Ausnehmen

[619] Ausnehmen, verb. irreg. act. S. Nehmen, aus einem Orte nehmen, heraus nehmen. 1. Eigentlich. Vögel ausnehmen, aus dem Neste. Einen Zahn ausnehmen, ausziehen. Das Eingeweide ausnehmen, aus einem Thiere. Noch mehr aber[619] metonymisch, besonders von Fischen und Vögeln. Einen Fisch, ein Huhn u.s.f. ausnehmen. Waaren ausnehmen, sie auf Credit kaufen.

2. Figürlich. 1) Ausschließen, eine Sache nicht mit unter den übrigen verstanden haben wollen. Eine Pflicht, von welcher niemand ausgenommen ist. Ich nehme niemanden aus, ich behaupte meinen Satz allgemein. Ich nehme nichts aus. In dieser Bedeutung wird das Particip. Passiv. ausgenommen zuweilen als eine Partikel gebraucht, in welchem Falle sie am liebsten den Accusativ vor sich hat. Diese Pflicht verbindet einen jeden, keinen ausgenommen. Andere Wortfügungen, z.B. mit der Endung des vorher gehenden Zeitwortes; ingleichen mit den Partikeln daß, wo u.s.f. klingen im Hochdeutschen hart, und werden lieber auf andere Art ausgedruckt; z.B. er hat einem jeden etwas geschenket, ausgenommen mir nicht, für, nur mir nicht; ich bin überall gern, ausgenommen wo man mich nicht gerne siehet.

2) Sich ausnehmen, sich von andern Dingen seiner Art, besonders durch das äußere Ansehen, auf eine vorzügliche Art unterscheiden. Dieser Zeug nimmt sich vortrefflich aus, hat ein schönes Ansehen.

Mit schmaler Gestalt, durch keine Kleidung erkünstelt,

Nimmt sie unter den Nymphen sich aus, Zachar.

Hierher gehöret auch das Particip Activi, ausnehmend, welches, besonders in Obersachsen, häufig für vorzüglich gebraucht wird, was sich auf eine besondere Art ausnimmt. Ein ausnehmender Trost. Ein ausnehmendes Lob. Sagst du es ihm denn selbst, daß du ihn so ausnehmend liebst? Gell. Ich bin mit ausnehmender Hochachtung, u.s.f. ebend. Ich freue mich ausnehmend, ebend. Laß dir das einen Bewegungsgrund seyn, deinen Eifer durch ausnehmende Thaten sichtbar zu machen, Dusch. Ehedem gebrauchte man dafür das Particip. Passiv. in der ersten figürlichen Bedeutung des Zeitwortes ausnehmen.


Ein Pfaff an Chunst volchomen

Und an Weishait auzgenommen,


in der alten Chronik, in den Beyträgen zur kritischen Hist. der Deutschen Sprache, B. 1, S. 594.

Das Hauptwort die Ausnehmung ist nur in der ersten eigentlichen Bedeutung, in der ersten figürlichen aber die Ausnahme üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 619-620.
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