Finster

[162] Finster, -er, -ste, adj. et adv. des Lichtes beraubt, entweder alles oder doch des meisten Lichtes beraubt, in Vergleichung mit hellern Körpern oder Örtern, dunkel. 1. Eigentlich. Ein[162] finsterer Ort, ein finsteres Zimmer, ein finsterer Keller. Das Zimmer ist sehr finster. In der finstern Nacht. Im Finstern sitzen, ohne Licht. Im Finstern ist gut mausen, im gemeinen Leben. Im Finstern tappen. Es wird schon finster, wenn die Nacht einbricht. Ein Zimmer finster machen. Ingleichen von solchen Körpern, welche den Lichtstrahlen den freyen Durchgang versagen. Finstere Fenster, von trübem, unreinem Glase, welche nicht genug Lichtstrahlen durchlassen. Eine finstere Wolke. Es ist heute sehr finsteres Wetter. Ein finsterer Tag, an welchem das Wetter finster ist. 2. Figürlich. 1) Das finstere Zeug, bey den Jägern, das dicke Jagdzeug, dergleichen Tücher und Planen sind, zum Unterschiede von dem lichten, d.i. Lappen, Garnen, Netzen, weil jene nicht so viel Licht durchlassen als diese. Finstere Hölzer, bey den Jägern, Nadelhölzer, zum Unterschiede von den lichten, d.i. Laubhölzern. 2) Den Ofen finster führen, im Hüttenbaue, ihm kein starkes Flammenfeuer geben, ihn dunkel halten. 3) Verdrießlich, mürrisch. Immer ernsthafte Bücher lesen, macht das Gemüth endlich finster. Einem eine finstere Miene machen. Sie sehen ja heute so finster aus. 4) Traurig, niedergeschlagen, im Gegensatze des heiter. Finstere Gedanken. Mit diesem Trauerkleide war auch mein Gemüth ganz finster geworden.


Ein finstrer Tag, so schwarz wie dein Geschick,

Mein Vaterland,

Weiße.


Das Finstere wird ein lichter Morgen werden, Hiob 11, 17. 5) Unbekannt; doch nur in der Deutschen Bibel. Gott weiß, was im finstern lieget, Dan. 2, 22. 6) Lasterhaft, im Stande herrschender Unwissenheit und Sünden lebend; auch nur in der biblischen Schreibart. Sie gehen immer hin im Finstern, Ps. 82, 5. Finstere Wege gehen, Sprichw. 2, 13. Im Finstern wandeln, Es. 9, 2.

Anm. Finster, bey dem Ottfried finster, bey dem Tatian finstar, bey dem Willeram thimster, kommt gewiß nicht von wan, vin, ohne, und ster, ein Stern, her, wie sich jemand träumen lassen; sondern gehöret ohne Zweifel zu dem Nieders. und Dän. bister, welches bloß durch den Mangel des sehr zufälligen n davon unterschieden ist; welches auch dadurch wahrscheinlich wird, weil finster vornehmlich der Oberdeutschen Mundart eigen ist, und in der Niederdeutschen, und den mit ihr verwandten Sprachen nicht angetroffen wird. Aus den oben angeführten Beyspielen erhellet, daß finster und dunkel, im eigentlichen Verstande, gar wohl für einander gebraucht werden können. Ist ja ein Unterschied vorhanden, so bestehet er in der Würde; denn finster ist ursprünglich Oberdeutsch und um deßwillen edler als dunkel, obgleich auch dieß nicht zu der niedrigen Sprechart gerechnet werden kann. Düster aber ist bloß den niedrigen, besonders Niedersächsischen Mundarten eigen; S. dieses Wort. Einen hohen Grad des Finstern druckt man im gem. Leben durch stockfinster aus, wofür Luther Hiob 10, 22 stock dicke finster gebraucht.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 162-163.
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