Graben, der

[765] Der Graben, des -s, plur. die Gräben, eine jede in die Erde gegrabene Öffnung von beträchtlicher Länge, besonders so fern sie zur Ableitung oder zum Aufenthalte des Wassers bestimmt ist, sie sey übrigens tief und breit oder nicht; ob man gleich Gräben[765] von beträchtlicher Breite und Tiefe am liebsten Canäle nennet. Einen Graben machen, ziehen, aufwerfen, im Nieders. einen Graben schießen. Ein trockner Graben, im Gegensatze eines Wassergrabens. Einen Graben um eine Stadt führen, eine Stadt mit einem Graben umgeben. Einen Graben räumen, von dem Schlamme und andern Unrathe reinigen. Die Gräben ausfüllen. S. auch Stadtgraben, Landgraben, Laufgraben, Kunstgraben, Schießgraben, Schlitzgraben u.s.f.

Anm. In vielen besondern Fällen bekommen die Gräben nach Maßgebung der Absicht, wozu sie bestimmt sind, besondere Benennungen. Ein Graben auf dem Acker zur Ableitung des Wassers heißt in Niedersachsen Waterlöse, Gete, Loop, Riehe, Riege, (welches mit dem Lat. Rivus überein kommt,) Rille, (S. Riolen,) Schlot, Dobbe, Schluchter, welches aber auch einen Haufen bedeutet, eine Wieke, ein Deep oder Tiefe u.s.f. Im Hochdeutschen eine Abzucht, im Oberdeutschen auch eine Dohle, ein Feldgang, im Bergbaue eine Rösche. Derjenige Graben, worein die Fächser geleget werden, heißet im Weinbaue ein Wendegraben oder ein Gewand, an andern Orten ein Rottgraben. Diejenigen Gräben am Ende der Weinberge, welche das abschießende Wasser auffangen, werden in Franken Schläge, Gräben aber, welche das Wasser aus den Weinbergen ableiten, Klingen genannt, dagegen in Thüringen Klingen breite aber nicht tiefe Gräben zur Erzeugung der Brunnenkresse sind. Ein aus einem Flusse geleiteter Canal heißt im Osnabrückischen eine Utspieke. In andern Fällen bekommen die Gräben nach Maßgebung ihrer Breite und Tiefe besondere Nahmen. Weiter ist in Niedersachsen ein tiefer Graben, Graft, Holländ. Gracht, ein großer Graben, ein Canal. Eine kleine Rinne zur Ableitung des Wassers von ein bis zwey Fuß tief und weit, heißt im Bremischen und Hannöverischen eine Grüppe, Angels. Gruepe, dagegen sie, wenn sie über zwey Fuß tief und weit ist, erst ein Graben genannt wird; so wie an andern Orten Niedersachsens ein geringer Wassergraben ein Klemmschlott ist. Übrigens bedeutet das Wort Graben im Osnabrückischen auch einen durch Graben aufgeworfenen Damm, so wie Deich so wohl ein ausgegrabenes Wasserbehältniß, als einen aufgeworfenen Damm, Schluchter so wohl einen Haufen, als einen Graben, und das mittlere Lat. Fossa und Fovea so wohl einen aufgeworfenen Erdhaufen, als einen Canal bedeuten.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 765-766.
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