Dreist

[1542] Dreist, -er, -este, adj. et adv. 1) Eigentlich, kühn, beherzt, keine Gefahr scheuend. So nennt man besonders denjenigen dreist, welcher sich nicht vor den Gespenstern fürchtet. 2) Im Hochdeutschen gebraucht man dieses Wort am häufigsten noch von dem beherzten Betragen in dem gesellschaftlichen Umgange, welches aus einem guten Vertrauen auf sich selbst herrühret, im Gegensatze des furchtsam, schüchtern, blöde. Der Mensch ist in Gesellschaften nicht dreist genug, er ist gar zu blöde. Ein dreistes Kind. Ich habe ihm sehr dreist die Wahrheit gesagt. Darüber spottete sie und sagte dreist, sie hätten Unrecht, Gell. Zuweilen auch im nachtheiligen Verstande, für unverschämt. Er war noch so dreist, mir die Sache in das Gesicht zu läugnen. Das ist sehr dreist.

Anm. Dreist lautet im Nieders. driest, im Angels. thryste, im Schwed. und Dän. dristig. In den ältern Denkmahlen der Oberdeutschen Mundarten kommt es nicht vor daher es den Sachsen vorzüglich eigen zu seyn scheinet. Die Oberdeutschen gebrauchten dafür durstig, so fern es von dürfen herkommt. Beyde Wörter haben indessen eine gemeinschaftliche Quelle und scheinen bloß durch die Versetzung aus einander entstanden zu seyn, welche Versetzung sich schon in dem Griech. θαρσος, kühn, findet, für welches man auch θρασος sagte, von θαρρειν, dürfen. S. Dürfen, Durstig, Getrost, Tröstlich. Im Bremischen bedeuten dikdräsig, und dikdräfst, von dräfen, dürfen, gleichfalls kühn.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1542.
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