Ahnden (2)

[186] 2. Ahnden, verb. reg. act. sein Mißfallen über eine Sache mit Worten oder mit der That zu erkennen geben, eine Sache bestrafen. Das Böse ahnden. Wollen wir diesen Schimpf nicht ahnden? Der Frevel muß an ihm und an den Seinigen geahndet werden. Es ist hier von sehr weitem Umfange, indem es alle Arten der Bestrafung von dem bloßen Verweise an, unter sich begreift, und im letztern Falle im Oberdeutschen eine gelindere Art des Verweises andeutet, als verweisen, obgleich eine stärkere als vorhalten und ausstellen.

Anm. Das vorhin gedachte Aand, Aund, bedeutet in den alten Mundarten nicht allein den Geist, die Seele, das Gemüth, sondern auch alle stärkere Gemüthsbewegungen, besonders aber, 1) des Zornes, des Eifers. So braucht Kero das Hauptwort der Ando, für Zorn, Eifer. Wanda ih iz andon, wenn ich es ahnde, d.i. bestrafe, Notker.


Auf ir drey Haubtlewt tets ir andt,

Theuerd. Kap. 90.


war sie zornig. 2) Der Unlust, des Mißfallens.


Denn mir das anndt thut,

Theuerd. Kap. 58.


es kränket mich.


Herr mich bedünckt euch thu ant

Hierinn also zu liegen still,

Ebend. Kap. 66.


In Baiern ist ahnti und ahndig noch jetzt mürrisch, verdrießlich, und in den gemeinen Mundarten, besonders in Oberdeutschland, ist die R.A. sehr gemein: es thut mir ahnd, es schmerzet mich. 3) Der Sehnsucht, wohin die unter dem großen Haufen aller Provinzen Oberdeutschlandes so bekannte R.A. gehöret: es thut mir[186] ahnd um ihn oder nach ihm. Auch bey den alten Isländern findet man, margum war ant heim, viele sehneten sich nach Hause. 4) Des Wohlgefallens, obgleich etwas seltener. Were es unserm herren ande, wäre es unsern Herren lieb, Minnes.

Wachter, der für jede Bedeutung eines Wortes so gern ein neues Stammwort annimt, leitet ahnden in der Bedeutung des Unwillens, der gerechten Bestrafung von and, ent, gegen, wider, ab. Allein man sieht leicht, wie gekünstelt und gezwungen eine solche Herleitung ausfallen muß. Braucht man für Aand, Aund, Geist, Seele, noch ein Stammwort, so kann man es mit Herrn Ihre ganz füglich zu dem Geschlechte des Griechischen αειν und des Deutschen wehen rechnen; indem die Benennungen des Geistes in den meisten Sprachen von dem Winde, und dem Athem hergenommen sind, Aande auch im Dänischen noch jetzt Athem, und aande athemen bedeutet. Da das erste a in allen diesen Wörtern gedehnt ist, und in einigen Mundarten sogar in den Doppellaut an verwandelt worden: so siehet man leicht, daß das h nach demselben nicht füglich weggelassen werden könne.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 186-187.
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