Antreten

[396] Antrêten, verb. irreg. (S. Treten,) welches in doppelter Gattung üblich ist.

I. Als ein Activum. 1. Eine Sache durch Treten der andern nahe bringen, oder mit der andern verbinden. Erde an einen Baum antreten. 2. Nahe an etwas treten, doch nur in einigen figürlichen Bedeutungen. 1) Einen antreten, zu ihm treten, um etwas bey ihm anzubringen. Einen um etwas antreten, bitten. Der Herzog tritt sie an und sagt, Less. 2) Anfangen, doch nur in einigen eingeführten Fällen, und mit ausdrücklicher Beyfügung der Sache, welche angefangen wird. (a) Von dem Anfange eines Geschäftes. Eine Reise antreten. Einen Weg, d.i. eine Reise, antreten. Eine Unterhaltung, ein Geschäft antreten. (b) Von der Besitznehmung einer Sache. Ein Amt, einen Dienst, eine Bedienung antreten. Die Regierung antreten. Eine Erbschaft, ein Lehn antreten. (c) Von dem Anfange einer Zeit. Ein neues Jahr antreten. Eine neue Woche antreten. Das funfzigste Jahr seines Alters antreten. Ehedem war antreten in dieser Bedeutung in weit mehrern Fällen üblich, und in Oberdeutschland sagt man noch jetzt: einen Tanz, einen Reihen, einen Sturm antreten u.s.f. wo man im Hochdeutschen lieber anfangen gebraucht.

II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, nahe an etwas treten. Ich bin nahe an die Wand angetreten. Ingleichen, heran treten, auf welche Art die Vogelschützen dieses Verbum von den ankommenden wilden Vögeln gebrauchen, wenn sie antreten, d.i. sich auf die um den Vogelherd befindlichen Antritte setzen. In der Fechtkunst bedeutet antreten, absolute, den Anfang mit Fechten machen, weil man alsdann seinem Gegner wirklich näher tritt. Ferner figürlich, den Besitz einer Sache, oder die Ausübung eines Amtes anfangen, gleichfalls nur absolute. Er ist bereits angetreten, hat sein Amt bereits angetreten. Er wird bald antreten. Wenn das Nennwort beygefüget wird, so bekommt antreten auch die oben bemerkte thätige Eigenschaft wieder.

Anm. Ehedem wurde dieses Verbum auch für betreffen, anlangen, gebraucht. Das Hauptwort die Antretung, ist in der eigentlichen Bedeutung des Activi am üblichsten, in den figürlichen bedienet man sich lieber des Antrittes.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 396.
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