Aufreißen

[518] Aufreißen, verb. irreg. (S. Reißen,) welches in doppelter Gattung üblich ist.

I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, aufgerissen werden, sich durch einen Riß öffnen. Die Breter reißen auf. Die Naht ist aufgerissen.

II. Als ein Activum. 1) Mit einem Risse öffnen. Eine Naht aufreißen. In weiterer Bedeutung, schnell und mit einer Art von Gewalt öffnen. Die Thür, das Fenster aufreißen.


Doch ein Geräusch entsteht, die Thür wird aufgerissen,

Haged.


Mit Krachen öffnen sich die aufgerißnen Flügel (des Schrankes), Zachar. Eine Wunde wieder aufreißen. Die Erde aufreißen, mit der Hacke aufhauen, welches in den Weinbergen die erste Arbeit in das Erdreich ist. Ingleichen figürlich, weit aufsperren. Das Maul aufreißen, wodurch man in Oberdeutschland das Gähnen ausdruckt.


– Einen Drachen

Mit funfzig aufgerißnen Feuer speynden Rachen,

Raml.


2) In die Höhe reißen, schnell in die Höhe heben: ingleichen als ein Reciprocum, schnell auffahren. Ich riß mich schnell aus meinem Tiefsinne auf, ihr entgegen zu gehen, Dusch. Die Tuchmacher reißen das Tuch auf wenn sie es mit der Karde rauhen, den Unrath des Filzes heraus zu reißen, wo aber auch die vorige Bedeutung Statt findet. 3) Von reißen, zeichnen,[518] bedeutet aufreißen, einen Aufriß von einem Gebäude verfertigen, es abbilden, wie es von außen aussiehet, wenn man gerade vor demselben stehet, S. Aufriß. In der Wapenkunst ist aufreißen auch so viel, als ein Wapen visiren, blasoniren, oder es aufzeichnen. So auch die Aufreißung in den Bedeutungen des Activi.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 518-519.
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