Abrichten

[83] Abrichten, verb. reg. act. einer Sache die gehörige Richtung geben, doch mit verschiedenen Nebenbegriffen. 1) Im eigentlichsten Verstande. So bedeutet auf den Eisenhämmern, das Stabeisen abrichten, es völlig gerade richten, welches vermittelst des Abrichthammers auf dem Abrichtstabe oder Abrichtstocke, einer Art eines Amboßes, geschiehet. Die Schienen abrichten, ihnen die gehörige Krümme geben. Bey den Tischlern richtet man ein Bret ab, wenn es so wohl in der Länge als Breite gerade abgehobelt wird. Bey den Börtchern richtet man den Boden ab, wenn man ihn rings herum eben macht. 2) In weiterer Bedeutung, einer Sache die gehörige Richtung zur völligen Bearbeitung geben, besonders durch richtige Abmessung. Dahin gehöret das Abrichten oder Formiren der Buchbinder, wenn nach dem Ansetzen, die gehörige Größe der Schalen eines Buches bestimmt wird; ingleichen abrichten in den Bergwerken das Bü##loch und den Anfall, worein der Stämpel gelegt wird, richtig abmessen. Auch bey den Mäurern wird eine Mauer abgerichtet, wenn sie mit der Getzwage abgewäget wird, damit sie überall wasserrecht bleibe. 3) In figürlicher Bedeutung, die gehörige Fertigkeit beybringen,[83] durch beygebrachte Fertigkeiten geschickt machen, so wohl von Thieren. Einen Jagdhund abrichten. Einen Hund zur wilden Schweinsjagd abrichten. Ein Pferd zur Jagd, einen Vogel zur Beitze abrichten. Als auch von Menschen. Einen Bedienten, einen Lehrling abrichten. Er ist auf seinen Nutzen vortrefflich abgerichtet. Seine Kinder auf das Stehlen, oder zum Stehlen abrichten. Er ist zu aller Bosheit abgerichtet. Daher die Abrichtung in allen obigen Bedeutungen.

Anm. Abrichten gehet in der dritten Bedeutung mehr auf die Fertigkeit, so wie unterrichten mehr auf die Erkenntniß. Abrichten, durch Urtheil und Recht absprechen, von richten, judicare, ist veraltet, so wie verschiedene andere Bedeutungen dieses Zeitwortes, welche beym Haltaus h. v. nachgesehen werden können. Abrichten bedeutet in Preußen auch so viel als beschmutzen, so wie in andern Niedersächsischen Gegenden zurichten.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 83-84.
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