Anhang.

Die Inschrift von Arausio C. I. L., XII, 1244

(cf. Additamenta eod.).

[279] Das Original des wichtigsten oben links stehenden Fragments der nachstehend wiedergegebenen Inschrift, aus zwei Bruchstücken zusammengesetzt, ist im Besitz des Herrn Professor Hirschfeld und war mir durch dessen Güte zugänglich. Ich habe nur der Massverhältnisse wegen, welche das Corp. Inscr. nicht wiedergibt, das Fragment hier nach einer Abzeichnung abgedruckt, welche also im übrigen nicht eine exakte Reproduktion enthält. Letzteres schien kein Bedürfnis, da die Lesung sicher ist. Das zweite, rechts daneben stehende Fragment aus den Additamenten des Corp. Inscr. hat Herrn Prof. Hirschfeld nur im Abklatsch vorgelegen. Die Massverhältnisse sind mir nicht bekannt. Mir scheint es, wenn dieselben dazu stimmen, höchst wahrscheinlich, dass das Fragment in die Lücke des ersteren, rechts unten, gehört. Die Lesung am oberen Rande ist schwerlich sicher. Ich habe jedoch das Stück nicht eingefügt, da ich mich von seinen Massen nicht habe persönlich überzeugen können. Ist aber die gedachte Kombination richtig, so lautet die Inschrift der dann fast ganz erhaltenen Centurie: S. D. X. C. K. X. Ex tr. XII. col. XCVIII. (XC. VIII.?) Colvarius (col. Varius?) Calid. XX. a. IIX. X. XXVI. n. a. II.[279] XII. Appuleja Paulla XLII. a. IIX. X ..... a. II. XII. Valer. Secundus IV. a. IIX. X. II. (Allerdings ist auffallend, dass auf dem Bruchstück links unterhalb des Querstreifens eine Zeile mehr ist als rechts.) Die Seiten des Rechtecks verhalten sich wie 6 : 5 (14 : 11,6 cm), d.h. wie 24 : 20, wohl nicht zufällig, sondern absichtlich, da eine Aenderung dieses Kartennetzes das Bild des Aquäduktes verschoben hätte. Denn dass der Querstreifen ein solcher ist, scheint mir nach den Inschriftsresten links unten kaum fraglich. Das dritte Fragment, das unten stehende, hat in das Corp. Inscr. nur nach einer früheren Edition aufgenommen werden können, die Lesung scheint korrupt zu sein. – Die wenigen versuchten Ergänzungen rechtfertigen sich wohl von selbst. Der Schrift nach kann die Inschrift der guten Kaiserzeit angehören; da die formae aber auf Erz und Linnen hergestellt waren, ist sie nur Kopie und kann das Original erheblich älter sein. Bei der Interpretation, deren Gelingen von grösster Wichtigkeit wäre für die Steuerverhältnisse und die ganze Aufteilungsart der Kolonien in den Provinzen, ist das dreimalige Wiederkehrendes a. IIX. besonders zu beachten. Gäbe es einen mit a beginnenden Namen eines 10 jugera umfassenden Flächenmasses, so würde das damit stimmen, dass die Centuria offenbar die von Nipsus erwähnte von 240 jugera ist, welche auf steuerbarem Boden (Nipsus bezeichnet diesen einfach mit »ager scamnatus«) vorkommt. Die Zusammenrechnung derjenigen Zahlen, welche nicht mit vorhergehendem a. oder Anhang in Verbindung stehen, ergibt 20 + 12 + 42 + 12 + 4 = 90, also, wenn die Zahl in der zweiten Reihe XC hiesse und die VIII der nächsten Linie zum folgenden col. gehört, diese. Vielleicht bedeutet das a. IIX. die Fruchtquote (octava) vom Ackerlande, woneben dann das durch die Zahlen hinter dem Denar-Zeichen ausgedrückte feste vectigal treten würde, und a. II. (arvum secundum?) das eine (XII =) duodecima oder auch keine Steuern[280] zahlende mindere Land. Dass das a. »asses« aufzulösen sei, hält Mommsen für möglich. Sehr wahrscheinlich ist es wohl immerhin nicht. Jedenfalls möchte ich die zuerst nach den Namen folgenden Zahlen auf den modus agri der Personen beziehen. Es zeigt sich in dem linken Centurienfragment, dass deren Landlose durch mehrere Centurien gehen. Die Eingangswendung ergänzt Mommsen: ex tributario (scil. agro) redactus in colonicum, so dass es sich um den Fall handeln würde, welchen Hygin p. 203 f. behandelte: Umlegung steuerbaren Ackers in römische Vermessungsformen. Dass dabei die Lose verschieden gross gewesen sein müssen, ist klar. Es wird aber überhaupt, das scheint jedenfalls aus den Zahlenangaben der Inschrift hervorzugehen, auf die Bonität Rücksicht genommen (Calidus hat XX und XXVI Den. vectigal, Secundus IV und II Denare). Der Zweck der Kopie ist ebenso dunkel, wie alles, was vorstehend zur Interpretation bemerkt wurde, zweifelhaft ist.[281]

Quelle:
Max Weber: Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht. Stuttgart 1891 (Reprint Amsterdam 1962), S. 279-282.
Lizenz: