Ausreden

[624] Ausrêden, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.

I Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1) Wie das einfache reden, Worte und Töne von sich geben, im gemeinen Leben. Er ist so heiser, daß er kaum ausreden kann; welches vielleicht der einzige Fall ist, in welcher es in dieser Bedeutung gebraucht wird. 2) Eine Rede zu Ende bringen. Einen nicht ausreden lassen. Laß mich nur ausreden. Haben sie bald ausgeredet?

II. Als ein Activum. 1) Mit Worten gehörig ausdrucken, vollkommen beschreiben. Welche Zunge wird das ausreden können? Wer will seines Lebens Länge ausreden? Ef. 57, 8. In welcher Bedeutung bey dem Ottfried irredinon vorkommt. 2) Leer reden, alles sagen, was man weiß. Wenn man sich zu sehr ausredet, ist man in Gefahr, matt zu werden. Wenn wir unser Herz ausgeredet haben, Gell. 3) Aus dem Sinne reden, durch Worte von etwas abbringen, im gemeinen Leben. Einem eine irrige Meinung, ein böses Vorhaben ausreden. Er läßt sich nichts ausreden.


Und beyde sich den Urquell Fehden

Den Ehstand ewig auszureden,

Michael.


4) Sich ausreden, sich durch Worte von einer Schuld oder Verbindlichkeit zu befreyen suchen, sich entschuldigen. Sich mit etwas ausreden. Er redet sich immer mit einem andern aus, schiebt die Schuld auf einen andern. Aber, einen bey jemanden ausreden, für entschuldigen, ist nur in Oberdeutschland üblich.

Anm. Ausreden für aussagen, bekennen, ingleichen für ausplaudern, sind gleichfalls nur der Oberdeutschen Mundart eigen. Das Substantiv die Ausredung ist wenig gebräuchlich; indessen kommt es doch zuweilen in der zweyten und dritten Bedeutung des Activi vor. In der vierten Bedeutung ist ausreden nach dem Latein. excusare gebildet, in welchem man das im Hochdeutschen veraltete kösen, kosen und kusen, reden, nicht verkennen kann.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 624.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: