Dohle (1), die

[1509] 1. * Die Dohle, plur. die -n, ein im Hochdeutschen unbekanntes, in den gemeinen Mundarten Ober- und Niederdeutschlandes aber sehr häufiges Wort, einen Canal, einen Graben, zur Ableitung des Wassers und anderer Feuchtigkeiten, eine Abzucht, anzudeuten. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort Dole, Dolle, Tole. In den Monseeischen Glossen wird Dolun durch cloacas erkläret. Im Nieders. ist Dole eine kleine Grube, welche als ein Merkmahl[1509] auf den Äckern aufgeworfen wird. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist dieses Wort männlichen Geschlechtes, der Dohl. Im Wallisischen ist Twll, ein Loch, eine Grube, welche Bedeutung auch das Goth. Daly, das Schwed. Tull, das Pohln. Dol, das Böhm. Dulek und das Engl. Till hat. S. Dille. Im mittlern Lateine kommt Dola für einen niedrigen am Wasser gelegenen Acker vor, und auf dem Lande um Leipzig und in Meißen ist Dölle oder Tölle, eine niedrige Stelle in einem Acker, in welcher sich in nassen Jahren das Wasser sammelt; S. Thal und Teller. Du Fresne führet bey dem Worte Dolium folgende Stelle aus einer Urkunde von 1191 an: Decretum est quod Domini de Vico habeant in perpetuum medietatem pulmenti, et quod Praepositio et ecclesiae Magalonensi remaneat salvum in perpetuum totum pulmentum, seu usaticum dolii Gradus; quod dolium ita interpretatur, quantum durant undique littora maris, id est, quantum durat canalis a mari usque ad stagnum. Er weiß dabey nicht, was er aus dem Worte dolium hier machen soll, und möchte es gern für einen Fehler des Abschreibers halten, der dolium für Dnium, d.i. Dominium, gelesen. Allein es ist deutlich genug, daß es unser Wort Dohle ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1509-1510.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika