Erben

[1859] Êrben, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist. I. Als ein Activum. 1) * Den eigenthümlichen Besitz einer Sache überkommen, in welcher veralteten Bedeutung dieses Wort noch in der Deutschen Bibel und der biblischen Schreibart üblich ist. Daß er ihn den Stuhl der Ehren erben lasse, 1 Sam. 2, 8. Das Land, darein ihr kommt, zu erben, ist ein unrein Land, Esr. 9, 11. In der Ernte, wenn du die Mandeln sollt erben, Es. 17, 11. S. das Erbe 2. 2) Eines Verstorbenen Güter eigenthümlich bekommen, in welchem Sinne dieses Wort am üblichsten ist. Ein Landgut, einen Garten erben. Wer wird die großen Reichthümer einmahl erben? Etwas von einem erben. Ingleichen figürlich, durch die Zeugung, mit der Geburt überkommen, von Eigenschaften und Umständen des Leibes und des Gemüthes. Er hat den Geitz von seinem Vater, die Wollust von seiner Mutter geerbt. Er hat diese Krankheit von seinen Ältern geerbt. Schwed. ärfwa, Nieders. arven. Wofür auch zuweilen ererben üblich ist. 3) Als ein Erbtheil übertragen, nachlassen; wofür doch vererben gebräuchlicher[1859] ist. Er soll sein eigen Gut auf seine Kinder erben, Ezech. 46, 15. Ihr Nahme wird gepreiset in ihren Kindern, auf welche er geerbet ist, Sir. 16, 15. Haus und Güter erben die Ältern, aber ein vernünftig Weib kommt von Herrn, Sprichw. 19, 14.


Mine kinde wil ich erben dise not,

Heinr. von Morunge.


Eben diese Bedeutung hatte ehedem auch das Nieders. arven. Myn Landt – alse idt myn Vader my ervet hefft, in einer Urkunde von 1398. S. Beerben 3.

II. Als ein Neutrum, 1. mit dem Hülfsworte haben. 1) Eines Erbe seyn, von einem erben, mit der vierten Endung der Person. Jemanden erben. Er hat seinen Vetter geerbt. Dein Same wird die Heiden erben, Es. 54, 3. Auch wenn der Erbfall noch künftig ist. Wer erbt ihn? wer ist einmahl sein Erbe? S. Beerben 2. 2) * Jemanden zum Erben haben, eine veraltete Bedeutung. Der Todte erbt den Lebendigen, ein bekanter rechtlicher Satz. 2. Mit dem Hülfsworte seyn, als ein Erbgut zu Theile werden; ingleichen, erblich fortgepflanzet werden. Die Güter erben auf ihn, als ein Erbtheil auf ihn. Diebische Art erbet ins Geschlecht. Sprichw. Kunst erbet nicht. Herren Gunst erbet nicht. Diese Krankheit erbet, pflanzt sich erblich fort. Sein Theil soll allein auf seinen Sohn erben, Ezech. 46, 17.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1859-1860.
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