 1). Somit kann die Idee Gottes, aus welcher Unendliches auf unendliche Weisen folgt, nur eine einzige sein. – W.z.b.w.
[85]


Fünfter Lehrsatz

Das formale Sein der Ideen erkennt Gott als Ursache an, sofern er nur als denkendes Ding betrachtet wird, nicht aber sofern er durch ein anderes Attribut erklärt wird. Das heißt, die Ideen sowohl der Attribute Gottes als auch der Einzeldinge erkennen nicht das Gedachte selbst oder die wahrgenommenen Dinge als wirkende Ursache an, sondern Gott selbst, sofern er ein denkendes Wesen ist.


Beweis

Der Satz erhellt zwar schon aus Lehrsatz 3 dieses Teils. Denn dort folgerten wir, daß Gott die Idee seines Wesens und alles dessen, was aus demselben notwendig folgt, bilden kann, daraus allein, daß Gott ein denkendes Ding ist, nicht aber daraus, daß er das Objekt seiner Idee ist. Daher erkennt das formale Sein der Ideen Gott als Ursache an, sofern er ein denkendes Ding ist.

Indessen kann der Satz auch noch auf folgende Weise bewiesen werden. Das formale Sein der Ideen ist eine Form des Denkens (wie an sich klar), d.h. (nach Zusatz zu Lehrsatz 25, Teil 1) ein Modus, welcher die Natur Gottes, sofern er ein denkendes Ding ist, auf gewisse Weise ausdrückt. Es schließt also (nach Lehrsatz 10, Teil 1) den Begriff keines andern göttlichen Attributes in sich und ist demzufolge (nach Axiom IV, Teil 1) die Wirkung keines andern göttlichen Attributes als des Denkens.

Somit erkennt das formale Sein der Ideen Gott als Ursache an, sofern er nur als denkendes Ding betrachtet wird usw. – W.z.b.w.


Sechster Lehrsatz

[86] Die Daseinsformen (modi) jedes Attributs haben Gott zur Ursache nur, sofern er unter jenem Attribut, dessen Daseinsformen sie sind, betrachtet wird, nicht aber, sofern er unter irgendeinem andern Attribut betrachtet wird.


Beweis

Denn jedes Attribut wird durch sich und ohne ein anderes begriffen (nach Lehrsatz 10, Teil 1). Darum schließen die Daseinsformen jedes Attributs den Begriff ihres Attributs, nicht aber den eines andern ein. Also haben sie (nach Axiom IV, Teil 1) Gott zur Ursache nur, sofern er unter jenem Attribut, deren Daseinsformen sie sind, nicht aber, sofern er unter einem andern betrachtet wird. – W.z.b.w.


Zusatz

Hieraus folgt, daß das formale Sein der Dinge, welche keine Daseinsformen des Denkens sind, nicht darum aus der göttlichen Natur folgt, weil sie die Dinge früher erkannt hat; sondern die gedachten Dinge folgen aus ihren Attributen und werden daraus geschlossen, auf dieselbe Weise und mit derselben Notwendigkeit, wie nach unserer Ausführung die Ideen aus dem Attribut des Denkens folgen.


Siebenter Lehrsatz

Die Ordnung und Verknüpfung der Ideen ist dieselbe wie die Ordnung und Verknüpfung der Dinge.


Beweis

[87] Der Satz erhellt aus Axiom IV, Teil I. Denn die Idee eines jeden Verursachten hängt von der Erkenntnis der Ursache ab, deren Wirkung sie ist.


Zusatz

Hieraus folgt, daß die Macht Gottes zu denken seiner wirklichen Macht zu handeln gleich ist, d.h. alles, was aus der unendlichen Natur Gottes formell folgt, das alles folgt in Gott Objektiv aus der Idee Gottes, in derselben Ordnung und in derselben Verknüpfung.


Anmerkung

Hier müssen wir, ehe wir weitergehen, uns ins Gedächtnis rufen, was oben gezeigt worden, nämlich daß alles, was von dem unendlichen Verstand als das Wesen der Substanz ausmachend erfaßt werden kann, daß dies alles nur zu Einer Substanz gehört und daß folglich die denkende Substanz und die ausgedehnte Substanz eine und dieselbe Substanz ist, welche bald unter diesem, bald unter jenem Attribut aufgefaßt wird. So ist auch die Daseinsform der Ausdehnung und die Idee dieser Daseinsform ein und dasselbe Ding, aber auf zwei Arten ausgedrückt. Dies scheinen einige Hebräer dunkel eingesehen zu haben, welche behaupten, Gott, der Verstand Gottes, und die von ihm erkannten Dinge seien eins und dasselbe. Zum Beispiel ein in der Natur existierender Kreis und die Idee eines existierenden Kreises ist ein und dasselbe Ding, welches durch Verschiedene Attribute ausgedrückt wird. Mögen wir daher die Natur unter dem Attribut der Ausdehnung oder unter dem Attribut des Denkens oder unter irgendeinem andern begreifen, immer werden wir eine und dieselbe Ordnung oder eine und dieselbe Verknüpfung[88] der Ursachen, d.h. dieselbe Folge der Dinge eins aus dem andern, finden.

Aus keinem andern Grunde habe ich gesagt, daß Gott die Ursache der Idee z.B. des Kreises ist, nur sofern er ein denkendes Ding ist, und des Kreises selbst, nur sofern er ein ausgedehntes Ding ist, als deswegen, weil das formale Sein der Idee des Kreises nur durch eine andere Daseinsform des Denkens als dessen nächste Ursache und diese wieder durch eine andere und so ins unendliche begriffen werden kann; so daß, solange die Dinge als Daseinsformen des Denkens betrachtet werden, wir die Ordnung der ganzen Natur oder die Verknüpfung der Ursachen durch das Attribut des Denkens allein erklären müssen und sofern sie als Daseinsformen der Ausdehnung betrachtet werden, auch die Ordnung der ganzen Natur durch das bloße Attribut der Ausdehnung erklärt werden muß; und so verstehe ich es auch bei andern Attributen. Daher ist die wahre Ursache der Dinge, wie sie an sich sind, Gott, sofern er aus unendlichen Attributen besteht. Deutlicher kann ich das für jetzt nicht erläutern.


Achter Lehrsatz

Die Ideen der Einzeldinge oder Daseinsformen, welche nicht existieren, müssen in der unendlichen Idee Gottes so enthalten sein, wie die formalen Wesen der Einzeldinge oder Daseinsformen in den Attributen Gottes enthalten sind.


Beweis

Dieser Satz erhellt aus der vorigen Anmerkung.


Zusatz

[89] Hieraus folgt, daß, solange die Einzeldinge nur existieren, sofern sie in den Attributen Gottes enthalten sind, auch ihr objektives Sein oder ihre Ideen nur existieren, sofern die unendliche Idee Gottes existiert. Sobald aber von den Einzeldingen gesagt wird, daß sie existieren, nicht nur, sofern sie in den Attributen Gottes enthalten sind, sondern auch, sofern gesagt wird, daß sie eine Dauer haben, auch ihre Ideen eine Existenz, vermöge welcher gesagt wird, daß sie eine Dauer haben, einschließen.


Anmerkung

Wenn jemand zum besseren Verständnis dieser Sache ein Beispiel wünschen sollte, so kann ich allerdings keines geben, das die Sache, von welcher hier die Rede ist und welche einzig in ihrer Art ist, vollständig erläutert. Doch will ich versuchen, die Sache, so gut es geht, zu verdeutlichen.

Der Kreis ist von solcher Natur, daß die Rechtecke aus allen geraden, sich durchschneidenden Linien in demselben einander gleich sind. Daher sind im Kreis unendliche, einander gleiche Rechtecke enthalten. Gleichwohl kann man von einem solchen Rechteck nur sagen, daß es existiert, sofern der Kreis existiert; auch von der Idee dieser Rechtecke kann nur gesagt werden, daß sie existiert, sofern sie in der Idee des Kreises enthalten ist. Nun nehme man an, daß von jenen unendlichen Dreiecken nur zwei existieren, nämlich E und D (s. Figur).[90]


2. Über die Natur und den Ursprung des Geistes

Jetzt existieren ihre Ideen nicht bloß, sofern sie nur in der Idee des Kreises enthalten sind, sondern auch, sofern sie die Existenz jener Dreiecke in sich schließen. Daher kommt es, daß sie sich von den übrigen Ideen der andern Dreiecke unterscheiden.


Neunter Lehrsatz

Die Idee eines wirklich existierenden Einzeldinges hat Gott zur Ursache, nicht sofern er unendlich ist, sondern sofern er als durch eine andere Idee eines wirklich existierenden Einzeldinges erregt betrachtet wird, dessen Ursache auch Gott ist, sofern er durch eine andere dritte erregt ist, und so ins unendliche.


Beweis

Die Idee eines wirklich existierenden Einzeldinges ist eine einzelne Daseinsform des Denkens und von den übrigen unterschieden (nach Zusatz und Anmerkung zu Lehrsatz 8 dieses Teils), und also hat sie (nach Lehrsatz 6 dieses Teils) Gott zur Ursache, nur sofern er ein denkendes Ding ist. Aber nicht (nach Lehrsatz 28, Teil 1), sofern er ein absolut denkendes Ding ist, sondern sofern er als von einer andern Daseinsform des Denkens erregt betrachtet wird. Und die Ursache dieser Daseinsform ist Gott wiederum nur, sofern er von einer andern erregt ist, und so ins unendliche. Nun ist aber die Ordnung und Verknüpfung der Ideen (nach Lehrsatz 7 dieses Teils) dieselbe wie die Ordnung und Verknüpfung der Ursachen. Folglich ist die Ursache der Idee eines Einzeldinges eine andere Idee oder Gott, sofern er als durch eine andere Idee erregt betrachtet wird, und die Ursache dieser Idee ist er wiederum, sofern er durch eine andere erregt wird, und so ins unendliche. – W.z.b.w.
[91]


Zusatz

Von allem, was im einzelnen Objekt irgendeiner Idee geschieht, gibt es in Gott eine Erkenntnis nur, sofern er eine Idee dieses Objekts hat.


Beweis

Von allem, was im Objekt irgendeiner Idee vorgeht, davon gibt es in Gott eine Idee (nach Lehrsatz 3 dieses Teils), nicht sofern er unendlich ist, sondern sofern er als durch eine andere Idee eines Einzeldinges erregt betrachtet wird (nach dem vorigen Lehrsatz). Aber die Ordnung und Verknüpfung der Ideen ist dieselbe wie die Ordnung und Verknüpfung der Dinge (nach Lehrsatz 7 dieses Teils). Folglich wird eine Erkenntnis dessen, was in irgendeinem Einzelding vorgeht, in Gott sein, nur sofern er eine Idee dieses Objekts hat. – W.z.b.w.


Zehnter Lehrsatz

Zum Wesen des Menschen gehört nicht das Sein der Substanz, oder die Substanz macht nicht die Form des Menschen aus.


Beweis

Denn das Sein der Substanz schließt die notwendige Existenz in sich (nach Lehrsatz 7, Teil 1). Wenn also zum Wesen des Menschen das Sein gehört, so würde, wenn die Substanz gegeben, notwendig (nach Definition 2 dieses Teils) auch der Mensch gegeben sein, was (nach Axiom I dieses Teils) widersinnig ist. Folglich usw. – W.z.b.w.


Anmerkung

[92] Dieser Lehrsatz kann auch aus Lehrsatz 5, Teil 1, bewiesen werden, wonach es nämlich keine zwei Substanzen von gleicher Natur gibt. Da aber mehrere Menschen existieren können, so ist das, was die Form des Menschen ausmacht, nicht das Sein der Substanz. – Außerdem erhellt dieser Satz aus den übrigen Eigenschaften der Substanz, indem nämlich die Substanz ihrer Natur nach unendlich, unveränderlich, unteilbar usw. ist; was jeder leicht einsehen kann.


Zusatz

Hieraus folgt, daß das Wesen des Menschen aus gewissen Modifikationen der Attribute Gottes besteht. Denn das Sein der Substanz gehört (nach dem vorigen Lehrsatz) nicht zum Wesen des Menschen. Es ist also (nach Lehrsatz 15, Teil 1) etwas, das in Gott ist und das ohne Gott nicht sein noch begriffen werden kann; oder (nach Zusatz zu Lehrsatz 25, Teil 1) eine Affektion oder Daseinsform, welche die Natur Gottes auf gewisse und bestimmte Weise ausdrückt.


Anmerkung

Sicherlich muß jedermann einräumen, daß ohne Gott nichts sein noch begriffen werden kann. Denn allgemein wird zugestanden, daß Gott die einzige Ursache aller Dinge ist sowohl ihres Wesens als auch ihrer Existenz d.h., Gott ist, wie man zu sagen pflegt, die Ursache der Dinge, nicht bloß in bezug auf das Werden, sondern auch in bezug auf das Sein. Dabei aber sagen die meisten, zum Wesen eines Dinges gehöre das, ohne welches ein Ding nicht sein noch begriffen werden kann. Daher glauben sie entweder, die Natur Gottes gehöre zum Wesen der geschaffenen Dinge, oder die geschaffenen Dinge können[93] ohne Gott entweder sein oder begriffen werden; oder vielmehr sie sind selbst nicht recht klar darüber.

Der Grund davon liegt nach meiner Meinung darin, daß sie den ordnungsmäßigen Gang des Philosophierens nicht eingehalten haben. Denn die göttliche Natur, welche sie vor allen hätten in Betracht ziehen müssen, weil sie sowohl der Erkenntnis als der Natur nach die erste ist in der Reihe der Erkenntnis, hielten sie für die letzte, und die Dinge, welche Sinnesobjekte genannt werden, hielten sie für die ersten unter allen. So kam es, daß sie bei der Betrachtung der natürlichen Dinge an nichts weniger dachten als an die göttliche Natur und daß sie nachher, als sie sich zur Betrachtung der göttlichen Natur wendeten, an nichts weniger denken konnten als an ihre ersten Phantasiegebilde, worauf sie die Erkenntnis der natürlichen Dinge gebaut hatten, weil sie ihnen nämlich zur Erkenntnis der göttlichen Natur nichts helfen konnten. Kein Wunder daher, daß sie sich mitunter widersprechen.

Doch lassen wir das. Meine Absicht war hier ja nur, den Grund anzugeben, weshalb ich nicht sagte, zum Wesen eines Dinges gehöre das, ohne welches das Ding weder sein noch begriffen werden kann; nämlich weil die Einzeldinge ohne Gott weder sein noch begriffen werden können und dennoch Gott zu ihrem Wesen nicht gehört. Dasjenige, sagte ich vielmehr, macht notwendig das Wesen eines Dinges aus, mit welchem, wenn es gegeben ist, auch das Ding gesetzt wird, und wenn es aufgehoben ist, auch das Ding aufgehoben wird; oder das, ohne welches das Ding, und umgekehrt, welches ohne das Ding weder sein noch begriffen werden kann.


Elfter Lehrsatz

Das erste, was das wirkliche Sein des menschlichen Geistes ausmacht, ist nichts anderes als die Idee eines in der Wirklichkeit existierenden Einzeldinges.


Beweis

[94] Das Wesen des Menschen besteht (nach Zusatz zum vorigen Lehrsatz) aus gewissen Daseinsformen der Attribute Gottes; nämlich (nach Axiom II dieses Teils) aus Daseinsformen des Denkens, deren Idee (nach Axiom III dieses Teils) von Natur früher ist. Ist diese Idee gegeben, so müssen die übrigen Daseinsformen (nämlich denen gegenüber die Idee von Natur früher ist) in demselben Individuum sein (nach demselben Axiom). Es ist also die Idee das erste, was das Sein des menschlichen Geistes ausmacht. Aber nicht die Idee eines nicht existierenden Dinges; denn dann könnte (nach Zusatz zu Lehrsatz 8 dieses Teils) die Idee selbst nicht existierend genannt werden. Es wird also die Idee eines in der Wirklichkeit existierenden Dinges sein, aber nicht eines unendlichen Dinges. Denn ein unendliches Ding muß (nach den Lehrsätzen 21 und 22, Teil 1) immer notwendig existieren. Folglich ist das erste, was das wirkliche Sein des menschlichen Geistes ausmacht, die Idee eines in der Wirklichkeit existierenden Einzeldinges. – W.z.b.w.


Zusatz

Hieraus folgt, daß der menschliche Geist ein Teil des unendlichen Verstandes Gottes ist. Wenn wir demnach sagen, der menschliche Geist nimmt dieses oder jenes wahr, so sagen wir nichts anderes, als daß Gott, nicht sofern er unendlich ist, sondern sofern er durch die Natur des menschlichen Geistes erklärt wird oder sofern er das Wesen des menschlichen Geistes ausmacht, diese oder jene Idee hat. Und wenn wir sagen, Gott hat diese oder jene Idee nicht nur, sofern er die Natur des menschlichen Geistes ausmacht, sondern sofern er zugleich mit dem menschlichen Geist auch die Idee eines andern Dinges hat, dann sagen wir, daß der menschliche Geist ein Ding teilweise oder nicht adäquat (inadäquat) auffaßt.[95]


Anmerkung

Hier werden ohne Zweifel die Leser stutzen, und es wird ihnen mancherlei in den Sinn kommen, was sie dagegen einwenden möchten. Daher bitte ich sie, langsamen Schritts mit mir weiterzugehen und nicht eher ein Urteil darüber zu fällen, als bis sie alles durchgelesen haben.


Zwölfter Lehrsatz

Alles, was im Objekt der Idee, die den menschlichen Geist ausmacht, geschieht, muß vom menschlichen Geist erfaßt werden oder es gibt im menschlichen Geist notwendig eine Idee dieses Dinges. Das heißt, wenn das Objekt der Idee, welche den menschlichen Geist ausmacht, ein Körper ist, so wird in diesem Körper nichts geschehen können, was vom Geist nicht erfaßt wird.


Beweis

Denn alles, was im Objekt irgendeiner Idee geschieht, davon gibt es notwendig eine Erkenntnis in Gott (nach Zusatz zu Lehrsatz 9 dieses Teils), sofern er als von der Idee dieses Objekts erregt betrachtet wird, d.h. (nach Lehrsatz 11 dieses Teils), sofern er den Geist eines Dinges ausmacht. Was also in dem Objekt einer Idee, die den menschlichen Geist ausmacht, geschieht, davon gibt es notwendig in Gott eine Erkenntnis, sofern er die Natur des menschlichen Geistes bildet, d.h. (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils), davon wird notwendig im Geist eine Erkenntnis sein, oder der Geist erfaßt dasselbe. – W.z.b.w.


Anmerkung

[96] Dieser Lehrsatz erhellt auch und wird noch deutlicher erkannt aus der Anmerkung zu Lehrsatz 7 dieses Teils; siehe diesen.


Dreizehnter Lehrsatz

Das Objekt der Idee, die den menschlichen Geist ausmacht, ist der Körper oder eine gewisse Daseinsform der Ausdehnung, die in Wirklichkeit existiert, und nichts andres.


Beweis

Denn wäre der Körper nicht das Objekt des menschlichen Geistes, so wären die Ideen der Körpererregungen in Gott nicht (nach Zusatz zu Lehrsatz 9 dieses Teils), sofern er unsern Geist, sondern sofern er den Geist eines andern Dinges ausmacht; d.h. (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils), die Ideen der Körpererregungen wären nicht in unserm Geiste. Nun haben wir (nach Axiom IV dieses Teils) die Ideen der Körpererregungen. Folglich ist das Objekt der Idee, welche den menschlichen Geist ausmacht, der Körper, und zwar (nach Lehrsatz 11 dieses Teils) der in Wirklichkeit existierende. – Ferner: Gäbe es außer dem Körper noch ein anderes Objekt des Geistes, so müßte, da (nach Lehrsatz 30, Teil 1) nichts existiert, woraus nicht irgendeine Wirkung folgt, es notwendig (nach Lehrsatz 11 dieses Teils) die Idee einer Wirkung desselben in unserem Geiste geben. Nun gibt es aber (nach Axiom V dieses Teils) keine solche Idee. Folglich ist das Objekt unseres Geistes der existierende Körper und nichts anderes. – W.z.b.w.


Zusatz

[97] Hieraus folgt, daß der Mensch aus Geist und Körper besteht und daß der menschliche Körper so, wie wir ihn empfinden, existiert.


Anmerkung

Daraus verstehen wir auch nicht bloß, daß der menschliche Geist mit dem Körper vereinigt ist, sondern auch, was unter Einheit von Geist und Körper zu verstehen ist.

Niemand aber wird dieselbe adäquat oder gründlich verstehen können, der nicht vorher die Natur unseres Körpers adäquat erkennt. Denn das, was wir bis jetzt gezeigt haben, ist sehr allgemein und gilt von den Menschen nicht mehr als von andern Individuen, welche alle, wenn auch in verschiedenen Graden, beseelt sind. Denn von jedem Ding gibt es notwendig in Gott eine Idee, deren Ursache Gott ist, ebenso wie die Idee des menschlichen Körpers. Darum muß alles, was wir von der Idee des menschlichen Körpers gesagt haben, notwendig von der Idee eines jeden Dinges gesagt werden. Dennoch können wir auch nicht in Abrede stellen, daß die Ideen untereinander, wie die Objekte selbst, verschieden sind und daß die eine vorzüglicher ist als die andere und mehr Realität enthält, je nachdem das Objekt der einen vorzüglicher ist und mehr Realität enthält als das Objekt der andern.

Um daher zu bestimmen, wodurch der menschliche Geist sich von den übrigen unterscheidet und worin er die übrigen übertrifft, ist es notwendig, daß wir die Natur seines Objekts, wie ich gesagt, d.h. des menschlichen Körpers, erkennen. Doch kann ich dieselbe hier nicht näher erklären, und es ist auch für das, was ich beweisen will, gar nicht nötig. Nur das bemerke ich im allgemeinen: Je befähigter ein Körper ist, vieles zugleich zu tun oder zu leiden, desto befähigter ist auch sein Geist, vieles zugleich[98] zu erfassen. Ferner, je mehr die Handlungen eines Körpers von ihm allein abhängen und je weniger andere Körper dabei mitwirken, desto befähigter ist sein Geist zu gründlicher Erkenntnis. Darum können wir also den Vorzug des einen Geistes vor dem andern erkennen, sodann auch den Grund einsehen, weshalb wir nur eine sehr unklare Kenntnis von unserem Körper haben, und noch manches andere, was ich im folgenden davon ableiten werde.

Ich erachte es daher der Mühe wert, diese Behauptung selbst genauer zu entwickeln und zu beweisen. Zu diesem Behufe muß einiges über die Natur der Körper vorausgeschickt werden:


Axiom I

Alle Körper sind entweder in Bewegung oder in Ruhe.


Axiom II

Jeder Körper bewegt sich bald langsam, bald schneller.


1. Hilfssatz

Die Körper sind in bezug auf Bewegung und Ruhe, Schnelligkeit und Langsamkeit, nicht aber in bezug auf die Substanz voneinander unterschieden.


Beweis

Den ersten Teil dieses Satzes betrachte ich als selbstverständlich. Das andere, daß die Körper in bezug auf Substanz nicht voneinander unterscheiden sind, erhellt sowohl aus Lehrsatz 5 wie aus Lehrsatz 8 des ersten Teils, noch deutlicher aber aus dem, was in der Anmerkung zu Lehrsatz 15 im ersten Teil gesagt ist.


2. Hilfssatz

[99] Alle Körper stimmen in manchem miteinander überein.


Beweis

Denn darin stimmen alle Körper überein, daß sie den Begriff eines und desselben Attributs in sich schließen (nach Definition 1 dieses Teils). Ferner darin, daß sie sich bald schneller, bald langsamer bewegen und daß sie überhaupt bald sich bewegen, bald ruhen können.


3. Hilfssatz

Ein bewegter oder ruhender Körper mußte zur Bewegung oder Ruhe von einem andern Körper bestimmt werden, der ebenfalls zur Bewegung oder Ruhe von einem andern bestimmt war, und dieser wiederum von einem andern, und so ins unendliche.


Beweis

Die Körper sind (nach Definition I dieses Teils) Einzeldinge, welche (nach Hilfssatz 1) in bezug auf Bewegung und Ruhe voneinander unterschieden sind. Jeder Körper mußte daher (nach Lehrsatz 28, Teil 1) zur Bewegung oder Ruhe notwendig von einem andern Einzelding bestimmt werden, nämlich (nach Lehrsatz 6 dieses Teils) von einem andern Körper, welcher (nach Axiom I) ebenfalls sich bewegt oder ruht. Aber auch dieser hätte aus, demselben Grund sich nicht bewegen oder ruhen können, wenn er nicht von einem andern zur Bewegung oder Ruhe bestimmt gewesen wäre, und dieser wiederum (aus demselben Grund) von einem andern, und so ins unendliche.


Zusatz

[100] Hieraus folgt, daß ein bewegter Körper so lange in Bewegung bleibt, bis er von einem andern Körper zum Ruhen bestimmt wird, und daß ein ruhender Körper auch so lange in Ruhe bleibt, bis er von einem andern zur Bewegung bestimmt wird. Es ist dies auch an sich klar. Denn wenn ich annehme, daß ein Körper, z.B. A, ruht und keine andern bewegten Körper in Betracht ziehe, so werde ich von dem Körper A nichts sagen können, als daß er ruht. Geschieht es nun später, daß der Körper A sich bewegt, so hat das sicherlich nicht daraus erfolgen können, daß er ruhte; denn daraus konnte nichts anderes folgen, als daß der Körper A ruhe. Oder wenn umgekehrt angenommen wird, A bewegt sich, so werden wir, solange A allein in Betracht gezogen wird, nichts anderes von demselben behaupten können, als daß er sich bewegt. Geschieht es hernach, daß A ruht, so hat das auch sicherlich nicht aus der Bewegung erfolgen können, die er hatte; denn aus dieser Bewegung konnte nichts anderes folgen, als daß sich A bewegt. Es geschah somit durch etwas, das nicht in A war, nämlich durch eine äußere Ursache, von welcher A zur Ruhe bestimmt ward.


Axiom I

Alle Arten, wie ein Körper von einem andern Körper erregt wird, folgen aus der Natur des erregten Körpers und zugleich aus der Natur des erregenden Körpers, so daß ein und derselbe Körper auf verschiedene Weise bewegt wird, je nach der Verschiedenheit der Natur der bewegenden Körper, und umgekehrt, daß verschiedene Körper von einem und demselben Körper auf verschiedene Weise bewegt werden.
[101]

Axiom II

Wenn ein bewegter Körper auf einen andern ruhenden den er nicht wegbewegen kann, stößt, so prallt er zurück, um seine Bewegung fortzusetzen; und der Winkel, welchen die Linie der zurückprallenden Bewegung mit der Fläche des ruhenden Körpers, auf welche er gestoßen ist, bildet, wird gleich sein dem Winkel, welchen die Linie der einfallenden Bewegung mit dieser Fläche bildet (s. Figur).

2. Über die Natur und den Ursprung des Geistes

Soviel von den einfachen Körpern, die sich bloß durch Bewegung und Ruhe, Schnelligkeit und Langsamkeit voneinander unterscheiden. Nun zu den zusammengesetzten.


Definition

Wenn einige Körper gleicher oder verschiedener Größe von andern so zusammengedrängt werden, daß sie aneinanderliegen oder daß, wenn sie sich mit gleicher oder verschiedener Schnelligkeit bewegen, sie einander ihre Bewegung in irgendeiner bestimmten Weise mitteilen, so sagen wir, daß alle diese Körper miteinander vereinigt sind oder daß alle miteinander Einen Körper oder Ein Individuum bilden, welches sich von den übrigen durch diese Einheit der Körper unterscheidet.


Axiom III

Je größer oder kleiner die Oberflächen sind, mit welchen die Teile zusammengesetzter Individuen oder Körper, aneinanderliegen,[102] desto schwerer oder leichter können sie gezwungen werden, ihre Lage zu verändern, und folglich kann es um so leichter oder schwerer bewirkt werden, daß das betreffende Individuum seine Gestalt ändere. Deshalb werde ich Körper, deren Teile mit großen Oberflächen aneinanderliegen, hart nennen; deren Teile aber mit kleinen Oberflächen aneinanderliegen, weich; deren Teile endlich sich untereinander bewegen, flüssig.


4. Hilfssatz

Wenn von einem Körper oder Individuum, das aus mehreren Körpern zusammengesetzt ist, einige Körper abgetrennt werden und zugleich ebenso viele Körper von gleicher Natur an deren Stelle treten, so wird das Individuum seine vormalige Natur behalten, ohne irgendeine Änderung seiner Form.


Beweis

Denn die Körper unterscheiden sich (nach Hilfssatz 1) nicht in bezug auf ihre Substanz. Das aber, was die Form eines Individuums ausmacht, besteht (nach der vorigen Definition) in der Einheit der Körper. Diese aber wird beibehalten (nach der Voraussetzung), wenn auch eine fortwährende Veränderung der Körper vor sich geht. Folglich wird das Individuum sowohl in bezug auf seine Substanz als auch seiner Daseinsformen seine vormalige Natur beibehalten.


5. Hilfssatz

Wenn die Teile, die ein Individuum bilden, größer oder kleiner werden, aber in dem Verhältnis, daß alle das vormalige gegenseitige Verhältnis der Bewegung und Ruhe[103] bewahren, so wird das betreffende Individuum gleichfalls seine vormalige Natur beibehalten, ohne irgendwelche Änderung seiner Form.


Beweis

Derselbe ist der gleiche wie beim vorigen Hilfssatz.


6. Hilfssatz

Wenn gewisse Körper, die ein Individuum bilden, genötigt werden, die Bewegung, welche sie nach Einer Richtung haben, nach einer andern Richtung zu lenken, aber so, daß sie ihre Bewegung fortsetzen und ganz in dem vormaligen Verhältnis einander mitteilen können, so wird das betreffende Individuum seine Natur beibehalten, ohne jede Änderung seiner Form.


Beweis

Der Satz erhellt von selbst. Denn alles wird als beibehalten vorausgesetzt, was wir in seiner Definition als seine Form bildend bezeichnet haben.


7. Hilfssatz

Außerdem behält ein so zusammengesetztes Individuum seine Natur, mag es im Ganzen sich bewegen oder ruhen mag es sich nach dieser oder jener Richtung bewegen wenn nur jeder Teil seine Bewegung behält und sie wie vorher dem andern mitteilt.


Beweis

Derselbe erhellt aus der Definition des Individuums (s. dieselbe vor Hilfssatz 4).
[104]


Anmerkung

Hieraus ersehen wir also, in welcher Weise ein zusammengesetztes Individuum auf viele Arten erregt werden und nichtsdestoweniger seine Natur bewahren kann.

Bis hierher haben wir ein Individuum im Auge gehabt, welches nur aus Körpern, die sich bloß durch Bewegung und Ruhe, Schnelligkeit und Langsamkeit voneinander unterscheiden, d.h., aus den einfachsten Körpern zusammengesetzt ist. Wenn wir uns nun ein anderes denken, das aus vielen Individuen von verschiedener Natur zusammengesetzt ist, so werden wir finden, daß dasselbe noch auf viele andere Weisen erregt werden und dennoch seine Natur bewahren kann. Denn da jeder Teil desselben aus mehreren Körpern zusammengesetzt ist, so wird (nach dem vorigen Hilfssatz) jeder Teil, ohne jede Veränderung seiner Natur, sich bald langsamer, bald schneller bewegen und folglich seine Bewegungen schneller oder langsamer den übrigen mitteilen.

Wenn wir uns weiter noch eine dritte Gattung von Individuen denken, die aus diesen zweiter Gattung zusammengesetzt sind, so werden wir finden, daß ein solches Individuum noch auf viel mehr Weisen erregt werden kann ohne jede Änderung seiner Form. Und wenn wir so weiter ins unendliche fortfahren, werden wir leicht begreifen, daß die ganze Natur Ein Individuum ist, dessen Teile, d.h. alle Körper, auf unendliche Weise verschieden sind, ohne irgendwelche Änderung des ganzen Individuums.

Ich hätte dies, wenn ich die Absicht gehabt hätte, die Körper eingehend zu behandeln, ausführlicher erklären und beweisen müssen. Ich habe jedoch, wie gesagt, etwas anderes beabsichtigt, und das Vorstehende nur angeführt, um daraus das, was ich zu beweisen mir vorgesetzt, leicht ableiten zu können.


Postulate

[105] 1. Der menschliche Körper ist aus vielen Individuen (verschiedener Natur) zusammengesetzt, von denen jedes sehr zusammengesetzt ist.

2. Von den Individuen, aus welchen der menschliche Körper zusammengesetzt ist, sind einige flüssig, andere weich und wieder andere hart.

3. Die Individuen, welche den menschlichen Körper bilden, und folglich auch der menschliche Körper selbst, werden von äußern Körpern auf verschiedene Weisen erregt.

4. Der menschliche Körper braucht zu seiner Erhaltung sehr viele andere Körper, von welchen er fortwährend gleichsam wiedererzeugt wird.

5. Wenn ein flüssiger Teil des menschlichen Körpers von einem äußern Körper bestimmt wird, auf einen andern, weichen öfters zu stoßen, so verändert er dessen Fläche und drückt ihm gleichsam gewisse Spuren des äußern Körpers ein, der den Anstoß gibt.

6. Der menschliche Körper kann die äußeren Körper auf sehr viele Arten bewegen und auf sehr viele Arten disponieren.


Vierzehnter Lehrsatz

Der menschliche Geist ist befähigt, vieles zu erfassen, und um so befähigter, auf je mehrere Weisen sein Körper disponiert werden kann.


Beweis

Denn der menschliche Körper wird (nach den Postulaten 3 und 6) auf vielerlei Weisen von äußern Körpern erregt und disponiert, die äußern Körper auf vielerlei Weisen zu erregen. Alles aber, was im menschlichen Körper[106] geschieht, muß (nach Lehrsatz 12 dieses Teils) der menschliche Geist erfassen. Folglich ist der menschliche Geist befähigt, vieles zu erfassen, und um so befähigter etc. – W.z.b.w.


Fünfzehnter Lehrsatz

Die Idee, welche das formale Sein des menschlichen Geistes ausmacht, ist keine einfache, sondern aus sehr vielen Ideen zusammengesetzt.


Beweis

Die Idee, welche das formale Sein des menschlichen Geistes ausmacht, ist die Idee des Körpers (nach Lehrsatz 13 dieses Teils), welcher (nach Postulat 1) aus sehr vielen sehr zusammengesetzten Individuen gebildet wird. Nun gibt es aber von jedem Individuum, das einen Körper bildet, notwendig (nach Zusatz zu Lehrsatz 8 dieses Teils) in Gott eine Idee. Folglich ist (nach Lehrsatz 7 dieses Teils) die Idee des menschlichen Körpers aus sehr viel solchen Ideen der ihn bildenden Teile zusammengesetzt. – W.z.b.w.


Sechzehnter Lehrsatz

Die Idee jeder Erregungsweise, von welcher der menschliche Körper durch äußere Körper erregt wird, muß die Natur des menschlichen Körpers und zugleich die Natur des äußern Körpers in sich schließen.


Beweis

Denn alle Erregungsweisen, von welchen ein Körper erregt wird, folgen aus der Natur des erregten Körpers und[107] zugleich aus der Natur des erregenden Körpers (nach Axiom I, das auf den Zusatz zu Hilfssatz 3 folgt); daher wird ihre Idee (nach Axiom IV, Teil 1) die Natur beider Körper notwendig in sich schließen. Mithin schließt die Idee einer jeden Erregungsweise, von welcher der menschliche Körper durch einen äußern Körper erregt wird, die Natur des menschlichen Körpers und des äußern Körpers in sich. – W.z.b.w.


Zusatz I

Hieraus folgt erstens, daß der menschliche Geist die Natur vieler Körper zugleich mit der Natur seines Körpers Auffaßt.


Zusatz II

Er folgt zweitens, daß die Ideen, die wir von äußern Körpern haben, mehr die Verfassung unseres Körpers als die Natur der äußern Körper anzeigt; wie ich im Anhang zum ersten Teil an vielen Beispielen auseinandergesetzt habe.


Siebzehnter Lehrsatz

Wenn der menschliche Körper von einer Erregungsweise erregt ist, welche die Natur eines äußerlichen Körpers in sich schließt, so wird der menschliche Geist diesen äußern Körper als wirklich existierend oder als gegenwärtig betrachten, bis der Körper eine andere Erregung empfängt, welche die Existenz dieses Körpers oder seine Gegenwart ausschließt.
[108]


Beweis

Selbstverständlich. Denn solange der menschliche Körper so erregt ist, insolange wird der menschliche Geist (nach Lehrsatz 12 dieses Teils) diese Erregung des Körpers betrachten, d.h. (nach dem vorigen Lehrsatz), er wird von der wirklich existierenden Erregungsweise eine Idee haben, welche die Natur des äußern Körpers in sich schließt, d.h. eine Idee, welche die Existenz oder Gegenwart der Natur des äußern Körpers nicht ausschließt, sondern setzt. Also wird (nach Zusatz I zum vorigen Lehrsatz) der Geist den äußern Körper als wirklich existierend oder als gegenwärtig betrachten, bis usw. – W.z.b.w.


Zusatz

Der Geist kann die äußern Körper, von welchen der menschliche Körper einmal erregt gewesen ist, auch wenn sie nicht mehr existieren oder gegenwärtig sind, dennoch betrachten, als wären sie gegenwärtig.


Beweis

Wenn äußere Körper die flüssigen Teile des menschlichen Körpers bestimmen, auf die weicheren häufig zu stoßen, so verändern sie deren Flächen (nach Postulat 5). Daher kommt es (s. Axiom II nach dem Zusatz zu Hilfssatz 3), daß sie von da auf andere Weise zurückprallen, als es früher zu geschehen pflegte, und daß sie auch nachher, wenn sie auf die neuen Flächen in ihrer willkürlichen Bewegung aufstoßen, auf dieselbe Weise zurückprallen wie damals, als sie von den äußern Körpern gegen jene Flächen gestoßen wurden, und folglich auch, daß sie, wenn sie diese zurückprallende Bewegung fortsetzen, den menschlichen Körper auf dieselbe Weise erregen. Hierüber wird der Geist (nach Lehrsatz 12 dieses Teils) wiederum denken, d.h. (nach Lehrsatz 17 dieses Teils), der Geist wird wiederum den äußern Körper als gegenwärtig betrachten.[109] Und dies wird so oft geschehen, sooft die flüssigen Teile des menschlichen Körpers in ihrer willkürlichen Bewegung auf diese Flächen stoßen. Darum wird der Geist, wenn auch die äußern Körper, von welchen der menschliche Körper einmal erregt gewesen ist, nicht mehr existieren, diese Körper so oft als gegenwärtig betrachten, sooft diese Tätigkeit des Körpers sich wiederholen wird. – W.z.b.w.


Anmerkung

Wir sehen also, wie es möglich ist, daß wir etwas, was nicht ist, als gegenwärtig betrachten, wie oft geschieht.

Es ist zwar auch möglich, daß dies aus andern Ursachen vorkommt, aber es genügt mir hier, Eine Ursache gezeigt zu haben, durch welche ich die Sache so erklären konnte, als hätte ich sie auf ihre wahre Ursache zurückgeführt. Ich glaube jedoch nicht, daß ich mich von der Wahrheit weit entferne, da alle jene Postulate, welche ich angewendet habe, kaum etwas enthalten, was nicht durch die Erfahrung bestätigt wird, und an dieser dürfen wir nicht zweifeln, nachdem wir gezeigt, daß der menschliche Körper so, wie wir ihn empfinden, existiert (s. Zusatz nach Lehrsatz 13 dieses Teils).

Außerdem verstehen wir jetzt vollkommen (aus dem vorigen Zusatz und dem Zusatz II zu Lehrsatz 16 dieses Teils) den Unterschied zwischen der Idee z.B. des Peter, welche das Wesen des Geistes des Peter selbst ausmacht, und zwischen der Idee von Peter, welche in einem andern Menschen, etwa in Paul, ist. Denn jene drückt das Wesen des Körpers des Peter selbst direkt aus und schließt die Existenz nur ein, so lange Peter existiert. Diese dagegen zeigt mehr den Zustand des Körpers des Paul als die Natur des Peter. Daher wird der Geist des Paul, solange jener Körperzustand des Paul dauert den Peter, auch wenn er nicht existiert, als sich gegenwärtig betrachten.[110]

Ferner werden wir, um die gebräuchlichen Ausdrücke beizubehalten, die Erregungen des menschlichen Körpers, deren Ideen uns die äußern Körper darstellen, als ob sie uns gegenwärtig wären, Bilder (Vorstellungen der Dinge) nennen, wenn sie auch die Gestalten der Dinge nicht wiedergeben. Und wenn der Geist auf diese Weise die Körper betrachtet, so werden wir sagen, daß er sie (sinnlich) vorstellt. Und hier möchte ich – um mit der Erklärung des Irrtums zu beginnen – darauf aufmerksam machen, daß die Vorstellungen des Geistes, an und für sich betrachtet, keinen Irrtum enthalten oder daß der Geist in dem, was er vorstellt, nicht irrt, sondern nur, sofern er betrachtet wird als der Idee ermangelnd, welche die Existenz jener Dinge, die er sich als gegenwärtig vorstellt, ausschließt. Denn wenn der Geist, während er nicht existierende Dinge als sich gegenwärtig vorstellt, zugleich wüßte, daß jene Dinge tatsächlich nicht existieren, so würde er sicherlich dieses Vorstellungsvermögen einem Vorzug seiner Natur, nicht einem Fehler derselben zuschreiben; zumal wenn diese Fähigkeit des Vorstellens von seiner Natur allein abhinge, d.h. (nach Definition 7, Teil 1), wenn diese Vorstellungsfähigkeit des Geistes frei wäre.


Achtzehnter Lehrsatz

Wenn der menschliche Körper einmal von zwei oder mehreren Körpern zugleich erregt worden ist, so wird der Geist, wenn er später einen derselben sich vorstellt, sich sogleich auch der andern erinnern.


Beweis

Der Geist stellt sich (nach dem vorigen Zusatz) irgendeinen Körper deshalb vor, weil der menschliche Körper von den Eindrücken (Spuren) des äußern Körpers[111] auf die gleiche Weise erregt und disponiert wird, wie er erregt worden ist, als einige Teile desselben von dem äußern Körper selbst einen Anstoß erhalten haben. Nun war (der Voraussetzung zufolge) der Körper damals so disponiert, daß der Geist zwei Körper zugleich vorstellte. Folglich wird er auch jetzt zwei zugleich vorstellen, und der Geist wird, wenn er den einen vorstellt, sich sofort auch des andern erinnern. – W.z.b.w.


Anmerkung

Damit verstehen wir klar, was das Gedächtnis (die Erinnerung) ist. Es ist nämlich nichts anderes als eine gewisse Verkettung von Ideen, welche die Natur der außerhalb des menschlichen Körpers befindlichen Dinge in sich schließen; welche Verkettung im Geist der Ordnung und Verkettung der Erregungen des menschlichen Körpers entspricht.

Ich sage erstens, es sei eine Verkettung nur solcher Ideen, welche die Natur der außerhalb des menschlichen Körpers befindlichen Dinge in sich schließen, nicht aber von Ideen, welche die Natur dieser Dinge erklären. Denn es sind tatsächlich (nach Lehrsatz 16 dieses Teils) die Ideen der Erregungen des menschlichen Körpers, welche die Natur sowohl dieses, des menschlichen Körpers, als auch der äußern Körper in sich schließen.

Ich sage zweitens: diese Verkettung entspreche der Ordnung und Verkettung der Erregungen des menschlichen Körpers, um diese von der Verkettung der Ideen zu unterscheiden, welche der Ordnung des Verstandes entspricht, vermöge welcher der Geist die Dinge nach ihren ersten Ursachen erfaßt und welche bei allen Menschen dieselbe ist.

Hieraus erkennen wir ferner klar, warum der Geist von dem Gedanken eines Dinges sofort auf den Gedanken eines andern Dinges überspringt, das mit dem ersten gar keine Ähnlichkeit hat. Zum Beispiel wenn man das Wort[112] »Apfel« denkt, so denkt man auch sogleich an die Frucht Apfel, die doch mit jenem artikulierten Laut keinerlei Ähnlichkeit noch sonst etwas gemein hat, als daß der Körper des Menschen häufig von diesen beiden erregt wurde, d.h., daß der Mensch häufig das Wort Apfel gehört hat, während er zugleich die Frucht sah. So wird jeder von einem Gedanken auf einen andern verfallen je nachdem seine Gewohnheit die Bilder der Dinge im Körper geordnet hat. Der Soldat z.B. wird beim Anblick der Spuren eines Pferdes sogleich von dem Gedanken eines Pferdes auf den Gedanken eines Reiters und von diesem auf den Gedanken des Krieges usw. kommen. Der Dauer dagegen wird von dem Gedanken des Pferdes auf den Gedanken eines Pflugs, Ackers usw. verfallen. So wird jeder, je nachdem er gewohnt ist, die Bilder der Dinge auf die eine oder andere Weise zu verknüpfen und zu verketten, von einem Gedanken auf diesen oder jenen Gedanken kommen.


Neunzehnter Lehrsatz

Der menschliche Geist erkennt den (eigenen) menschlichen Körper und weiß, daß er existiert, nur durch die Ideen der Erregungen, womit der Körper erregt wird.


Beweis

Denn der menschliche Geist ist eben die Idee oder die Erkenntnis des menschlichen Körpers (nach Lehrsatz 13 dieses Teils), welche (nach Lehrsatz 19 dieses Teils) in Gott zwar ist, sofern er als von einer andern Idee eines Einzeldinges erregt betrachtet wird. Oder weil (nach Postulat 4) der menschliche Körper vieler Körper bedarf, von welchen er beständig gleichsam wiedererzeugt wird und die Ordnung und Verknüpfung der Ideen dieselbe ist wie die Ordnung und Verknüpfung der Ursachen (nach[113] Lehrsatz 7 dieses Teils), so wird diese Idee in Gott sein, sofern er als von den Ideen vieler Einzeldinge erregt betrachtet wird. Gott hat darum eine Idee des menschlichen Körpers oder erkennt den menschlichen Körper, sofern er von vielen andern Ideen erregt ist, und nicht, sofern er die Natur des menschlichen Geistes ausmacht; d.h. (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils), der menschliche Geist erkennt den menschlichen Körper nicht. Aber die Ideen der Körpererregungen sind in Gott, sofern er die Natur des menschlichen Geistes ausmacht, oder der menschliche Geist erfaßt diese Erregungen (nach Lehrsatz 12 dieses Teils) und folglich (nach Lehrsatz 16 dieses Teils) den menschlichen Körper selbst, und zwar (nach Lehrsatz 17 dieses Teils) als wirklich existierend. Folglich erfaßt der menschliche Geist nur insofern den eigenen menschlichen Körper. – W.z.b.w.


Zwanzigster Lehrsatz

Es gibt in Gott auch eine Idee oder eine Erkenntnis des menschlichen Geistes, welche auf dieselbe Weise in Gott folgt und sich auf dieselbe Weise auf Gott bezieht wie die Idee oder Erkenntnis des menschlichen Körpers.


Beweis

Das Denken ist ein Attribut Gottes (nach Lehrsatz 1 dieses Teils), daher muß es (nach Lehrsatz 3 dieses Teils) notwendig sowohl von ihm als auch von allen seinen Erregungen und demzufolge auch (nach Lehrsatz 11 dieses Teils) vom menschlichen Geiste eine Idee in Gott geben. Es folgt ferner nicht, daß es diese Idee oder Erkenntnis des Geistes in Gott gibt, sofern derselbe unendlich ist, sondern sofern er von einer andern Idee eines Einzeldinges erregt ist (nach Lehrsatz 9 dieses Teils). Aber die Ordnung und Verknüpfung der Ideen ist dieselbe wie die[114] Ordnung und Verknüpfung der Ursachen (nach Lehrsatz 7 dieses Teils). Es folgt somit diese Idee oder Erkenntnis des Geistes in Gott und bezieht sich auf dieselbe Weise auf Gott wie die Idee oder Erkenntnis des Körpers. – W.z.b.w.


Einundzwanzigster Lehrsatz

Diese Idee des Geistes ist auf dieselbe Weise mit dem Geiste vereinigt, wie der Geist selbst mit dem Körper vereinigt ist.


Beweis

Daß der Geist mit dem Körper vereinigt ist, haben wir daraus erwiesen, daß der Körper das Objekt des Geistes ist (s. die Lehrsätze 12 und 13 dieses Teils). Daher muß aus demselben Grunde die Idee des Geistes mit ihrem Objekt, d.h. mit dem Geist selbst, auf dieselbe Weise vereinigt sein, wie der Geist selbst mit dem Körper vereinigt ist. – W.z.b.w.


Anmerkung

Dieser Satz wird weit deutlicher aus dem, was in der Anmerkung zu Lehrsatz 7 dieses Teils gesagt ist, eingesehen. Denn dort haben wir gezeigt, daß die Idee des Körpers und der Körper, d.h. (nach Lehrsatz 13 dieses Teils) der Geist und der Körper, eins und dasselbe Individuum ist, welches bald unter dem Attribut des Denkens, bald unter dem der Ausdehnung begriffen wird. Darum ist die Idee des Geistes und der Geist selbst ein und dasselbe Ding, welches unter einem und demselben Attribut, nämlich des Denkens, begriffen wird. Daß die Idee des Geistes und der Geist selbst in Gott vorhanden, folgt, sage[115] ich, mit derselben Notwendigkeit aus derselben Fähigkeit des Denkens. Denn tatsächlich ist die Idee des Geistes, d.h. die Idee der Idee, nichts anderes als die Form der Idee, sofern diese als Daseinsform des Denkens ohne Beziehung zum Objekt betrachtet wird. Denn sobald jemand etwas weiß, weiß er eben damit, daß er dieses weiß; und zugleich weiß er, daß er weiß, was er weiß; und so ins unendliche. Doch hierüber später.


Zweiundzwanzigster Lehrsatz

Der menschliche Geist erfaßt nicht bloß die Erregungen des Körpers, sondern auch die Ideen dieser Erregungen.


Beweis

Die Ideen von den Ideen der Erregungen folgen in Gott auf dieselbe Weise und beziehen sich auf Gott auf dieselbe Weise wie die Ideen der Erregungen selbst; was auf die gleiche Weise bewiesen wird wie Lehrsatz 20 dieses Teils. Aber die Ideen der Erregungen des Körpers sind im menschlichen Geiste (nach Lehrsatz 12 dieses Teils), d.h. (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils) in Gott, sofern er das Wesen des menschlichen Geistes ausmacht. Folglich werden die Ideen dieser Ideen in Gott sein, sofern er die Erkenntnis oder Idee des menschlichen Geistes hat, d.h. (nach Lehrsatz 21 dieses Teils) im menschlichen Geiste selbst, der darum nicht bloß die Erregungen des Körpers, sondern auch die Ideen derselben erfaßt. – W.z.b.w.


Dreiundzwanzigster Lehrsatz

Der Geist erkennt sich selbst nur, sofern er die Ideen der Körpererregungen erfaßt


Beweis

[116] Die Idee oder die Erkenntnis des Geistes folgt in Gott auf dieselbe Weise und wird auf Gott auf dieselbe Weise bezogen wie die Idee oder die Erkenntnis des Körpers (nach Lehrsatz 20 dieses Teils). Aber da (nach Lehrsatz 19 dieses Teils) der menschliche Geist den menschlichen Körper selbst nicht erkennt, d.h. (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils), da die Erkenntnis des menschlichen Körpers sich auf Gott nicht bezieht, sofern er das Wesen des menschlichen Geistes ausmacht, so bezieht sich also die Erkenntnis des Geistes auf Gott nicht, sofern er das Wesen des menschlichen Geistes ausmacht; somit (nach demselben Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils) erkennt insofern der menschliche Geist sich selbst nicht. Ferner schließen die Ideen der Erregungen, von denen der Körper erregt wird, die Natur des menschlichen Körpers selbst in sich (nach Lehrsatz 16 dieses Teils), d.h. (nach Lehrsatz 13 dieses Teils), sie stimmen mit der Natur des Geistes überein. Daher schließt die Erkenntnis dieser Ideen die Erkenntnis des Geistes notwendig in sich. Aber die Erkenntnis dieser Ideen ist (nach dem vorigen Lehrsatz) im menschlichen Geiste selbst. Folglich erkennt der menschliche Geist nur insofern sich selbst. – W.z.b.w.


Vierundzwanzigster Lehrsatz

Der menschliche Geist schließt keine adäquate Erkenntnis der Teile in sich, welche den menschlichen Körper bilden.


Beweis

Die Teile, welche den menschlichen Körper bilden, gehören zum Wesen des Körpers selbst nur, sofern sie ihre Bewegungen in irgendeinem bestimmten Verhältnis einander mitteilen (s. die Definition nach dem Zusatz zu[117] Hilfssatz 3), nicht aber, sofern sie als Individuen ohne Beziehung zum menschlichen Körper betrachtet werden können. Denn die Teile des menschlichen Körpers sind (nach Postulat 1) sehr zusammengesetzte Individuen, deren Teile (nach Hilfssatz 4) vom menschlichen Körper, ohne daß seine Natur und Form eine Änderung erlitten, getrennt werden können und die ihre Bewegungen (s. Axiom I nach Hilfssatz 3) andern Körpern in einer andern Weise mitteilen können. Es wird daher (nach Lehrsatz 3 dieses Teils) die Idee oder die Erkenntnis jedes Teils in Gott sein, und zwar (nach Lehrsatz 9 dieses Teils) sofern er betrachtet wird als erregt von einer andern Idee eines Einzeldinges, welches Einzelding, der Ordnung der Natur gemäß, früher ist als der Teil selbst (nach Lehrsatz 9 dieses Teils). Dasselbe gilt außerdem auch von jedem Teil des Individuums selbst, das den menschlichen Körper bildet. Daher ist die Erkenntnis eines jeden Teils, der den menschlichen Körper bildet, in Gott, sofern er von vielen Ideen der Dinge erregt ist, und nicht, sofern er nur die Idee des menschlichen Körpers hat, d.h. (nach Lehrsatz 13 dieses Teils) die Idee, welche die Natur des menschlichen Körpers ausmacht. Also (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils) schließt der menschliche Geist keine adäquate Erkenntnis der Teile in sich, welche den menschlichen Körper bilden. – W.z.b.w.


Fünfundzwanzigster Lehrsatz

Die Idee einer jeden Erregung des menschlichen Körpers schließt eine adäquate Erkenntnis des äußern Körpers nicht in sich.


Beweis

Wir haben gezeigt, daß die Idee einer Erregung des menschlichen Körpers insofern die Natur des äußern Körpers[118] in sich schließt (s. Lehrsatz 16 dieses Teils), sofern derselbe den äußern menschlichen Körper selbst in irgendeiner gewissen Weise bestimmt. Aber sofern der äußere Körper ein Individuum ist, das sich auf den menschlichen Körper nicht bezieht, ist seine Idee oder seine Erkenntnis in Gott (nach Lehrsatz 9 dieses Teils), sofern Gott betrachtet wird als erregt von der Idee eines andern Dinges, welche (nach Lehrsatz 7 dieses Teils) von Natur früher ist als der äußere Körper selbst. Daher ist eine adäquate Idee des äußern Körpers in Gott nicht, sofern er eine Idee der Erregung des menschlichen Körpers hat; oder die Idee der Erregung des menschlichen Körpers schließt eine adäquate Erkenntnis des äußern Körpers nicht in sich. – W.z.b.w.


Sechsundzwanzigster Lehrsatz

Der menschliche Geist erfaßt einen äußern Körper als wirklich existierend nur durch die Ideen der Erregungen seines Körpers.


Beweis

Wenn der menschliche Körper von keinem äußern Körper auf irgendeine Weise erregt ist, so ist auch (nach Lehrsatz 7 dieses Teils) die Idee des menschlichen Körpers, d.h. der menschliche Geist, von keiner Idee der Existenz jenes Körpers auf irgendeine Weise erregt, oder er erfaßt die Existenz jenes äußern Körpers auf keine Weise. Aber sofern der menschliche Körper von einem äußern Körper auf irgendeine Weise erregt wird, insofern erfaßt er den äußern Körper (nach Lehrsatz 16 dieses Teils mit seinem Zusatz). – W.z.b.w.
[119]


Zusatz

Sofern der menschliche Geist einen äußern Körper sich (sinnlich) vorstellt, insofern hat er keine adäquate Erkenntnis desselben.


Beweis

Wenn der menschliche Geist durch die Ideen der Erregungen seines Körpers die äußern Körper betrachtet, so sagen wir, er stellt sie sich (sinnlich) vor (s. Zusatz zu Lehrsatz 7 dieses Teils). Der Geist kann aber auf keine andere Weise (nach dem vorigen Lehrsatz) die äußern Körper als wirklich existierend sich vorstellen. Daher hat der menschliche Geist (nach Lehrsatz 25 dieses Teils), sofern er die äußern Körper sich (sinnlich) vorstellt, keine adäquate Erkenntnis derselben. – W.z.b.w.


Siebenundzwanzigster Lehrsatz

Die Idee einer jeden Erregung des menschlichen Körpers schließt eine adäquate Erkenntnis des menschlichen Körpers selbst nicht in sich.


Beweis

Jede Idee einer jeden Erregung des menschlichen Körpers schließt insofern die Natur des menschlichen Körpers in sich, sofern der menschliche Körper selbst als auf gewisse Weise erregt betrachtet wird (s. Lehrsatz 16 dieses Teils). Aber sofern der menschliche Körper ein Individuum ist, das auf viele andere Weisen erregt werden kann, schließt dessen Idee etc. Siehe den Beweis zu Lehrsatz 25 dieses Teils.


Achtundzwanzigster Lehrsatz

[120] Die Ideen der Erregungen des menschlichen Körpers sind, sofern sie bloß auf den menschlichen Geist bezogen werden, nicht klar und deutlich, sondern verworren.


Beweis

Denn die Ideen der Erregungen des menschlichen Körpers schließen die Natur sowohl der äußern Körper als auch des menschlichen Körpers selbst in sich (nach Lehrsatz 16 dieses Teils). Sie müssen aber die Natur nicht bloß des menschlichen Körpers, sondern auch seiner Teile in sich schließen. Denn die Erregungen sind Daseinsformen (nach Postulat 3), womit die Teile des menschlichen Körpers und demzufolge der ganze Körper erregt werden. Nun ist aber (nach den Lehrsätzen 24 und 25 dieses Teils) eine adäquate Erkenntnis der äußern Körper und der den menschlichen Körper bildenden Teile in Gott nicht, sofern er als vom menschlichen Geiste erregt, sondern sofern er als von andern Ideen erregt betrachtet wird. Es sind folglich diese Ideen der Erregungen, sofern sie auf den menschlichen Geist allein bezogen werden, wie Schlußfolgerungen ohne die Vordersätze, d.h. (wie an sich klar) verworrene Ideen. – W.z.b.w.


Anmerkung

Von der Idee, welche die Natur des menschlichen Geistes ausmacht, wird auf dieselbe Art bewiesen, daß sie, für sich selbst betrachtet, nicht klar und deutlich ist; desgleichen von der Idee des menschlichen Geistes und von den Ideen der Ideen der menschlichen Körpererregungen, sofern sie auf den Geist allein bezogen werden; was jedermann leicht einsehen kann.


Neunundzwanzigster Lehrsatz

[121] Die Idee der Idee einer jeden Erregung des menschlichen Körpers schließt eine adäquate Erkenntnis des menschlichen Geistes nicht in sich.


Beweis

Denn die Idee einer Erregung des menschlichen Körpers schließt (nach Lehrsatz 27 dieses Teils) die adäquate Erkenntnis des Körpers selbst nicht ein oder drückt dessen Natur nicht adäquat aus; d.h. (nach Lehrsatz 13 dieses Teils), sie stimmt mit der Natur des Geistes nicht adäquat überein. Also (nach Axiom VI, Teil 1) drückt die Idee dieser Idee die Natur des menschlichen Geistes nicht aus, oder sie schließt eine adäquate Idee desselben nicht in sich. – W.z.b.w.


Zusatz

Hieraus folgt, daß der menschliche Geist, sooft er die Dinge nach der gewöhnlichen Ordnung der Natur Erfaßt, weder von sich selbst noch von seinem Körper, noch von den äußern Körpern eine adäquate Erkenntnis hat, sondern nur eine verworrene und verstümmelte Erkenntnis. Denn der Geist erkennt sich selbst nur, sofern er die Ideen der Körpererregungen erfaßt (nach Lehrsatz 23 dieses Teils). Aber seinen Körper erfaßt er (nach Lehrsatz 19 dieses Teils) nur durch eben die Ideen der Erregungen, durch welche er auch nur (nach Lehrsatz 26 dieses Teils) die äußern Körper erfaßt. Er hat also, sofern er diese hat, weder von sich selbst (nach Lehrsatz 29 dieses Teils) noch von seinem Körpern (nach Lehrsatz 27 dieses Teils), noch von den äußern Körpern (nach Lehrsatz 25 dieses Teils) eine adäquate Erkenntnis, sondern nur eine verstümmelte und verworrene Erkenntnis. – W.z.b.w.
[122]


Anmerkung

Ich sage ausdrücklich, der Geist hat weder von sich selbst noch von seinem Körper, noch von den äußern Körpern eine adäquate, sondern nur eine verworrene Erkenntnis, sooft er die Dinge nach der gewöhnlichen Ordnung der Natur erfaßt, d.h., sooft er äußerlich, nämlich wie ihm die Dinge zufällig aufstoßen, bestimmt wird, dies oder jenes zu betrachten; nicht aber, sooft er innerlich, nämlich dadurch, daß er mehrere Dinge zugleich betrachtet, bestimmt wird, das Übereinstimmende, das Verschiedene und das Gegensätzliche an ihnen zu verstehen. Denn sooft et auf diese oder andere Weise innerlich dazu disponiert wird, alsdann betrachtet er die Dinge klar und deutlich, wie ich unten zeigen werde.


Dreißigster Lehrsatz

Wir können von der Dauer unseres Körpers keine andere als eine höchst inadäquate Erkenntnis haben.


Beweis

Die Dauer unseres Körpers hängt von dessen Wesen nicht ab (nach Axiom I dieses Teils) und auch nicht von der absoluten Natur Gottes (nach Lehrsatz 21, Teil 1). Vielmehr wird er zum Existieren und Wirken bestimmt von solchen Ursachen, welche auch wieder von andern bestimmt sind zu existieren und auf gewisse und bestimmte Weise zu wirken, und diese wiederum von andern, und so ins unendliche. Es hängt also die Dauer unseres Körpers von der allgemeinen Ordnung der Natur und der Beschaffenheit der Dinge ab. Auf welche Weise aber die Dinge beschaffen sind, davon gibt es eine adäquate Erkenntnis in Gott, sofern er die Ideen von ihnen allen, und nicht, sofern er nur die Idee des menschlichen Körpers hat[123] (nach Zusatz zu Lehrsatz 9 dieses Teils). Daher ist die Erkenntnis der Dauer unseres Körpers in Gott höchst inadäquat, sofern er nur als die Natur des menschlichen Geistes ausmachend betrachtet wird; d.h. (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils), diese Erkenntnis ist in unserm Geiste höchst inadäquat. – W.z.b.w.


Einunddreißigster Lehrsatz

Wir können von der Dauer der Einzeldinge, welche außer uns sind, keine andere als eine höchst inadäquate Erkenntnis haben.


Beweis

Denn jedwedes Einzelding, wie der menschliche Körper muß von einem andern Einzelding bestimmt werden zu existieren und auf gewisse und bestimmte Weise zu wirken, und dieses wieder von einem anderen, und so ins unendliche (nach Lehrsatz 28, Teil 1). Da wir aber im vorigen Lehrsatz aus dieser gemeinschaftlichen Eigenschaft der Einzeldinge bewiesen haben, daß wir von der Dauer unseres Körpers nur eine höchst inadäquate Erkenntnis haben, so muß das gleiche auch in bezug auf die Dauer der Einzeldinge geschlossen werden, nämlich daß wir nur eine höchst inadäquate Erkenntnis von ihr haben können. – W.z.b.w.


Zusatz

Hieraus folgt, daß alle einzelnen Dinge zufällig und zerstörbar sind. Denn wir können von ihrer Dauer keine adäquate Erkenntnis haben (nach dem vorigen Lehrsatz), und das ist es, was wir unter Zufälligkeit und Zerstörbarkeit der Dinge zu verstehen haben (s. Anmerkung 1 zu Lehrsatz 33, Teil 1). Denn (nach Lehrsatz 29, Teil 1) gibt es keine andere Zufälligkeit als diese.


Zweiunddreißigster Lehrsatz

[124] Alle Ideen sind, sofern sie auf Gott bezogen werden, wahr.


Beweis

Denn alle Ideen, welche in Gott sind, stimmen mit ihrem Gegenstand vollständig überein (nach Zusatz zu Lehrsatz 7 dieses Teils); folglich (nach Axiom VI, Teil 1) sind sie alle wahr.


Dreiunddreißigster Lehrsatz

Es ist in den Ideen nichts Positives, wegen dessen sie falsch heißen.


Beweis

Verneint man dieses, so nehme man, wenn es möglich, eine positive Art des Denkens an, welche die Form des Irrtums oder des Falschen ausmacht. Diese Art des Denkens kann nicht in Gott sein (nach dem vorigen Lehrsatz). Außerhalb Gottes aber kann sie auch weder sein noch begriffen werden (nach Lehrsatz 15, Teil 1). Daher kann es nichts Positives geben in den Ideen, wegen dessen sie falsch heißen. – W.z.b.w.


Vierunddreißigster Lehrsatz

Jede Idee, welche in uns absolut oder adäquat und vollkommen ist, ist wahr.
[125]


Beweis

Wenn wir sagen, es gibt in uns eine adäquate und vollkommene Idee, so sagen wir nichts anderes (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils), als daß es in Gott, sofern er das Wesen unseres Geistes ausmacht, eine adäquate und vollkommene Idee gibt. Folglich (nach Lehrsatz 32 dieses Teils) sagen wir damit nichts anderes, als daß eine solche Idee wahr ist. – W.z.b.w.


Fünfunddreißigster Lehrsatz

Die Falschheit besteht in einem Mangel an Erkenntnis, welchen die inadäquaten oder verstümmelten und verworrenen Ideen in sich schließen.


Beweis

Es gibt in den Ideen nichts Positives, das die Form der Falschheit bildet (nach Lehrsatz 33 dieses Teils). Im absoluten Mangel aber kann die Falschheit nicht bestehen (denn vom Geiste sagt man, er irrt oder täuscht sich, nicht vom Körper). Aber auch nicht in absoluter Unwissenheit, denn Nichtwissen und Irren ist zweierlei. Sonach besteht sie in einem Mangel an Erkenntnis welchen die inadäquate Erkenntnis der Dinge oder die inadäquaten und verworrenen Ideen in sich schließen. – W.z.b.w.


Anmerkung

In der Anmerkung zu Lehrsatz 17 dieses Teils habe ich auseinandergesetzt, auf welche Weise der Irrtum in einem Mangel an Erkenntnis besteht; doch will ich zu größerer Verdeutlichung der Sache ein Beispiel anführen. Die Menschen täuschen sich darin, daß sie glauben, sie seien[126] frei. Diese Meinung besteht bloß darin, daß sie ihrer Handlungen sich bewußt sind, die Ursachen aber, von welchen sie bestimmt werden, nicht kennen. Das also ist die Idee ihrer Freiheit, daß sie keine Ursache ihrer Handlungen kennen. Denn wenn sie sagen, die menschlichen Handlungen hängen vom Willen ab, so sind das Worte, von welchen sie keine Idee haben. Was der Wille ist und wie er den Körper bewegt, wissen sie ja alle nicht, und diejenigen, welche sich brüsten, es ja zu wissen, und einen Sitz und Aufenthalt der Seele aushecken, erregen damit nur Lachen oder Verdruß.

So auch, wenn wir die Sonne anblicken, stellen wir uns vor, sie sei etwa zweihundert Fuß von uns entfernt. In dieser Vorstellung allein besteht dieser Irrtum nicht, sondern darin, daß wir, während wir sie so betrachten, ihre wahre Entfernung und die Ursache dieser Vorstellung nicht kennen. Denn wenn wir auch nachher erkennen, daß sie mehr als sechshundert Erddurchmesser von uns entfernt ist, so werden wir dessenungeachtet die Vorstellung haben, daß sie nahe sei. Denn nicht deswegen stellen wir uns die Sonne so nahe vor, weil wir ihre wahre Entfernung nicht kennen, sondern deswegen, weil die Erregung unseres Körpers das Wesen der Sonne in sich schließt, sofern der Körper selbst von ihr erregt wird.


Sechsunddreißigster Lehrsatz

Die inadäquaten und verworrenen Ideen folgen mit derselben Notwendigkeit wie die adäquaten oder die klaren und deutlichen Ideen.


Beweis

Alle Ideen sind in Gott (nach Lehrsatz 15, Teil 1) und sind, sofern sie auf Gott bezogen werden, wahr (nach Lehrsatz 32 dieses Teils) und adäquat (nach Zusatz zu[127] Lehrsatz 7 dieses Teils). Daher sind sie inadäquat oder verworren nur insofern, als sie auf den einzelnen Geist von jemand bezogen werden (s. hier über die Lehrsätze 24 und 28 dieses Teils). Somit folgen alle, die adäquaten wie die inadäquaten, mit gleicher Notwendigkeit (nach Zusatz zu Lehrsatz 6 dieses Teils). – W.z.b.w.


Siebenunddreißigster Lehrsatz

Das, was allen Dingen gemeinsam ist (s. hierüber oben Hilfssatz 2) und was gleicherweise im Teil wie im Ganzen ist, macht das Wesen keines Einzeldinges aus.


Beweis

Verneint man dieses, so nehme man, wenn möglich, an, es mache das Wesen eines Einzeldinges ja aus, z.B. das Wesen von B. Es wird also (nach Definition 2 dieses Teils) ohne B weder sein noch begriffen werden können. Dies ist aber gegen die Voraussetzung. Folglich gehört es nicht zum Wesen des B, noch macht es das Wesen eines andern Einzeldinges aus. – W.z.b.w.


Achtunddreißigster Lehrsatz

Das, was allen Dingen gemeinsam ist und was gleicherweise im Teil wie im Ganzen ist, kann nicht anders begriffen werden als adäquat.


Beweis

Gesetzt, A sei etwas, das allen Körpern gemeinsam ist und das gleicherweise im Teile jedes Körpers wie im Ganzen ist. Ich sage nun, A kann nicht anders begriffen[128] werden als adäquat. Denn die Idee desselben wird (nach Zusatz zu Lehrsatz 7 dieses Teils) notwendig in Gott adäquat sein, sowohl sofern er die Idee des menschlichen Körpers als auch sofern er die Ideen der Erregungen desselben hat, welche (nach den Lehrsätzen 10, 25 und 27 dieses Teils) die Natur sowohl des menschlichen Körpers als auch der äußern Körper teilweise in sich schließen: Das heißt (nach den Lehrsätzen 12 und 13 dieses Teils), diese Idee wird notwendig in Gott adäquat sein, sofern er den menschlichen Geist bildet oder sofern er Ideen hat, welche im menschlichen Geiste sind. Also erfaßt der Geist (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils) A notwendig adäquat, und zwar sowohl sofern er sich als auch sofern er seinen oder irgendeinen äußern Körper erfaßt, und A kann auf keine andere Weise begriffen werden. – W.z.b.w.


Zusatz

Hieraus folgt, daß es gewisse Ideen oder Begriffe gibt, die allen Menschen gemeinsam sind. Denn alle Körper stimmen (nach Hilfssatz 2) in manchen Punkten überein welche (nach dem vorigen Lehrsatz) von jedermann adäquat oder klar und deutlich begriffen werden müssen.


Neununddreißigster Lehrsatz

Von dem, was dem menschlichen Körper und einigen äußern Körpern, von welchen der menschliche Körper erregt zu werden pflegt, und das dem Teil eines jeden von diesen Körpern, ebenso wie dem Ganzen, gemeinsam und eigen ist, davon wird es auch im Geiste eine adäquate Idee geben.[129]

Beweis


Gesetzt, A sei das, was dem menschlichen Körper und einigen äußern Körpern gemeinsam und eigen ist und das ebenso im menschlichen Körper wie in jenen äußern Körpern und auch im Teil jedes äußern Körpers wie im Ganzen ist. Von A selbst wird es in Gott eine adäquate Idee geben (nach Zusatz zu Lehrsatz 7 dieses Teils), sowohl sofern er die Idee des menschlichen Körpers als auch sofern er die Ideen der betreffenden äußern Körper hat. Man nehme nun an, der menschliche Körper werde von einem äußern Körper durch das erregt, was er mit demselben gemein hat, d.h. von A. Dann wird die Idee dieser Erregung die Eigenschaft A in sich schließen (nach Lehrsatz 16 dieses Teils). Folglich (nach demselben Zusatz zu Lehrsatz 7 dieses Teils) wird die Idee dieser Erregung, sofern sie die Eigenschaft A in sich schließt, in Gott adäquat sein, sofern er von der Idee des menschlichen Körpers erregt ist; d.h. (nach Lehrsatz 13 dieses Teils), sofern er die Natur des menschlichen Geistes bildet. Also (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils) ist diese Idee auch im menschlichen Geiste adäquat. – W.z.b.w.


Zusatz

Hieraus folgt, daß der Geist um so fähiger ist, vieles adäquat zu erfassen, je mehr sein Körper mit andern Körpern gemein hat.


Vierzigster Lehrsatz

Alle Ideen, weiche im Geiste aus Ideen folgen, die in ihm adäquat sind, sind gleichfalls adäquat.


Beweis

[130] Natürlich. Denn wenn wir sagen, im menschlichen Geiste folge eine Idee aus Ideen, die adäquat in ihm sind, so sagen wir nichts anderes (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils), als daß es im göttlichen Verstande selbst eine Idee gibt, deren Ursache Gott ist, nicht sofern er unendlich ist, noch sofern er von den Ideen vieler Einzeldinge erregt ist, sondern sofern er nur das Wesen des menschlichen Geistes ausmacht.


1. Anmerkung

Damit habe ich die Ursache der Begriffe dargelegt, welche Gemeinbegriffe genannt werden und welche die Grundlage unseres Schließens sind.

Es gibt aber von einigen Axiomen oder Begriffen noch andere Ursachen, welche nach dieser unserer Methode dargelegt zu werden verdienten; denn es würde sich aus ihnen ergeben, welche Begriffe nützlicher sind als alle übrigen und welche hinwiederum von kaum irgendeinem Nutzen sind. Ferner würde sich daraus ergeben, welche Begriffe allen Menschen gemeinsam sind, welche Begriffe nur von vorurteilsfreien Menschen klar und gründlich erfaßt werden und endlich, welche Begriffe schlecht begründet sind. Außerdem würde sich ergeben, woher jene Begriffe, die man Begriffe zweiter Ordnung nennt und demzufolge die Axiome, die sich auf sie gründen, ihren Ursprung genommen haben; und noch anderes was ich beim Nachdenken darüber gefunden. Da ich dies aber für eine andere Abhandlung bestimmt habe, auch um nicht durch allzu große Weitläufigkeit des Gegenstandes unangenehm zu werden, habe ich vorgezogen, darüber wegzugehen.

Um aber nichts von dem zu übergehen, was zu wissen nötig ist, will ich in Kürze die Ursachen angeben, aus welchen die sogenannten transzendentalen Ausdrücke ihren Ursprung genommen haben, wie »das Seiende«,[131] »das Ding«, »Etwas«. Diese Ausdrücke entstehen daraus, daß der menschliche Körper, weil er beschränkt ist, nicht fähig ist, mehr als eine bestimmte Zahl von Bildern (was ein Bild ist, habe ich in der Anmerkung zu Lehrsatz 17 dieses Teils erklärt) zu gleicher Zeit deutlich in sich zu bilden. Wird diese Zahl überschritten, so fangen diese Bilder an, sich zu verwirren. Wird aber diese Zahl von Bildern, welche der Körper zu gleicher Zeit deutlich in sich zu bilden vermag, erheblich überschritten, so werden alle sich gänzlich untereinander verwirren. Bei diesem Sachverhalt ergibt sich aus Zusatz zu Lehrsatz 17 und aus Lehrsatz 18 dieses Teils, daß der menschliche Geist so viel Körper zu gleicher Zeit deutlich wird vorstellen können, so viel Bilder zu gleicher Zeit in seinem Körper gebildet werden können. Sobald sich aber die Bilder im Körper gänzlich verwirren, wird auch der Geist alle Körper verworren, ohne irgendeine Unterscheidung, vorstellen und sie gleichsam unter Einem Attribut zusammenfassen, nämlich unter dem Attribut des »Seienden«, des »Dinges« usw. – Es läßt sich dies auch daraus ableiten, daß die Bilder nicht immer gleich kräftig sind und noch aus andern verwandten Ursachen, die hier nicht auseinandergesetzt zu werden brauchen; denn für den Zweck, den ich hier im Auge habe, genügt es, Eine zu wissen. Denn alle laufen darauf hinaus, daß diese Ausdrücke Ideen bezeichnen, die im höchsten Grade verworren sind.

Aus ähnlichen Ursachen sind jene Begriffe entstanden, die man Gattungsbegriffe (Universalbegriffe) nennt, wie »Mensch«, »Pferd«, »Hund« usw., nämlich weil im menschlichen Körper so viel Bilder, z.B. von Menschen, zu gleicher Zeit sich bilden, daß sie die Vorstellungskraft zwar nicht gänzlich, aber doch so weit übersteigen, daß der Geist die geringen Unterschiede der Einzelnen (wie die Farbe, die Größe usw. eines jeden) und ihre bestimmte Zahl nicht vorstellen kann und nur das, worin alle – sofern der Körper von ihnen erregt wird – übereinstimmen, deutlich vorstellt, denn von dieser gemeinschaftlichen[132] Eigenschaft ist der Körper am meisten, nämlich von jedem einzelnen, erregt gewesen. Dies drückt er mit dem Namen »Mensch« aus, und diese Eigenschaft legt er den unendlichen einzelnen Menschen bei; denn die bestimmte Zahl der einzelnen kann er, wie gesagt, nicht vorstellen.

Es ist jedoch zu beachten, daß diese Begriffe nicht von jedermann auf gleiche Weise gebildet werden, sondern bei jedem wieder anders, je nachdem der Körper von dem betreffenden Ding öfter oder weniger oft erregt gewesen ist; denn je öfter dies der Fall war, desto leichter stellt der Geist das Ding vor und erinnert er sich desselben. Menschen z.B., welche öfter die aufrechte Gestalt des Menschen mit Bewunderung betrachtet haben, verstehen unter dem Namen »Mensch« ein lebendes Wesen vorn aufrechter Gestalt. Andere dagegen, welche gewohnt sind, am Menschen etwas anderes ins Auge zu fassen, werden eine andere Gattungsvorstellung vom Menschen bilden, etwa: der Mensch ist ein lachendes Geschöpf; der Mensch ist ein federloser Zweifüßler; der Mensch ist ein vernünftiges Geschöpf. Und so wird auch bei allem andern jedermann der Disposition seines Körpers entsprechend die Gattungsvorstellungen der Dinge bilden.

Es ist daher kein Wunder, daß unter den Philosophen, welche die natürlichen Dinge durch die bloßen Bilder der Dinge erklären wollten, so viel Meinungsstreitigkeiten entstanden sind.


2. Anmerkung

[133] Aus allem, was im vorstehenden gesagt ist, erhellt deutlich, daß wir vieles erfassen und allgemeine Begriffe bilden.

1. Aus den Einzeldingen, die durch die Sinne verstümmelt, verworren und ohne Ordnung sich dem Verstand darstellen (s. Zusatz zu Lehrsatz 29 dieses Teils). Daher pflege ich eine solche Auffassung »Erkenntnis aus vager Erfahrung« zu nennen;

2. aus Zeichen, z.B. daraus, daß wir beim Hören oder Lesen von Worten uns der betreffenden Dinge erinnern und gewisse Ideen von ihnen bilden, denen ähnlich, durch welche wir die Dinge vorstellen (s. Zusatz zu Lehrsatz 18 dieses Teils).

Diese beiden Arten, die Dinge zu betrachten, werde ich künftig Erkenntnis erster Gattung, Meinung oder Vorstellung nennen;

3. endlich daraus, daß wir Gemeinbegriffe und adäquate Ideen von den Eigenschaften der Dinge haben (s. Zusatz zu Lehrsatz 38, Lehrsatz 39 und dessen Zusatz und Lehrsatz 40 dieses Teils).

Diese Art werde ich Vernunft oder Erkenntnis zweiter Gattung nennen.

Außer diesen zwei Erkenntnisgattungen gibt es, wie ich im folgenden zeigen werde, noch eine andere dritte welche ich das intuitive Wissen nennen werde. Diese Gattung des Erkennens schreitet von der adäquaten Idee des formalen Wesens einiger Attribute Gottes zur adäquaten Erkenntnis des Wesens der Dinge. Das alles will ich an einem Beispiel erläutern. Es sind z.B. drei Zahlen gegeben, um eine vierte zu erhalten, welche sich zur dritten verhält wie die zweite zur ersten. Ein Kaufmann wird ohne Bedenken die zweite mit der dritten multiplizieren und das Produkt mit der ersten dividieren. Er hat nämlich noch nicht vergessen, was er vom Lehrer, ohne irgendeinen Beweis, gehört hat; oder er hat es an sehr einfachen Zahlen erprobt; oder auf[134] Grund des Beweises im 7. Buch, Lehrsatz 19 des Euklid, nämlich aus der allgemeinen Eigenschaft der Proportionen. Bei sehr einfachen Zahlen dagegen bedarf es dergleichen nicht. Wenn z.B. die Zahlen 1, 2, 3 gegeben sind, so sieht jeder, daß die vierte Proportionszahl 6 ist, und das viel deutlicher, weil wir aus dem Verhältnis selbst zwischen der ersten und der zweiten Zahl, das wir auf den ersten Blick (intuitiv) wahrnehmen, die vierte folgern.


Einundvierzigster Lehrsatz

Die Erkenntnis erster Gattung ist die einzige Ursache der Falschheit, die zweiter und dritter Gattung aber ist notwendig wahr.


Beweis

Zur Erkenntnis erster Gattung, sagten wir in der vorigen Anmerkung, gehören alle jene Ideen, welche inadäquat und verworren sind. Daher ist (nach Lehrsatz 35 dieses Teils) diese Erkenntnis die einzige Ursache der Falschheit. – Zur Erkenntnis zweiter und dritter Gattung, sagten wir weiter, gehören jene Ideen, welche adäquat sind. Folglich (nach Lehrsatz 34 dieses Teils) ist sie notwendig wahr. – W.z.b.w.


Zweiundvierzigster Lehrsatz

Die Erkenntnis zweiter und dritter Gattung, nicht die Erkenntnis erster Gattung, lehrt uns das Wahre vom Falschen unterscheiden.


Beweis

[135] Dieser Lehrsatz erhellt von selbst. Denn wer zwischen dem Wahren und Falschen zu unterscheiden weiß, muß eine adäquate Idee des Wahren und Falschen haben; d.h. (nach der 2. Anmerkung zu Lehrsatz 40 dieses Teils), er muß das Wahre und Falsche nach der zweiten oder dritten Erkenntnisgattung erkennen.


Dreiundvierzigster Lehrsatz

Wer eine wahre Idee hat, der weiß zugleich, daß er eine wahre Idee hat, und kann nicht an der Wahrheit der Sache zweifeln.


Beweis

Eine wahre Idee in uns ist eine solche, welche in Gott, sofern er durch die Natur des menschlichen Geistes erklärt wird, adäquat ist (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils). Gesetzt also, es gibt in Gott, sofern er durch die Natur des menschlichen Geistes ausgedrückt wird, eine adäquate Idee A. Von dieser Idee muß es in Gott notwendig ebenfalls eine Idee geben, welche sich auf Gott auf dieselbe Weise bezieht wie die Idee A (nach Lehrsatz 20 dieses Teils, dessen Beweis ein allgemeiner ist). Aber von der Idee A wird angenommen, daß sie sich auf Gott bezieht, sofern er durch die Natur des menschlichen Geistes erklärt wird. Folglich muß sich auch die Idee der Idee A auf dieselbe Weise auf Gott beziehen; d.h. (nach demselben Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils), diese adäquate Idee der Idee A wird in eben dem Geiste sein, welcher die adäquate Idee A hat. Daher muß, wer eine adäquate Idee hat oder (nach Lehrsatz 34 dieses Teils) wer ein Ding wahrhaft erkennt, zugleich eine adäquate Idee oder eine wahre Erkenntnis seiner Erkenntnis haben;[136] d.h. (wie von selbst einleuchtend), er muß zugleich dessen gewiß sein. – W.z.b.w.


Anmerkung

In der Anmerkung zu Lehrsatz 21 dieses Teils habe ich auseinandergesetzt, was die Idee einer Idee ist.

Es ist aber darauf aufmerksam zu machen, daß der vorige Lehrsatz an sich einleuchtend genug ist. Denn jeder, der eine wahre Idee hat, weiß, daß eine wahre Idee die höchste Gewißheit in sich schließt. Eine wahre Idee haben heißt auch nichts anderes als: ein Ding vollständig und bestens erkennen. Dies kann sicherlich niemand bezweifeln; es müßte denn sein, daß er glaubt, eine Idee sei etwas Stummes, wie ein Gemälde auf der Tafel, und nicht eine Form des Denkens, also das Erkennen selbst. Und, frage ich, wer kann wissen, daß er ein Ding erkennt, wenn er nicht vorher das Ding erkennt? Das heißt: Wer kann wissen, daß er über ein Ding Gewißheit hat, wenn er nicht vorher über dieses Ding Gewißheit hat? Was kann es ferner Klareres und Gewisseres geben, um als Norm der Wahrheit zu dienen, als eine wahre Idee? – Wahrlich, so wie das Licht sich selbst und die Finsternis offenbart, so ist die Wahrheit die Norm von sich selbst und von dem Falschen.

Damit glaube ich auch auf einige Fragen geantwortet zu haben, nämlich: Wenn eine wahre Idee von einer falschen sich nur insofern unterscheiden soll, daß jene mit ihrem Gegenstand übereinstimmt, so hat die wahre Idee an Realität oder Vollkommenheit nichts vor der falschen voraus (da sich beide ja bloß durch ein äußerliches Merkmal unterscheiden), folglich hätte auch der Mensch, welcher wahre Ideen hat, an Realität oder Vollkommenheit nichts vor dem voraus, der nur falsche Ideen hat? – Ferner: Woher kommt es, daß die Menschen falsche Ideen haben? – Endlich: Woher kann jemand gewiß wissen, daß er Ideen hat, welche mit ihren Gegenständen übereinstimmen?[137]

Auf diese Fragen glaube ich, wie gesagt, schon geantwortet zu haben. Denn was den Unterschied zwischen einer wahren und einer falschen Idee anbelangt, so geht aus dem Lehrsatz 35 dieses Teils hervor, daß sich jene zu dieser verhält wie das Seiende zum Nichtseienden. Die Ursachen der Falschheit aber habe ich von Lehrsatz 19 an bis zu Lehrsatz 35 mit dessen Anmerkung sehr klar gezeigt; woraus auch klar wird, wie sich ein Mensch, der wahre Ideen hat, von einem Menschen, der nur falsche hat, unterscheidet. Was endlich das letzte betrifft, nämlich woher denn der Mensch wissen könne, daß er eine Idee hat, welche mit ihrem Gegenstand übereinstimmt, so habe ich soeben aufs allerdeutlichste gezeigt, daß dies davon allein herrührt, weil er eine Idee hat, welche mit ihrem Gegenstand übereinstimmt, oder weil die Wahrheit ihre eigene Norm ist. Hierzu kommt noch, daß unser Geist, sofern er ein Ding wahr Erfaßt, ein Teil ist von dem unendlichen Verstand Gottes (nach Zusatz zu Lehrsatz 11 dieses Teils); daher müssen die klaren und deutlichen Ideen des Geistes ebenso wahr sein wie die Ideen Gottes.


Vierundvierzigster Lehrsatz

In der Natur der Vernunft liegt es nicht, die Dinge als zufällige, sondern als notwendige zu betrachten.


Beweis

In der Natur der Vernunft liegt es, die Dinge als wahr zu erfassen (nach Lehrsatz 41 dieses Teils), nämlich (nach Axiom VI, Teil I) wie sie an sich sind, d.h. (nach Lehrsatz 29, Teil 1) nicht als zufällig, sondern als notwendig. – W.z.b.w.
[138]


Zusatz I

Hieraus folgt, daß es von der Vorstellung allein abhängt, wenn wir die Dinge sowohl rücksichtlich des Vergangenen wie des Zukünftigen als zufällige betrachten.


Anmerkung

Auf welche Weise aber dies geschieht, will ich mit wenigen Worten erklären. Ich habe oben gezeigt (in Lehrsatz 17 dieses Teils, mit seinem Zusatz), daß der Geist die Dinge, auch wenn sie nicht existieren, immer als sich gegenwärtig vorstellt, wenn nicht Ursachen eintreten, welche ihre gegenwärtige Existenz ausschließen. Weiter habe ich gezeigt (in Lehrsatz 18 dieses Teils), daß, wenn der menschliche Körper einmal von zwei äußern Körpern zugleich erregt gewesen ist, der Geist, wenn er später einen von beiden vorstellt, sich sofort auch des andern erinnern wird, d.h., beide als sich gegenwärtig betrachten wird, wenn nicht Ursachen eintreten, welche die gegenwärtige Existenz derselben ausschließen. Außerdem bezweifelt niemand, daß wir auch die Zeit vorstellen, was davon herrührt, daß wir uns gewisse Körper langsamer oder schneller oder ebenso schnell als andere bewegt vorstellen. – Nehmen wir also einen Knaben, welcher gestern zum erstenmal in der Morgenstunde den Peter gesehen hat, in der Mittagsstunde den Paul, in der Abendstunde den Simon und heute wiederum in der Morgenstunde den Peter. Aus Lehrsatz 18 dieses Teils erhellt, daß, sobald er das Morgenlicht erblickt, er alsbald auch die Sonne, dieselbe Himmelsbahn wie gestern durchlaufend, oder den ganzen Tag vorstellen wird und gleichzeitig mit der Morgenstunde den Peter, mit der Mittagsstunde den Paul und mit der Abendstunde den Simon; d.h., er wird die Existenz des Paul und des Simon in Beziehung auf die künftige Zeit vorstellen. Umgekehrt, wenn er in der Abendstunde den Simon sieht, wird er den Paul und Peter auf[139] die vergangene Zeit beziehen, indem er sie nämlich zugleich mit der vergangenen Zeit vorstellt. Und zwar wird dies um so regelmäßiger geschehen, je öfter er diese Personen in dieser Reihenfolge gesehen hat. Träfe es sich nun einmal, daß er an einem andern Abend statt des Simon den Jakob sieht, so würde er am folgenden Morgen zugleich mit der Abendstunde bald den Simon, bald den Jakob, aber nicht beide zugleich vorstellen. Denn es wird vorausgesetzt, daß er nur einen von beiden, nicht aber beide zugleich, in der Abendstunde gesehen hat. Seine Vorstellung wird also schwanken, und er wird mit der künftigen Abendstunde bald diesen, bald jenen vorstellen; d.h., er wird keinen mit Bestimmtheit, sondern jeden zufällig als künftig betrachten. Und dieses Schwanken der Vorstellung wird die gleiche sein, wenn die Vorstellung Dinge betrifft, die wir auf dieselbe Weise mit Beziehung auf die vergangene oder die gegenwärtige Zeit betrachten. Somit werden wir die sowohl auf die Gegenwart wie auf die Vergangenheit wie auf die Zukunft bezogenen Dinge als zufällige vorstellen.


Zusatz II

Es liegt in der Natur der Vernunft, die Dinge unter einem Gesichtspunkt der Ewigkeit zu erfassen.


Beweis

Denn es liegt in der Natur der Vernunft, die Dinge als notwendige und nicht als zufällige zu betrachten (nach dem vorigen Lehrsatz). Diese Notwendigkeit der Dinge aber erfaßt sie (nach Lehrsatz 41 dieses Teils) wahr, d.h. (nach Axiom VI, Teil 1), wie sie an sich ist. Nun ist diese Notwendigkeit der Dinge (nach Lehrsatz 16, Teil 1) die Notwendigkeit der ewigen Natur Gottes selbst. Folglich liegt es in der Natur der Vernunft, die Dinge unter diesem Gesichtspunkt der Ewigkeit zu betrachten. Hierzu[140] kommt noch, daß die Grundlagen der Vernunft Begriffe sind (nach Lehrsatz 38 dieses Teils), welche das ausdrücken, was allen Dingen gemeinsam ist, und welche (nach Lehrsatz 37 dieses Teils) nicht das Wesen eines Einzeldinges ausdrücken. Daher müssen sie, ohne irgendeine Beziehung auf die Zeit, bloß unter einem Gesichtspunkt der Ewigkeit begriffen werden. – W.z.b.w.


Fünfundvierzigster Lehrsatz

Jede Idee eines jeden wirklich existierenden Körpers oder Einzeldinges schließt das ewige und unendliche Wesen Gottes notwendig in sich.


Beweis

Die Idee eines wirklich existierenden Einzeldinges schließt notwendig sowohl das Wesen als auch die Existenz des Dinges selbst in sich (nach Zusatz zu Lehrsatz 8 dieses Teils). Aber die Einzeldinge können (nach Lehrsatz 15, Teil 1) ohne Gott nicht begriffen werden; sondern weil sie (nach Lehrsatz 6 dieses Teils) Gott zur Ursache haben, sofern er unter einem Attribut betrachtet wird, dessen Daseinsformen die Dinge selbst sind, müssen notwendig ihre Ideen (nach Axiom IV, Teil 1) den Begriff ihres Attributs, d.h. (nach Definition 6, Teil 1) das ewige und unendliche Wesen Gottes, in sich schließen. – W.z.b.w.


Anmerkung

Unter Existenz verstehe ich hier nicht die Dauer, d.h. die Existenz, sofern sie abstrakt begriffen wird, gleichsam als eine Art Quantität. Ich spreche vielmehr von der eigentlichen Natur der Existenz, welche den Einzeldingen deshalb beigelegt wird, weil aus der ewigen Notwendigkeit[141] der Natur Gottes Unendliches auf unendliche Weisen folgt (s. Lehrsatz 16, Teil 1). Ich spreche, sage ich, von der eigentlichen Existenz der Einzeldinge, sofern sie in Gott sind. Denn wenn auch jedes Einzelding von einem andern Einzelding bestimmt wird, auf gewisse Weise zu existieren, so folgt doch die Kraft, durch welche jedes in der Existenz verharrt, aus der ewigen Notwendigkeit der Natur Gottes. Siehe hierüber Zusatz zu Lehrsatz 24 im ersten Teil.


Sechsundvierzigster Lehrsatz

Die Erkenntnis des ewigen und unendlichen Wesens Gottes, welche jede Idee in sich schließt, ist adäquat und vollkommen.


Beweis

Der Beweis des vorigen Lehrsatzes gilt allgemein. Mag ein Ding als Teil oder als Ganzes betrachtet werden, so schließt die Idee desselben, ob des Ganzen oder eines Teils (nach dem vorigen Lehrsatz), das ewige und unendliche Wesen Gottes in sich. Daher ist das, was die Erkenntnis des ewigen und unendlichen Wesens Gottes gewährt, allen gemeinsam und gleicherweise im Teil wie im Ganzen. Also wird diese Erkenntnis (nach Lehrsatz 38 dieses Teils) adäquat sein. – W.z.b.w.


Siebenundvierzigster Lehrsatz

Der menschliche Geist hat eine adäquate Erkenntnis des ewigen und unendlichen Wesens Gottes.


Beweis

[142] Der menschliche Geist hat (nach Lehrsatz 22 dieses Teils) Ideen, vermöge deren er (nach Lehrsatz 23 dieses Teils) sich und seinen Körper (nach Lehrsatz 19 dieses Teils) und (nach Zusatz I zu Lehrsatz 16 und nach Lehrsatz 17 dieses Teils) die äußern Körper als wirklich existierend erfaßt. Mithin hat er (nach den Lehrsätzen 45 und 46 dieses Teils) eine adäquate Erkenntnis des ewigen und unendlichen Wesens Gottes. – – W.z.b.w.


Anmerkung

Hieraus sehen wir, daß das unendliche Wesen Gottes und seine Ewigkeit allen bekannt sind.

Da aber alles in Gott ist und durch Gott begriffen wird, so folgt, daß wir aus dieser Erkenntnis sehr viel adäquate Erkenntnis ableiten und so jene dritte Erkenntnisgattung bilden können, von welcher in der 2. Anmerkung zu Lehrsatz 40 dieses Teils die Rede war und deren Vorzug und Nutzen darzulegen im fünften Teil Gelegenheit sein wird. Daß aber die Menschen keine ebenso klare Erkenntnis von Gott wie von den Gemeinbegriffen haben, kommt daher, weil sie Gott nicht wie die Körper vorstellen können und weil sie den Namen »Gott« mit Vorstellungen von Dingen verknüpfen, welche sie zu sehen gewöhnt sind; was die Menschen kaum vermeiden können, da sie fortwährend von äußern Körpern erregt werden.

In der Tat bestehen die meisten Irrtümer darin allein, daß wir den Dingen ihre Benennungen nicht genau anpassen. Wenn z.B. jemand sagt, daß die aus dem Mittelpunkt des Kreises nach der Peripherie gezogenen Linien ungleich seien, so versteht et offenbar unter Kreis – hier wenigstens – etwas anderes als die Mathematiker. Ebenso wenn die Menschen im Rechnen irren, haben sie andere Zahlen im Kopfe, andere auf dem Papier. In Betracht ihres Geistes also irren sie keineswegs. Sie scheinen aber[143] zu irren, weil wir meinen, sie hätten dieselben Zahlen im Kopfe, die auf dem Papier stehen. Wäre dies nicht der Fall, so würden wir nicht glauben, daß sie irren, so wie ich nicht glaubte, daß sich der Mann irrte, den ich neulich ausrufen hörte, sein Hof sei auf das Huhn seines Nachbars geflogen; weil ich nämlich wohl verstand, was er meinte.

Daher rühren auch die meisten Meinungsstreitigkeiten, indem die Menschen ihre Meinung nicht richtig ausdrücken oder die Meinung des andern falsch deuten. Denn tatsächlich ist es so, daß, während sie einander heftig widersprechen, entweder der eine geradeso denkt wie du andere oder der eine an etwas anderes denkt als der andere; so daß die Irrtümer und Widersinnigkeiten, welche bei den andern angenommen werden, gar nicht bestehen.


Achtundvierzigster Lehrsatz

Es gibt im Geiste keinen absoluten oder freien Willen; sondern der Geist wird zu diesem oder jenem Wollen von einer Ursache bestimmt, welche auch wieder von einer andern bestimmt worden ist, und diese wieder von einer andern, und so ins unendliche.


Beweis

Der Geist ist eine gewisse und bestimmte Daseinsform des Denkens (nach Lehrsatz 11 dieses Teils). Daher kann er (nach Zusatz II zu Lehrsatz 17, Teil 1) die freie Ursache seiner Handlungen nicht sein, oder er kann keine absolute Fähigkeit des Wollens und Nichtwollens haben; sondern er muß zu diesem oder jenem Wollen (nach Lehrsatz 28, Teil 1) von einer Ursache bestimmt werden, welche auch wieder von einer andern bestimmt wird, und diese wieder von einer andern usw. – W.z.b.w.


Anmerkung

[144] Auf eben diese Weise wird bewiesen, daß es im Geiste keine absolute Fähigkeit gibt, zu verstehen, zu begehren, zu lieben usw. Woraus folgt, daß diese und ähnliche Fähigkeiten entweder reine Einbildungen oder nichts als metaphysische oder allgemeine Wesen sind, die wir von den besonderen zu bilden gewohnt sind. Es verhalten sich daher Verstand und Wille zu dieser und jener Idee beziehungsweise zu diesem und jenem Wollen geradeso wie die Gattung Stein zu diesem oder jenem Stein oder wie Mensch zu Peter und Paul. Die Ursache aber, weshalb die Menschen frei zu sein glauben, habe ich im Anfang zum ersten Teil auseinandergesetzt.

Bevor ich indes weitergehe, muß ich bemerken, daß ich unter Willen die Fähigkeit zu bejahen und zu verneinen, nicht aber die Begierde verstehe. Ich verstehe, sage ich, hierunter die Fähigkeit, vermöge welcher der Geist, was wahr und was falsch ist, bejaht oder verneint, nicht aber die Begierde, vermöge welcher der Geist die Dinge begehrt oder abstößt.

Nachdem ich aber bewiesen habe, daß jene Fähigkeiten allgemeine Begriffe sind, die sich von den einzelnen, aus denen wir sie bilden, nicht unterscheiden, ist nun zu untersuchen, ob das Wollen selbst noch etwas anderes sei als die Ideen der Dinge selbst. Ich sage, wir müssen untersuchen, ob es im Geiste noch eine andere Bejahung und Verneinung gibt als jene, welche die Idee, sofern sie Idee ist, in sich schließt; worüber man den folgenden Lehrsatz nachsehen mag wie auch die Definition 3 dieses Teils, damit das Denken nicht zum (bildlichen) Vorstellen herabsinke. Denn unter Ideen verstehe ich nicht Bilder, wie sie auf dem Grunde des Auges oder, wenn man will, im Innern des Gehirns sich bilden, sondern Begriffe des Denkens.


Neunundvierzigster Lehrsatz

[145] Im Geiste gibt es kein anderes Wollen oder keine andere Bejahung und Verneinung als jene, welche die Idee, sofern sie Idee ist, in sich schließt.


Beweis

Im Geiste gibt es (nach dem vorigen Lehrsatz) keine absolute Fähigkeit, zu wollen und nicht zu wollen, sondern nur einzelne Willensakte, nämlich diese und jene Bejahung und diese und jene Verneinung. Nehmen wir daher ein einzelnes Wollen oder eine Daseinsform des Denkens, womit der Geist bejaht, daß die drei Winkel eines Dreiecks zwei rechten Winkeln gleich seien. Diese Bejahung schließt den Begriff oder die Idee des Dreiecks in sich, d.h., ohne die Idee des Dreiecks kann sie nicht begriffen werden. Denn es ist einerlei, ob ich sage, daß A den Begriff B in sich schließen muß, oder ob ich sage, daß A ohne B nicht begriffen werden kann. Ferner kann diese Bejahung (nach Axiom III dieses Teils) auch nicht ohne die Idee des Dreiecks sein. Es kann also diese Bejahung ohne die Idee des Dreiecks weder sein noch begriffen werden. Weiter muß diese Idee des Dreiecks eben diese Bejahung in sich schließen, d.h., sie muß in sich schließen, daß seine drei Winkel zwei rechten Winkeln gleich sind. Daher kann auch umgekehrt diese Idee des Dreiecks ohne diese Bejahung weder sein noch begriffen werden. Es gehört also (nach Definition 2 dieses Teils) diese Bejahung zum Wesen der Idee des Dreiecks und ist nichts anderes als eben dieses selbst. – Und was ich von diesem Wollen (das ich ja nur willkürlich gewählt) gesagt habe, gilt auch von jedem andern Wollen, nämlich daß es nichts anderes ist als die Idee. – W.z.b.w.


Zusatz

Der Wille und der Verstand sind eins und dasselbe.


Beweis

[146] Der Wille und der Verstand sind nichts anderes als die einzelnen Willensakte und Vorstellungen (nach Lehrsatz 48 dieses Teils und dessen Anmerkung). Aber das einzelne Wollen und die einzelne Idee sind (nach dem vorigen Lehrsatz) eins und dasselbe. Also sind Wille und Verstand eins und dasselbe. – W.z.b.w.


Anmerkung

Damit habe ich die Ursache, aus der man gewöhnlich den Irrtum entspringen läßt, gehoben.

Ich habe aber oben gezeigt, daß die Falschheit in einem bloßen Mangel besteht, welchen die verstümmelten und verworrenen Ideen in sich schließen. Daher schließt die falsche Idee, sofern sie falsch ist, keine Gewißheit in sich. Wenn ich also sage, der Mensch beruhige sich bei dem Falschen und Zweifele nicht daran, so sage ich darum nicht, daß er dessen gewiß sei, sondern nur, daß er nicht daran zweifle oder daß er sich bei dem Falschen beruhigt, weil keine Ursache vorhanden ist, welche bewirkt, daß seine Vorstellung schwankend wird. Siehe hierüber die Anmerkung zu Lehrsatz 44 dieses Teils. Wenn also der Mensch noch so zäh an dem Falschen hängt, so werden wir darum doch nicht sagen, er sei dessen gewiß. Denn unter Gewißheit verstehen wir etwas Positives (s. Lehrsatz 43 dieses Teils mit der Anmerkung), nicht aber den Mangel des Zweifels. Unter Mangel an Gewißheit aber verstehen wir Falschheit.

Es ist jedoch zur näheren Erklärung des vorigen Satzes etliches zu erinnern. Ferner habe ich noch auf die Einwürfe zu antworten, welche gegen diese meine Lehre erhoben werden können. Endlich halte ich es der Mühe wert, um alle Bedenken zu beseitigen, auf einige nützliche Seiten dieser Lehre hinzuweisen. Auf einige, sage ich; denn die wichtigsten werden besser aus dem, was im fünften Teil ausgeführt wird, erkannt werden.[147]

Ich fange also mit dem ersten an und erinnere die Leser, scharf zu unterscheiden zwischen der Idee oder dem Begriff des Geistes und zwischen den Bildern der Dinge, die wir vorstellen. Weiter ist es notwendig, zu unterscheiden zwischen den Ideen und den Worten, mit welchen wir die Dinge bezeichnen. Denn weil diese drei, nämlich Bilder, Worte und Ideen, von vielen entweder ganz miteinander vermengt werden oder nicht scharf genug oder auch nicht vorsichtig genug unterschieden werden, ist ihnen diese Lehre vom Willen, die doch zu wissen geradezu notwendig ist, sowohl zum reinen Denken als auch zur weisen Einrichtung des Lebens, gänzlich unbekannt geblieben. Weil diejenigen, welche glauben, die Ideen bestünden in Bildern, die in uns durch die Begegnung der Körper entstehen, sich einreden, daß jene Ideen der Dinge, von denen wir uns kein ähnliches Bild machen können, keine Ideen wären, sondern nur Erdichtung, die wir aus freier Willensentscheidung ersinnen; darum betrachten sie die Ideen wie stumme Gemälde an einer Tafel und sehen, von diesem Vorurteil eingenommen, nicht, daß die Idee, sofern sie Idee ist, eine Bejahung oder Verneinung in sich schließt. Diejenigen ferner, welche die Worte mit den Ideen oder mit der Bejahung selbst, welche die Idee in sich schließt, vermengen, glauben, sie könnten etwas wollen, was mit ihrer Wahrnehmung im Widerspruch steht, weil sie etwas, das mit ihrer Wahrnehmung im Widerspruch steht, mit bloßen Worten bejahen oder verneinen.

Diese Vorurteile wird aber der leicht ablegen können, der auf die Natur des Denkens achtet, welche den Begriff der Ausdehnung keineswegs in sich schließt und der demnach klar einsieht, daß die Idee (die ja eine Daseinsform des Denkens ist) weder in dem Bild eines Dinges noch in Worten besteht. Denn das Wesen der Worte und der Bilder wird von bloßen körperlichen Bewegungen gebildet, welche das Begreifen des Geistes keineswegs in sich schließen.

Diese wenigen Erinnerungen hierüber mögen genügen ich gehe darum zu den erwähnten Einwürfen über.[148]

Der erste Einwurf ist, daß man als ausgemacht annimmt, der Wille erstrecke sich weiter als der Verstand und sei daher von ihm verschieden. – Der Grund aber, wegen dessen man glaubt, daß der Wille sich weiter erstrecke als der Verstand, ist folgender: Wir machen, sagt man, an uns selbst die Erfahrung, daß wir, um unendlich vielen Dingen, welche wir nicht erfassen, beizustimmen, keiner größeren Fähigkeit beizustimmen oder zu bejahen und zu verneinen bedürfen, als wir bereits haben, wohl aber einer größeren Fähigkeit des Verstehens. Es unterscheidet sich also der Wille vom Verstand, indem dieser beschränkt ist, jener aber unbeschränkt.

Zweitens kann uns eingewendet werden, daß die Erfahrung nichts deutlicher zu lehren scheint, als daß wir unsere Meinung zurückhalten und den Dingen, die wir begreifen, nicht beistimmen können. Dies wird auch dadurch bestätigt, daß man von niemand sagt, er werde getäuscht, sofern er etwas begreift, sondern nur sofern er beistimmt oder nicht beistimmt. Wer z.B. ein geflügeltes Pferd erdichtet, gibt darum noch nicht zu, daß es ein geflügeltes Pferd gibt; d.h., er hat sich nicht getäuscht, wenn er nicht zugleich annimmt, daß es ein geflügeltes Pferd gibt. Daher scheint die Erfahrung nichts deutlicher zu lehren, als daß der Wille oder die Fähigkeit beizustimmen frei ist und von der Fähigkeit des Erkennens verschieden.

Drittens kann entgegengehalten werden, daß eine Bejahung nicht mehr Realität zu enthalten scheint als eine andere; d.h., daß wir keines größeren Vermögens zu bedürfen scheinen, um zu bejahen, daß etwas wahr sei, was wahr ist, als zu bejahen, daß etwas wahr sei, was falsch ist. Wir machen aber die Wahrnehmung, daß eine Idee mehr Realität oder Vollkommenheit hat als eine andere; denn um so viel ein Objekt die andern an Vorzügen übertrifft, um so viel übertrifft auch seine Idee die Ideen der andern an Vollkommenheit. Auch hieraus scheint sich ein Unterschied zwischen Wille und Verstand zu ergeben.

Viertens kann eingewendet werden: Wenn der[149] Mensch nicht aus freiem Willen handelt, was wird dann geschehen, wenn er im Gleichgewicht ist, wie Buridans Esel? Wird er verhungern und verdursten? Gebe ich dieses zu, so scheine ich einen Esel oder Menschen von Stein, nicht aber einen wirklichen Menschen zu begreifen; leugne ich es aber, so folgt, daß der Mensch sich selbst bestimmt, und er hat also die Fähigkeit, zu gehen und zu tun, wohin und was er will. – Außerdem kann vielleicht noch manches andere eingewendet werden. Da ich aber nicht verpflichtet bin, alle möglichen Träumereien zusammenzutragen, so werde ich nur die erwähnten Einwürfe zu beantworten suchen, und zwar so kurz als möglich.

In bezug auf den ersten sage ich: Ich gebe zu, daß der Wille sich weiter erstreckt als der Verstand, wenn man unter Verstand nur klare und deutliche Ideen versteht. Ich bestreite aber, daß der Wille sich weiter erstreckt als die Auffassung oder die Fähigkeit des Begreifens; und ich sehe wahrlich nicht ein, warum die Fähigkeit des Wollens mehr eine unendliche zu nennen ist als die Fähigkeit des Meinens. Denn so wie wir unendlich vieles (jedoch eins nach dem andern, denn auf einmal kann man Unendliches nicht bejahen) mit derselben Fähigkeit des Wollens bejahen können, so auch können wir mit derselben Fähigkeit des Wahrnehmens unendlich viele Körper (einen nach dem andern nämlich) wahrnehmen oder erfassen. Sagt man aber, es gebe unendlich vieles, das man nicht erfassen kann, so erwidere ich, daß wir eben dieses durch kein Denken und folglich auch durch keine Fähigkeit des Wollens erreichen können. Man sagt je doch, wenn Gott bewirken wollte, daß wir auch das erfassen, so müßte er uns zwar eine größere Fähigkeit der Auffassung, nicht aber eine größere Fähigkeit des Wollens geben, als er uns bereits gegeben hat. Das ist dasselbe, als wenn man sagte: Wenn Gott bewirken wollte, daß wir unendliche andere Wesen verstünden, so wäre es zwar nötig, daß er uns einen größeren Verstand gäbe, nicht aber eine allgemeinere Idee des Seins, als er gegeben hat, um dieselben unendlichen Wesen zu umfassen, denn ich habe gezeigt, daß[150] der Wille ein allgemeines Wesen ist oder eine Idee, mit welcher wir alle einzelnen Willensakte, das ist das, was allen gemeinsam ist, ausdrücken. Da man also diese allen Willensakten gemeinschaftliche oder allgemeine Idee für eine Fähigkeit hält, so ist es durchaus kein Wunder, wenn man sagt, diese Fähigkeit erstrecke sich über die Grenzen des Verstandes hinaus ins unendliche. Denn das allgemeine gilt ebenso von einem wie von vielen und von unendlichen Individuen.

Auf den zweiten Einwand antworte ich damit, daß ich bestreite, daß wir die freie Macht haben, unser Urteil zurückzuhalten. Denn wenn wir sagen, ein Urteil zurückhalten, so sagen wir nichts anderes, als daß der Betreffende sieht, daß er die Sache nicht adäquat erfaßt. Das Zurückhalten des Urteils ist also in Wirklichkeit ein Auffassen und kein freies Wollen. Um dies deutlicher einzusehen, wollen wir einen Knaben annehmen, der ein Pferd vorstellt, aber sonst nichts anderes erfaßt. Da nun diese Vorstellung des Pferdes die Existenz in sich schließt (nach Zusatz zu Lehrsatz 17 dieses Teils) und der Knabe nichts anderes erfaßt, was die Existenz des Pferdes aufhebt, so wird er notwendig das Pferd als gegenwärtig betrachten, und er wird an dessen Existenz nicht zweifeln können, obgleich er derselben nicht gewiß ist. Dies erfahren wir auch tagtäglich im Traum, und ich glaube nicht, daß irgend jemand glaubt, er habe, während er träumt, die freie Macht, sein Urteil über das, wovon er träumt, zurückzuhalten und zu bewirken, daß er das, was er zu sehen träumt, nicht träume. Dennoch kommt es vor, daß wir auch im Traum das Urteil zurückhalten, nämlich wenn wir träumen, daß wir träumen. – Ich gebe ferner zu, daß niemand getäuscht wird, sofern er auffaßt, d.h., ich gebe zu, daß die Vorstellungen des Geistes, an sich betrachtet, keinen Irrtum in sich schließen (s. Anmerkung zu Lehrsatz 17 dieses Teils); aber ich bestreite, daß der Mensch nichts bejahe, sofern er auffaßt. Denn was ist ein geflügeltes Pferd auffassen anders, als bejahen, daß ein Pferd Flügel habe. Denn wenn der Geist außer dem geflügelten[151] Pferde nichts anderes auffassen würde, so würde er dasselbe als sich gegenwärtig. betrachten, und er hätte weder eine Ursache, an dessen Existenz zu zweifeln, noch auch die Fähigkeit, anderer Meinung zu sein, es wäre denn, daß die Vorstellung eines geflügelten Pferdes mit einer Idee verbunden ist, welche die Existenz eines solchen Pferdes aufhebt oder auch, daß er merkt, daß die Idee des geflügelten Pferdes, welche er hat, nicht adäquat ist. In diesem Falle aber wird er entweder die Existenz eines solchen Pferdes notwendig leugnen oder notwendig an derselben zweifeln.

Damit glaube ich auch auf den dritten Einwand geantwortet zu haben, nämlich daß der Wille etwas Allgemeines ist, welches allen Ideen beigelegt wird und nur das bezeichnet, was allen Ideen gemein ist, nämlich die Bejahung, deren adäquates Wesen, sofern sie so abstrakt begriffen wird, deshalb in jeder Idee sein muß und nur in dieser Hinsicht in allen dieselbe; nicht aber, sofern sie als das Wesen der Idee ausmachend betrachtet wird, denn insofern unterscheiden sich die einzelnen Bejahungen ebenso untereinander wie die Ideen selbst. Zum Beispiel die Bejahung, welche die Idee des Kreises in sich schließt, unterscheidet sich von jener, welche die Idee des Dreiecks in sich schließt, ebenso wie die Idee des Kreises von der Idee des Dreiecks. Weiter bestreite ich entschieden, daß wir des gleichen Denkvermögens bedürfen, um zu bejahen, daß wahr sei, was wahr ist, als zu bejahen, daß wahr sei, was falsch ist. Denn diese beiden Bejahungen verhalten sich, wenn man auf den Geist sieht, zueinander wie Sein zu Nichtsein. Denn es ist in den Ideen nichts Positives, was die Form der Falschheit ausmacht (s. Lehrsatz 35 dieses Teils mit seiner Anmerkung und die Anmerkung zu Lehrsatz 47 dieses Teils). Es ist hier deshalb besonders darauf aufmerksam zu machen, wie leicht man sich täuscht, wenn man das Allgemeine mit dem Einzelnen und die Dinge, welche nur in der Vernunft sind, das Abstrakte, mit den wirklichen Dingen vermengt.[152]

Was endlich den vierten Einwand anbelangt, so sage ich, daß ich vollständig zugebe, daß ein Mensch, der sich in einer solchen Gleichgewichtlage befindet (nämlich der nichts anderes als Hunger und Durst und solche Speise und solchen Trank wahrnimmt, die gleich weit von ihm entfernt sind), vor Hunger und Durst umkommen wird. Fragt man mich aber, ob ein solcher Mensch nicht eher für einen Esel als für einen Menschen zu halten ist, so sage ich, daß ich es nicht wisse, wie ich auch nicht weiß, für was ein Mensch zu halten ist, der sich erhängt, und für was Kinder, Toren und Wahnsinnige zu halten sind.

Es erübrigt noch anzugeben, wie nützlich die Erkenntnis dieser Lehre für das praktische Leben ist. Es ist dies leicht aus folgendem ersichtlich:

1. Lehrt sie, daß wir nach der bloßen Willensmeinung Gottes handeln und der göttlichen Natur teilhaftig sind, und das um so mehr, je mehr Vollkommenheit unsere Handlungen haben und je mehr und mehr wir Gott erkennen. Diese Lehre hat also neben dem, daß sie dem Gemüt vollständige Beruhigung verschafft, auch noch das Gute, daß sie uns das lehrt, worin unser höchstes Glück oder unsere Glückseligkeit besteht, nämlich in der bloßen Erkenntnis Gottes, durch welche wir veranlagt werden nur das zu tun, was Liebe und Frömmigkeit heischen. Daraus ersehen wir klar, wie weit jene von der wahren Schätzung der Tugend entfernt sind, die für Tugend und gute Handlungen wie für sehr schwere Dienstleistungen die höchsten Belohnungen von Gott erwarten; als ob die Tugend und der Dienst Gottes nicht selbst schon das Glück und die höchste Freiheit wären.

2. Lehrt sie, wie wir uns gegen die Fügungen des Schicksals oder das, was nicht in unserer Macht steht, das ist, gegen die Dinge, die nicht aus unserer Natur folgen, verhalten müssen, nämlich: das eine wie das andere Antlitz des Schicksals mit Gleichmut erwarten und ertragen; weil ja alles aus dem ewigen Ratschluß Gottes mit derselben Notwendigkeit folgt, wie aus dem Wesen des Dreiecks[153] folgt, daß seine Winkel zwei rechten Winkeln gleich sind.

3. Fördert diese Lehre das gesellschaftliche Leben, sofern sie lehrt, niemand zu hassen, zu verachten, zu verspotten, auf niemand zu zürnen, niemand zu beneiden; und sofern sie weiter lehrt, daß jeder sich mit dem Seinigen begnüge und dem Nebenmenschen hilfreich beistehe, nicht aus weibischem Mitleid, aus Parteilichkeit oder aus Aberglauben, sondern lediglich nach Anleitung der Vernunft, je nachdem es Zeit und Umstände erfordern, wie ich im dritten Teil zeigen werde.

4. Endlich fördert diese Lehre auch nicht wenig das staatliche Gemeinwesen, sofern sie lehrt, auf welche Weise die Bürger zu regieren und zu leiten sind, nämlich so, daß sie nicht knechtisch gehorchen, sondern aus freiem Antrieb das Gute tun.

Damit habe ich erledigt, was ich in dieser Anmerkung zu behandeln mir vorgesetzt hatte, und so schließe ich hiermit diesen unsern zweiten Teil. Ich glaube, darin die Natur des menschlichen Geistes und seine Eigenschaften ausführlich genug und, soweit es die Schwierigkeit des Gegenstandes gestattet, klar auseinandergesetzt und damit solche Sätze aufgestellt zu haben, aus welchen viel Treffliches, höchst Nützliches und zum Wissen Notwendiges geschlossen werden kann; wie sich teilweise aus dem Nachfolgenden ergehen wird.[154]

Quelle:
Spinoza: Ethik. Leipzig 1975, S. 80-155.
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