Grüßen

[841] Grüßen, verb. reg. act. Gutes wünschen, zur Bezeigung seiner Gewogenheit, Ergebenheit und guten Gesinnung, besonders bey der Begegnung. Jemanden grüßen. Grüße ihn von meinetwegen, in meinem Nahmen. Jemanden freundlich grüßen, ihn durch einen andern grüßen lassen. Gott grüße dich! Gott gebe dir Gutes; ein gewöhnlicher Gruß geringerer Personen gegen einander, ingleichen Höherer gegen Geringere. Auch von den durch den Gebrauch anstatt der Worte eingeführten Zeichen. Jemanden mit Abziehung des Huthes, mit einer Verbeugung grüßen. So grüßen die Schiffe einander auf der See, wenn sie Stücke lösen, sich dem andern Schiffe unter dem Winde legen, die Segel einreffen, die Flagge streichen u.s.f. Der frühe Hahn hat kaum noch den Morgen gegrüßt, Geßn. Auch dieses Wort ist so wie das vorige, aus der Sprache der Höflichkeit von der feinern Welt verdränget worden, indem es größten Theils nur noch im gemeinen Leben gehöret wird. Ehedem bedeutete es auch, mit einem Gruße, mit einem Wunsche anreden, und dann anreden überhaupt, in welcher Bedeutung Ottfried gruazen gebraucht. Daher hieß, jemanden kämpflich grüßen ehedem, ihn heraus fordern. Kero gebraucht kruozen für einladen, und im Niedersächsischen bedeutet es noch jetzt zutrinken. Nach einer noch weitern Figur war es ehedem für loben, erheben, preisen, besingen, sehr üblich.


Ich gruisse mit gesange die suissen

Die ich vermiden niht wil noh enmac,

Kaiser Heinrich.


Und in dieser Bedeutung ist es von einigen neuern Dichtern wieder eingeführet worden. Sey mir gegrüßt, Augusta, meine Krone, Raml.


Gegrüßet seyst du edles Licht,

O Sonne!

Weiße.


Sey mir, o heitrer Morgen gegrüßt!

Zachar.


Das Hauptwort die Grüßung ist nur in der Zusammensetzung Begrüßung üblich.

Anm. Im Nieders. gröten, im Angels. gretan, im Engl. to greet. Frisch leitet es von groß her, und erkläret es durch groß machen, erheben. Wahrscheinlicher könnte man es zu dem veralteten cruazen, rufen, schreyen, Franz. crier, Holländ. kryten, Engl. ehemahls auch to greet, Nieders. griten, rechnen, da es ehedem mehrmahls für rufen, anrufen, und anreden vorkommt. Allein es scheinet doch glaublicher, daß es nach Spegels und Ihres Muthmaßung zu dem ehemahligen Schwed. Grid, Grud, Friede, Angels. [841] Grith, gehöret; indem die Anwünschung des Friedens die älteste Art des Grußes war, auch der gemeine Mann in Schweden sich noch jetzt mit den Worten Guds Frid, Gottes Friede, zu grüßen pfleget. Tatian übersetzt salutare durch heilazen, womit das Angels. haletan, und Schwed. helsa, grüßen, überein kommt.

Ein anderes hierher nicht gehöriges Wort ist das veraltete gruozen, griessen, im Nieders. gruten, antreiben, reitzen, welches durch Vorsetzung des Gaumenbuchstabens aus diesem letztern Worte gebildet worden, und bey dem Ottfried, Notker und andern häufig vorkommt.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 841-842.
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