Abwägen

[129] Abwägen, verb. reg. am häufigsten irreg. act. S. Wägen.

1. Das Gewicht einer Sache gehörig bestimmen. 1) Eigentlich. Die Güter abwägen lassen. Ehedem zählte man das Geld nicht ab, sondern man wägte es ab. 2) In weiterer Bedeutung, das Gefälle eines Flusses, den Abhang eines Erdreiches, und überhaupt die horizontale Lage eines Ortes gegen den andern durch die Grund- oder Wasserwage bestimmen, nivelliren. Eine Fläche abwägen. Den Fall des Wasseres mit der Wasserwage abwägen, welches in der Abwägungskunst gelehrt wird. So auch, den Mahlpfahl abwägen, bey den Mühlen. Schächte abwägen, im Bergbaue, anweisen, wie solche von unten und oben gehörig zusammen treffen. 3) Figürlich, das Verhältniß einer Sache gegen die andere genau bestimmen. Alle seine Worte auf der Goldwage abwägen. Die Bewegungsgründe müssen auf das genaueste gegen einander abgewägt werden.


[129] Wäg unser Schicksal ab, sprich, welches heischt mehr Zähern,

Weise.


Der Freund der stets sein Glück nach meinem abgewogen,

Ebend.


2. Nach dem Gewichte abtheilen. Den Soldaten das Brot abwägen. Wäget mir von dieser Waare zehn Pfund ab. So auch die Abwägung.

Anm. Abwägen wird von den meisten eben so irregulär conjugiret als wiegen. Allein es wäre zu wünschen, daß man den Unterschied zwischen den Activis und Neutris in der Conjugation überall so genau beobachtete, als in senken und sinken, tränken und trinken, sprengen und springen, setzen und sitzen und anderen geschiehet. Wägen würde alsdann mit allen seinen Compositis regulär gehen, und bloß die thätige Bedeutung haben, so wie wiegen mit seinen Compositis und mit seiner irregulären Conjugation allein die Mittelgattung ausdrücken würde. Aber alsdann würde abwiegen, welches einige für abwägen gebrauchen, gar keine Bedeutung haben. S. Wägen und Wiegen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 129-130.
Lizenz:
Faksimiles:
129 | 130
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika