Atlaß (1), der

[458] 1. Der Átlaß, des Átlasses, plur. die Átlasse, oder der Atlánt, des -en, plur. die -en, ein Wort, zu welchem die fabelhafte Geschichte von dem alten Könige Atlaß in Afrika Anlaß gegeben hat, und welches gegenwärtig noch in einem dreyfachen Verstande gebraucht wird. 1) In der Baukunst verstehet man unter Atlanten menschliche Bildsäulen, welche statt der Säulen gewisse Gesimse tragen müssen. In dieser Bedeutung sagt schon Fridegod in dem Leben des heil. Wilfrieds, Saec. 3 Benedict. Th. 1, S. 180:


Pondus et informes Atlantes ferre priores,

Inussit et expletum.


2) In der Zergliederungskunst wird das erste Wirbelbein des Halses der Atlaß, oder Atlant genannt, weil es das mit seinen zwey Höhlen auf ihm liegende Haupt gleichsam träget. 3) In der Erdbeschreibung heißt eine Sammlung von Landkarten gleichfalls ein Atlaß oder Atlant; eine Benennung, welche Gerhard Mercator, ein bekannter Erdbeschreiber des sechzehnten Jahrhundertes, aufbrachte, der sein geographisches System zuerst seinen Atlaß nannte. Von dem Könige Atlaß hat auch das Atlántische Meer seinen Nahmen, d.i. der Theil des großen Weltmeeres zwischen Afrika, Europa und Amerika.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 458.
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