Entfremden

[1822] Entfrêmden, verb. reg. act. 1) Entfernen, eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Sie sind entfremdet von dem Leben, das aus Gott ist, 1 Tim. 5, 6. Und meine Bekannten werden von mir entfremdet, Hiob 19, 13, nach der Michaelischen Übersetzung. Bey den Schwäb. Dichtern kommt das einfache fremden in diesem Verstande so wohl active, als auch als ein Neutrum für meiden, entfernet seyn, vor. Es tuot ir froemden mir so we, Rudolph von Rothenburg. Sin froemden tuot mir den tot, Reinmar der Alte. Das ich si froemde, ebend. 2) Entziehen. Das si di guote enpfremde mir ir steten minne, Friedr. von Husen. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur noch für entwenden, als einen gemilderten Ausdruck für das härtere stehlen. Einem etwas entfremden. Die Sache ist mir entfremdet worden. Aber, ich bin der Kleider entfremdet worden, für beraubet, wie es bey Hans Sachs heißt, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. So auch die Entfremdung.

Anm. In dem ersten Verstande erhält dieses Wort noch die ursprüngliche Bedeutung des Wortes fremd, nach der es so viel als fern ist, von welchem Worte es auch abstammet. S. Fremd.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1822.
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