11. Eule und Phönix

[191] Hui Dsï war Minister im Staate Liang. Dschuang Dsï ging einst hin, ihn zu besuchen.

Da hinterbrachte es jemand dem Hui Dsï und sprach: »Dschuang Dsï ist gekommen und möchte Euch von Eurem Platze verdrängen!«

Darauf fürchtete sich Hui Dsï und ließ im ganzen Reiche nach ihm suchen drei Tage und drei Nächte lang. Darnach ging Dschuang Dsï hin und suchte ihn auf.

Er sprach: »Im Süden gibt es einen Vogel, der heißt der junge Phönix. Ihr kennt ihn ja wohl? Dieser junge Phönix erhebt sich im Südmeer und fliegt nach dem Nordmeer. Er rastet nur auf heiligen Bäumen; er ißt nur von der reinsten Kost und trinkt nur aus den klarsten Quellen. Da war nun eine Eule, die hatte eine verweste Maus gefunden. Als der junge Phönix an ihr vorüberkam, da sah sie auf und erblickte ihn. (Besorgt um ihre Beute) sprach sie: Hu! Hu! – Nun wollt Ihr mich wohl auch von Eurem Staate Liang hinweghuhuen?«

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 191.
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