Härte, die

[983] Die Härte, plur. inus. das Abstractum des Bey- und Nebenwortes hart, die Eigenschaft eines Dinges, da es hart ist, in den meisten Bedeutungen.

1. Das Vermögen, einem Stoße oder einer leidentlichen Veränderung zu widerstehen, so wohl absolute, wo die Härte eine Eigenschaft aller Körper ist, als auch, und zwar am häufigsten, verhältnißweise, das Vermögen, diesen leidentlichen Veränderungen in einem merklichen Grade, mehr als andere ähnliche Dinge, zu widerstehen. Die Härte des Holzes, eines Steines u.s.f. Dem Eisen den rechten Grad der Härte geben, es gehörig härten. Das Eisen verlieret seine Härte, wenn es weich wird. Die Härte der Haut, der Hände, des Brotes u.s.f.

2. Figürlich. 1) In Ansehung des Vermögens den leidentlichen Veränderungen zu widerstehen. (a) Das Vermögen, die Fertigkeit, den sinnlichen Eindrücken von außen Widerstand zu leisten, solche nicht zu empfinden. So sagt man, obgleich nur selten, von einem Menschen, der gegen die Witterungen, gegen die Beschwerden u.s.f. abgehärtet und unempfindlich ist, er besitze eine große Härte. Noch mehr, (b) im moralischen Verstande. (α) Die Härte der Stirn, das Vermögen, die Fertigkeit, den Empfindungen der Scham zu widerstehen. (β) Das Vermögen, und in engerer Bedeutung, der Fertigkeit, allen Bewegungsgründen Widerstand zu leisten. Stax besitzet eine außerordentliche Härte. Die Härte des Gemüthes. Die Härte des Herzens, in der Theologie, der Stand der Unempfindlichkeit gegen alle heilsame Wirkungen der göttlichen Gnade, der auch der Stand der Verhärtung, und wenn er einen hohen Grad erreicht hat, der Verstockung genannt wird. S. Hartnäckigkeit. (γ) In engerer Bedeutung, das Vermögen, die Fertigkeit, den Empfindungen des Mitleidens zu widerstehen, die Fertigkeit von anderer Noth nicht gerühret zu werden; ein gelinderer Ausdruck für Unbarmherzigkeit. Eines Bitte mit vieler Härte verwerfen. Wenn man die Härte der Menschen schon so sehr erfahren hat, so wird man es endlich müde, von seinem Unglücke zu sprechen, Sonnenf. (δ) Die Fertigkeit, die Mäßigung in Beurtheilung anderer und im Widerstande gegen ihr unrechtmäßiges Verhalten, zu unterlassen; die Strenge. Einen Fehler mit vieler Härte, oder nach der Härte bestrafen. Der Unterricht in den niedern Schulen wird gemeiniglich von zu vieler Härte begleitet. Die Härte des Schicksals. Jemanden mit vieler Härte begegnen, wo es so wie das Beywort oft ein glimpflicher Ausdruck für Grobheit, Ungestüm u.s.f. ist. (ε) Die Härte des Kopfes, die Ungelehrigkeit, das Unvermögen, eine Sache zu fassen, oder zu begreifen. 2) In Ansehung der Mühe, welche man anwenden muß, den Widerstand eines harten Körpers zu überwinden, ist es nur in einigen Fällen üblich. Die Härte des Leibes oder des Stuhlganges, derjenige Fehler der Gedärme, wo der Stuhlgang mit Mühe, mit Beschwerde verbunden ist, oder wohl gar ausbleibet. S. Hartleibigkeit. Die Härte der Buchstaben, da sie in der[983] Aussprache mehr Anstrengung erfordern als andere. 3) Besonders in Ansehung der damit verbundenen unangenehmen Empfindung. (a) In den schönen Künsten, die Schwierigkeit, welche entweder den Sprachwerkzeugen oder den Empfindungen in den Weg geleget wird. Die Härte der Schreibart, des Styls. Die Härte der Verse, des Reimes. Wo einzelne harte Laute, Verbindungen oder Stellen, auch den Plural verstatten. Härten des Styls. Die Härte der Manier oder des Pinsels. in der Mahlerey, der Mangel der gehörigen Vertreibung der hellen Farben mit den dunkeln, der Mangel der Vermischung der Umrisse; die Trockenheit. Der erste Griechische Styl in den Bildwerken hatte noch viele Härte. (b) Die Eigenschaft einer Sache, da sie in einem sehr merklichen Grade unangenehm, schmerzlich, empfindlich, beschwerlich ist. Die Härte des Winters, einer Strafe, einer Sklaverey. Die Härte des Schicksales.

Anm. Schon bey dem Ottfried, so wohl eigentlich als auch figürlich von der Härte des Gemüthes, Herti. Siehe auch Härtigkeit.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 983-984.
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