Aufgehen

[494] Aufgehen, verb. irreg. neutr. (S. Gehen,) welches das Hülfswort seyn zu sich nimmt.

1. In die Höhe gehen, herauf gehen, sich aufwärts bewegen oder beweget werden. 1) In eigentlicher Bedeutung. In der Stube auf und ab gehen; wo es doch eigentlich keine Zusammensetzung ausmacht. 2) In weiterer Bedeutung, von verschiedenen theils eigenen, theils fremden Bewegungen in die Höhe. (a) Von den Himmelskörpern, besonders der Sonne, über dem Horizonte sichtbar werden. Die Sonne geht auf. Der Mond ist bereits aufgegangen. Ich fühle zu sehr, daß die Sonne, die jetzt versinkt, nie wieder über mir aufgehen wird, Dusch. Am Morgen, wenn der östliche Himmel von den Strahlen der aufgehenden Sonne im Golde glühet, ebend. Figürlich, auch von dem Tage. Mehr als einzelne Tage werden über mein Grab und deinen Kummer aufgehen, Dusch. Von dem Lichte. Es gehet mir ein Licht in dieser Sache auf, ich lerne sie einsehen, bekomme deutliche Begriffe von derselben. Ingleichen von der blühenden Farbe des Gesichtes, in der höhern Schreibart.


Auf ihren frischen Wangen

War ohne Sorg und Gram, die Jugend aufgegangen,

Zachar.


(b) Von dem Staube, dem Nebel, dem Rauche, dem Feuer, sich erheben, in die Höhe steigen. Es gehet ein Nebel auf. Der Staub ging auf. Es gehet ein Rauch auf. Es ist ein Feuer aufgegangen, entstanden. Ingleichen figürlich, im Feuer, im Rauche aufgehen, verbrennet werden. Das Haus ist im Rauche aufgegangen. Die ganze Stadt ging im Feuer auf. (c) Von dem Wasser, aufquellen, herauf steigen, doch nur in den Bergwerken. Die Wasser sind aufgegangen, sind gestiegen, und haben die Bergleute vertrieben. (d) Von den Pflanzen und Gewächsen, wenn der Keim derselben über der Erde sichtbar wird. Das Getreide, der Same, die Blumen, sind bereits aufgegangen. (e) Durch eine innere Gährung ausgedehnet werden. Der Teig gehet auf, will nicht aufgehen.

2. Geöffnet werden, so wohl durch innere Kraft, als durch äußere Gewalt. a) Von Thüren, Fenstern u.s.f. Die Thür ging auf, wurde geöffnet, sprang von selbst auf. Das Fenster will nicht aufgehen, will sich nicht öffnen lassen. Das Schloß will nicht aufgehen. b) Aufbrechen. Das Eis ist bereits aufgegangen. Das Wetter gehet auf, wenn Thauwetter eintritt. Figürlich. Das Geschwür, die Wunde ging auf. c) Aufgelöset werden, nachlassen. Der Knoten ging auf. Die Naht ist aufgegangen. d) Aufblühen, von Blüthen und Knospen. So schön ist nicht die aufgehende Rose im Frühlinge. Wenn die Blumen abgefallen sind, so zerstreuen sich die Schmetterlinge, und suchen eine jüngere, die erst frisch aufgegangen ist, Dusch.[494]

e) Figürlich. Es gehen mir die Augen auf, ich lerne die Sache nach ihrer wahren Beschaffenheit einsehen, bekomme deutliche Begriffe davon. Sie hatte kaum die Augen zugethan, als mir die meinigen aufgingen, Less. Ich hoffe, daß ihm die Augen zu ihrem Besten aufgehen werden.

3. Verbraucht werden. a) Es ist heute viel Holz bey uns aufgegangen. Er ließ vielen Wein aufgehen. Da wird vieles Getreide aufgehen. Ingleichen Aufwand machen, Aufwand haben. In diesem Hause gehet jährlich viel auf. Er läßt viel, wenig aufgehen. b) Es gehet gerade auf, es bleibt nichts übrig. Vier von vier gehet auf, in der Rechenkunst.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 494-495.
Lizenz:
Faksimiles:
494 | 495
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika