Bōrt, das (der)

[1130] Das oder der Bōrt, des -es, plur. die -e, ein altes Wort, welches den Rand eines jeden Dinges bedeutet. 1) Eigentlich. Das Bort (der obere Rand) eines Gefäßes. Etwas mit einem Borte, oder Rande versehen. Der Bort an den Salzpfannen, der obere Rand derselben. Auch das Ufer eines Flusses, Sees u.s.f. wird ein Bort genannt. Das Wasser an dessen blumigen Bort sie oft schlummert, Geßn. Am Ufer, wo kleine Wellen das Bort schlagen, ebend.


Am blumenvollen Bort des fließenden Krystalls,

Wiel.


Im Hochdeutschen kommt es in dieser Bedeutung seltener vor, häufiger im Oberdeutschen, wo es oft die Borte lautet; S. dieses Wort. Am häufigsten findet man es im Hochdeutschen, obgleich auch nur nach Anleitung der Niedersachsen, von dem obern Rande eines Schiffes, wo es aber am häufigsten indeclinabel und ohne Artikel gebraucht wird. Ein Schiff von hohem Borte, ein Kriegesschiff, und in noch weiterer Bedeutung, ein jedes Schiff, welches auf der See gehet. Ein Schiff von niedrigem Borte, ein Handelsschiff, ingleichen ein Flußschiff. Etwas über Bort werfen, es in die See werfen. Über Bort fallen, springen, u.s.f. 2) Figürlich, das Schiff selbst; doch nur in einigen Ausdrücken. An Bort gehen, zu Schiffe gehen. Zu einem an Bort gehen, oder kommen, auf dessen Schiff gehen. An Bort bringen, einschiffen. An Bort legen, sich mit seinem Schiffe so nahe an das andere legen, daß man hinein springen kann. Am Bort des Admirals-Schiffes, auf dem Admirals-Schiffe. Die Französische Sprache hat noch mehrere ähnliche Redensarten, welche aber im Deutschen niedrig klingen, wenn sie von ungeschickten Übersetzern beybehalten werden; z.B. sortir de son bord, aus seinem Borte gehen, für aus seinem Schiffe gehen.

Anm. Im Hochdeutschen ist dieses Wort im männlichen Geschlechte am üblichsten; doch wenn es von dem Rande eines Schiffes oder dem Schiffe selbst gebraucht wird, wird ihm zuweilen das ungewisse beygeleget, das Bort, welches auch in den zusammen gesetzten Backbort und Strybort am häufigsten ist. In eben dieser und den verwandten nordischen Mundarten bedeutet dieses Wort noch: 1) Ein Bret, etwas darauf zu setzen. Ein Bücherbort, ein Bücherbret. Diese Bedeutung hat so wohl das alte Goth. Baurd, als auch das Wallisische Bord, Biord, das Schw. Bord, das Engl. Board, und das Dän. Bord. Von dieser Bedeutung rühret es vermuthlich noch her, daß auch in den Salzwerken die eisernen Bleche, woraus die Salzspannen bestehen, Borte genannt werden. 2) Einen Tisch, welche Bedeutung sich noch bey dem Schwed. Bord, dem Angels. Board, und dem Dän. Bord befindet. 3) Ein Haus, S. Bordell. 4) Das Äußerste eines jeden Dinges, welches die erste Bedeutung zu seyn scheinet, wenigstens die gemeinste ist, die sich aber nur noch in dem Schwed. Bord, dem Isländ. Bard, und dem Ital. Bordo erhalten hat. So fern es den Rand eines Schiffes, und das Schiff selbst bedeutet, lautet es im Franz. Bord, im Holländ. Boord, und im Engl. Board. Bording bedeutete in Niedersachsen ehedem ein Fahrzeug. Es ist ungewiß, ob dieses Wort von Ort, das Äußerste eines Dinges, mit dem vorgesetzten B, oder von bor, empor, hoch, und bären, heben, weil der Rand einer Sache gemeiniglich erhaben zu seyn pfleget, oder von einem andern Stammworte herkommt. So fern es das Ufer bedeutet, hat[1130] es zu dem Engl. to board, anländen, und zu dem Ital. abbordare, und Franz. aborder, annähern, Anlaß gegeben; ja es stehet dahin, ob nicht das Lat. Portus, ein Hafen, selbst davon herkommt. S. Börde, Borte und Bret. Die Niedersachsen haben in diesem Worte ein d, welches auch viele Hoch- und Oberdeutsche beybehalten, vermuthlich den gedehnten Ton des Wortes dadurch zu bezeichnen, daher man aus eben derselben Ursache ehedem auch Pabst und Probst schrieb. Allein da diese Analogie längst veraltet ist, und in der Verlängerung des Wortes, wenigstens im Hochdeutschen, das t sehr merklich ist, so schreibt man es lieber mit diesem.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1130-1131.
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