Geiße, die

[510] Die Geiße, plur. die -n, eine nur im Oberdeutschen übliche Benennung so wohl einer Ziege, als auch der Rehe, welche letztere auch die Rehziege, im gemeinen Leben die Ricke oder Rücke genannt wird. In beyden Fällen ist es zuweilen eine allgemeine Benennung des ganzen Ziegen- und Rehegeschlechtes; am häufigsten aber wird es nur von den weiblichen Geschlechtern derselben gebraucht.

Anm. Die Oberdeutsche Mundart pflegt gern das e am Ende zu verbeißen, die Geiß oder Gaiß. Von einer Ziege lautet dieses Wort im Schwabenspiegel Gaizze, bey dem Willeram Geizzo, im Angels, Gat, im Schwed. Get, im Dän. Geed, im Türk. Geitzi, im spätern Griech. γιθα, im Hebr. עז, im[510] Griech. αιξ, αεγις, im Lat. aegis. Im gemeinen Leben, selbst Niedersachsens, pfleget man eine junge Ziege wohl eine Kitze, oder Kitzchen zu nennen. Ehedem bedeutete es auch den Bock, und war alsdann männlichen Geschlechtes. Du gescidast oves ab hedis, scaf fone geizzin, Notker. Bey dem Ulphilas ist Gaitei, im Phrygischen Atta-Goz, im Hebr. גדי, im Engl. Goat, im Holländ. Gheete, der Bock. Wachter leitet diesen Nahmen von Geitz, Begierde, her; Ihre aber glaubt, daß Geiße und Ziege durch Versetzung der Buchstaben aus einander enstanden sind. Doch das Wort ist zu alt, selbst für Muthmaßungen zu alt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 510-511.
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