Albern

[196] Albern, -er, -ste, adj. et adv. 1) * Ein widerwärtiges ausländisches, fremdes Aufsehen habend; eine längst veraltete Bedeutung, welche aber doch die erste ist, wie aus der Anm. erhellet. 2) Den Absichten, den Umständen, und in weiterer Bedeutung der gesunden Vernunft in einem hohen Grade unangemessen, ungereimt. Albern reden, handeln. Ein albernes Geschwätz. Ein alberner Mensch, im gemeinen Leben Meißens, ein Alberling. Es klingt zu albern, wen ich ihnen auf Deutsch sagen wollte, daß ich sie liebe, Dusch. Wenn sie es nun auch gethan hätten, wollten sie wohl so albern seyn, und sich noch dazu auslachen lassen? Gell. Sie können leicht denken, daß ich jetzt eine sehr alberne Figur machte. In einer engern Bedeutung ist albern, Mangel der Beurtheilungskraft bey einem lebhaften Ingenio verrathend und darin gegründet. 3) Einfältig, an gesundem Verstande Mangel leidend. Diese Bedeutung scheinet in der gesellschaftlichen Sprache zu veralten; indessen kommt sie doch in Luthers Bibelübersetzung, und in der höhern Schreibart einiger Neuern vor. Das ist die Glückseligkeit des Thoren, daß ihn der Alberne bewundert, Dusch.


So wohl Weisheit ist, als wo die Albern leben,

Opitz.


Anm. 1. Die Ableitungen dieses Wortes sind insgesamt sehr unglücklich gerathen. Wachter läßt es von bar, bloß, und all, ganz, ganz bloß, d.i. am Verstande, abstammen; Frisch von Alp, Nieders. Alf, Alp, welches bey den alten Deutschen ein jedes Nachtgespenst bedeutete, dem man zuweilen allerley possenhafte Handlungen zuschrieb; andere von dem Westphälischen abel, welches anfänglich fein, klug, witzig bedeutet hat, nun aber mit albern gleich bedeutend ist. Es ist vielmehr aus dem alten al, el, fremd, und bar, Geberde, äußeres Betragen, zusammen gesetzt, (S. in Ansehung des erstern Alefanz und Elend, in Ansehung des letztern aber Geberde,) oder vielmehr, vermittelst der Ableitungssylbe bar, welche eine Ähnlichkeit, oft aber auch eine Anwesenheit, einen Besitz bezeichnet, (S. dieselbe,) von dem vorigen al abgeleitet. Alber bedeutet also ein fremdes Ansehen habend, wie ehrbar, scheinbar, sonderbar, wunderbar, u.s.f. woraus denn die figürliche Bedeutung des Unangemessenen, des Unschicklichen sehr leicht folget. Es erhellet dieses zum Theil aus dem Niedersächsischen, wo elaat, welches daselbst für albern üblich ist, auf ähnliche Art, von el, fremd, und Laat, Gelaat, das Lassen, die Art, wie etwas in die Augen fällt, zusammen gesetzet ist. Daß dieses bar in ber übergegangen, wird wohl keinen Anstoß machen. Eher könnte das angehängte n befremden; zumahl da dieses Wort in der Oberdeutschen Mundart alber ausgesprochen, und durch alle Endungen ohne n declinirt wird. Ein alberer Mensch. Hören[196] sie doch mit diesem alberen Geschwätze auf. Frisch suchte dieses n auch im Hochdeutschen zu verbannen, bedachte aber nicht, daß en, und verkürzt n eine Ableitugssylbe ist, welche unter andern auch häufig den Adjectiven auf el und er angehängt wird: einzeln, wofür die Oberdeutschen auch nur einzel sagen, eisern, ströhern, kupfern, silbern, nüchtern, schüchtern u.s.f. Siehe En.

Anm. 2. Obgleich dieses Wort der Oberdeutschen Mundart vorzüglich ist, so stehet es doch in der Baseler Ausgabe von Luthers neuem Testamente von 1523 mit unter den unbekannten Wörtern, und wird daselbst durch närrisch, fanteschtisch erkläret. Den Niederdeutschen Mundarten ist es ganz fremd, ob sie gleich an andern gleich bedeutenden Ausdrücken reich genug sind. Besonders drucken sie unser albern durch das vorhin schon gedachte elaat und elaatsk aus.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 196-197.
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