Entzücken

[1843] Entzücken, verb. reg. act. wegzücken, d.i. wegziehen, eigentlich das Intensivum des vorigen, welches aber nur figürlich gebraucht wird. 1) Des Bewußtseyns berauben, und zugleich in den Zustand übernatürlicher Empfindungen versetzen, gleichsam jemanden sich selbst entziehen, in welchem Verstande aber nur das Mittelwort entzückt üblich ist. So ward Petrus entzückt, Apostelg. 10, 10. Paulus bis in den dritten Himmel, Kap. 22, 17; und in das Paradies, 2 Cor. 12, 2, 4. 2) In weiterer Bedeutung, von angenehmen Empfindungen, wenn sie uns gleichsam das Bewußtseyn unser selbst rauben, den höchsten Grad des Vergnügens auszudrucken; da es denn nach einer sehr gewöhnlichen Vergrößerung auch von geringern Graden des Vergnügens gebraucht wird. Die Musik hat mich ganz entzückt. Die Schönheit des Mädchens entzückt ihn. Er ist ganz entzückt vor Vergnügen. Ein entzückendes Vergnügen, eine entzückende Schönheit u.s.f. Ein entzückter Liebhaber. So bald ich dich gesehen, so hast du mich entzückt, Gell. So auch das Entzücken, plur. car. der Zustand, da man den höchsten Grad des Vergnügens empfindet, zum Entzücken schön; und die Entzückung, plur. die -en, so wohl von dem Zustande einer übernatürlichen Empfindung, Ecstasis, als auch von den Empfindungen eines großen sinnlichen Vergnügens.

Anm. In der eigentlichen Bedeutung für entziehen ist dieses Wort noch im Oberdeutschen üblich. Einem seine Nahrung entzücken. Auch Gryphius singt noch:


Warum entzückst du mich nicht ganz und gar zu dir?


d.i. ziehest. In der ersten heutigen Bedeutung kommt das einfache zucchan schon bey dem Notker vor. Aber eben derselbe nennet eine Entzückung noch ein Hinauuorten des muotes, und an einem andern Orte ein Hinairbrottini. Das letztere ist noch das heutige Norische Hirnbrüten, welches einen mit Handlungen verbundenen Mangel des Bewußtseyns, besonders das Fantasiren in hitzigen Krankheiten bedeutet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1843.
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