Geheuer

[499] Geheuer, geheurer, geheurste, adj. et adv. welches im Hochdeutschen völlig veraltet ist, aber noch in einigen Oberdeutschen Gegenden vorkommt. 1) Für zahm, sanftmüthig, wovon Frisch verschiedene Beyspiele angeführet hat, denen ich noch folgende beyfügen will.


Ich sant us der aventure

Wilde gedanken in diu lant

Do bekam in diu gehiure

Die het er dem sinne erkant,

Burkhard v. Hohenfels.


Darauf ir der edel Held gehewr

Weyß und vernünftig antwurt gab,

Theuerd. Kap. 106.


Ihr muest alzeit unverdrossen sein

Und euch understeen der abenthewr

Nicht scheuhen, sy sein wild oder ghewr,

Theuerd. Kap. 6.


2) Angenehm, anmuthig.


Wibes name und wibes lib

Diu sint beidu vil gehiure,

Walther von der Vogelweide.


3) Sicher, besonders vor Gespenstern sicher. Es ist hier nicht geheuer, ein im Oberdeutschen bekannter Ausdruck.

Anm. Auch im Isländ. ist hyr zahm, sanft, ruhig. Das Hoch- und Niederdeutsche kirre ist nur durch eine härtere Aussprache des Hauchlautes daraus entstanden. S. auch Ungeheuer.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 499.
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