Breit

[1179] Breit, -er, -este, adj. et adv. welches eine Art der körperlichen Ausdehnung im Gegensatze der Länge und Dicke ausdruckt.

1. Eigentlich, da dieses Wort, 1) die Ausdehnung überhaupt bezeichnet, ohne Rücksicht auf deren Umfang. In diesem Verstande wird es mit den Zahlwörtern, und den Beywörtern kein, einige, viel, wenige u.s.f. ingleichen in Vergleichung, und zwar als ein Nebenwort gebraucht. Das Tuch ist zwey Ellen breit. Der Fluß ist eine Viertelmeile breit. Der Rand ist zwey Finger breit. Keine Hand breit. Es war nur wenige Zoll breit. Es ist so breit, als es lang ist. Dieser Weg ist breiter als jener, aber der da ist doch der breiteste.


Kein Fuß breit (nehmlich Landes) steht daselbst dir ohne Waffen offen,

Schleg.


Im Oberdeutschen wird dieses Wort mit der zweyten Endung des Substantives verbunden, welches auch noch in einigen Hochdeutschen Redensarten üblich ist. Einer Elle breit. Nicht eines Fingers breit von seiner Meinung abgehen. Breit ist in dieser Bedeutung nur als ein Nebenwort üblich; es klingt daher unangenehm, wenn man zuweilen höret, ein drey Finger breiter Rand, ein zwey Ellen breites Tuch. Nur der Superlativ kann füglich als ein Beywort gebraucht werden. Wenn der Bergmann die Breite eines Ganges bezeichnen will, so gebraucht er dafür mächtig, und die Werkleute drucken die Breite eines Hauses durch gespannt aus. S. Mächtig und Spannen.

2) Was sehr breit ist, eine beträchtliche Breite habend, als ein Bey- und Nebenwort. Ein breites Feld, welches sehr breit ist. Das Tuch ist breit, im Gegensatze dessen, das schmal ist. Ein breiter Graben. Ein breiter Rand. Der Weg, der Fluß ist nicht breit. Weit und breit, im gemeinen Leben, in einer großen Entfernung. Er ist weit und breit bekannt. Man spricht weit und breit von ihm.


Sie schlief, und weit und breit

Erschallten keine Nachtigallen,

Less.


2. Figürlich. 1) * Für viel, doch nur im Oberdeutschen und in einigen Fällen. Wir haben solches des breitern Inhaltes vernommen, d.i. umständlich, ausführlich. 2) Sich breit machen, im gemeinen Leben, stolz, vornehm thun. Sich mit etwas breit machen, sich dessen rühmen.


[1179] Liebes Mädchen laß dich küssen,

Sagt ich zärtlich zu Clarissen;

Doch das Mädchen that ganz breit;

Ey wer küßt die ganze Zeit?

Zachar.


Man könnte auf die Gedanken gerathen, daß breit in dieser Bedeutung zu dem alten Nordischen pride, geziert, prächtig, gehöre, von welchem in der 87ten Fabel der Schwäb. Dichter breit für herrlich vorkommt; wenn es nicht glaublicher wäre, daß es hier eine bloße buchstäbliche Übersetzung des Latein. elatus ist. Denn so übersetzt Kero nicht nur elatus durch preiter, sondern auch elationis, des Stolzes, durch Preitii. S. indessen auch Spröde. 2) * Jemanden breit schlagen, im niedrigen Leben, dessen Gutwilligkeit mißbrauchen, oder nur nützen. 3) Die breite Aussprache mancher Oberdeutschen Mundarten, welche für ä, ö und ü gerne a, o und u sprechen, fugen für fügen. Im Nieders. ist breit sprechen, so viel als platt. Die Hamburger sprechen daselbst breiter als die Pommern.

Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Ottfried breit, bedeutet aber bey ihm auch geräumig, ingleichen zahlreich: Skara silu breita, eine große Schaar, B. 4. Kap. 16. Im Nieders. lautet es breed, in einigen Oberdeutschen Mundarten brad, in Steiermark prat, im Angels. brad, bey dem Ulphilas braid, im Engl. broad, im Schwed. bred, im Isländ. breidur, im Dän. breed. Das Griech. πλατυς, das Latein. latus, und das Deutsche platt und Blatt, sind wegen der gewöhnlichen Verwechselung des l und r genau damit verwandt. S. auch Bret.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1179-1180.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika