Greinen

[794] * Greinen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, aber nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist. Es bedeutet eigentlich das Gesicht, besonders den Mund verzerren, gähnen; in welcher Bedeutung in dem alten Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter grinen die Zähne blecken bedeutet, wie das Schwed. und Isländ. grina, das Angels. grennian, grinnian, das Engl. to grin und girn, das Ital. sgrinare, und das Latein. ringere, alle, wie Ihre glaubt, von dem alten greina, theilen, S. Gränze und Rain. Besonders bedeutet[794] es in den gemeinen Sprecharten Ober- und Niederdeutschlandes, 1) lächeln, mit Verzerrung des Mundes lächeln, wie das Nieders. grinen, und Dän. grüne. Noch mehr aber, 2) mit Verzerrung des Mundes weinen, wie die Kinder zu thun pflegen. Nieders. grinen, im Oberd. auch granen, davon das Frequent. grinsen, und das Oberd. Greiner, Greinerlein, ein weinendes Kind, abstammen.

Man hat im Oberdeutschen noch ein anderes gleichlautendes, aber im Hochdeutschen unbekanntes Zeitwort, greinen, welches nicht hierher zu gehören, sondern vielmehr eine Nachahmung des Schalles zu seyn scheinet, indem es so wohl von dem Grunzen der Schweine, als auch von dem Wiehern der Pferde, dem Heulen der Wölfe und Füchse, ingleichen figürlich von dem Murren und Zanken der Menschen gebraucht wird, und wovon, und wovon das Lat. grunnire, das Franz. gronder, und unser grunzen Frequentativa sind. S. das letztere. Graf Eberhard von Würtenberg, welcher um 1350 lebte, hieß wegen seiner Unfreundlichkeit und seiner Kriege Contentiosus, und auf Deutsch der Greiner.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 794-795.
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