Gaffen

[387] Gaffen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, mit weit geöffneten Augen stehen. Die Jünger kapfetun, sahen dem aufgefahrnen Christo gen Himmel nach, Ottfr. Die ougen chaffen gegen ihmo, die Augen sehen auf ihn, Notk. Ih chapfen din, ich warte deiner, ebend.


Wir lassen alle bluomen stan,

Vnd kapfen an das werde wib,

Walther v. der Vogelw.


Und werden über sich gaffen, und unter sich die Erde ansehen, Es. 8, 22. Noch gafften unsre Augen auf die nichtige Hülfe, bis sie gleich müde wurden, Klagel. 4, 17. In dieser weitern Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man es nur noch im verächtlichen Verstande gebraucht, etwas mit aufgesperrten Augen und Munde ansehen, welches ein Merkmahl einer unwissenden Verwunderung ist. Ein Dummer gafft nach allem. Es frommet dir nicht, daß du gaffest nach dem, das dir nicht befohlen ist, Sir. 3, 23. S. Aufgaffen, Angaffen, Begaffen, Vergaffen.

Anm. Im Niedersächs. gapen, japen, wo es aber nicht nur mit aufgesperrten Augen sehen, sondern auch gähnen, bedeutet; im Hannöv. kapen, Holländ. gapen. Im Engl. ist to gape gähnen und offen stehen. Eigentlich bedeutet dieses Wort offen stehen, und scheinet daher aus der Vorsylbe ge und offen zusammen gesetzet zu seyn. Im Angels. ist geopnian öffnen, und gipan offen stehen. Allein, daß das g in dieser Gestalt schon alt ist, erhellet aus dem alten und neuern Schwed. Gap, und Hebr. גבא und גב eine Lücke, Öffnung. Im Dän. ist Gab gleichfalls eine Öffnung. Im Niedersächs. hat man von diesem Worte auch das Frequent. jappen, mit aufgesperrtem Munde nach der Luft schnappen. Das captare oder cuptare in dem Salischen Gesetze ist vermuthlich auch unser gaffen, sehen. Siehe Maulaffe, Waffel und Gähnen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 387-388.
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