Genoß, der

[568] Der Genóß, des -ssen, plur. die -ssen, Fämin. die Genossinn, plur. die -en, der mit dem andern etwas in Gemeinschaft genießet, einerley Beschaffenheit oder Umstände mit ihm gemein hat. 1) In weiterer Bedeutung, von einer jeden ähnlichen oder gleichen Beschaffenheit; in welcher im Hochdeutschen veralteten Bedeutung es ehedem für gleich gebraucht wurde. Enkeiner sin genos, keiner seines gleichen, Fabeln der Schwäb. Dichter.


So stark ist nieman noch so gros

Er vindet etzuua sin genos,

Fab. 83.


An triuwe ist nieman sin genos,

Fab. 93.


Denn der sey euch genoß am adel,

Theuerd.


Besonders gebrauchte man es ehedem von Personen gleicher Geburt oder gleichen Standes; in welcher Bedeutung es noch zuweilen jetzt vorkommt. Ehedem mußte jeder von seinen Genossen gerichtet werden, von Personen seines Standes, die ihm ebenbürtig waren. 2) In engerer und noch gewöhnlicher Bedeutung ist Genoß jemand, der einige zufällige oder willkührliche Umstände mit dem andern gemein hat. Am häufigsten gebraucht man es in Zusammensetzungen, deren erste Hälfte diesen Umstand näher bestimmet. Z.B. ein Amtsgenoß, Bundesgenoß, Berggenoß, Diebsgenoß, Dienstgenoß, Ehegenoß, Eidgenoß, Glaubensgenoß, Handelsgenoß, Hausgenoß, Tischgenoß, Bettgenoß, Zunftgenoß u.s.f. Aber es kommt auch für sich allein vor. Alle ihre Genossen werden zu Schanden, Es. 44, 11. Die ersten Genossen des Abendmahls, die ersten, welche Theil daran hatten, welche es zuerst genossen. Der Dieb hat seine Genossen angegeben. Wo man denn die Gemeinschaft durch das Wort mit oft noch näher zu bestimmen pflegt, ein Mitgenoß.

Anm. Kero übersetzte das Lat. consors noch sehr buchstäblich Ebanlozzo, und der Übersetzer Isidors Chilothzsso; Ottfried aber und Notker gebrauchen schon Ginoz und Genoz, theils für gleich, theils für einen Genossen. Im Nieders. lautet es Genate,[568] Genoth, im Schwed. Note, im Isländ. Naute. Es kommt von genießen her, vielleicht so ferne solches auch speisen bedeutet, da es denn zunächst Tischgenossen mag bezeichnet haben. Genoß wird zuweilen auch von beyden Geschlechtern gebraucht, der Ehegenoß für die Ehegenossinn; richtiger aber werden beyde Geschlechter unterschieden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 568-569.
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