Hölle, die

[1264] Die Hölle, plur. doch nur in der ersten eigentlichen Bedeutung, die -n, ein hohler, verborgener, versteckter Ort. 1. Eigentlich, in welcher Bedeutung es noch hin und wieder im gemeinen[1264] Leben üblich ist. Besonders führet diesen Nahmen der gemeiniglich enge und dunkle Raum zwischen dem Ofen und der Wand, in den Häusern gemeiner Leute, besonders auf dem Lande, wo es aber gemeiniglich Helle lautet. Lag ich müd schlafend in der Hell, Hans Sachs. Die Nebenseiten einer Malzdarre neben dem Hitzofen führen gleichfalls den Nahmen der Hölle oder Helle, so wie im Hüttenbaue, der zwischen dem hintern Schürloche des Treibeherdes unter dem Treibehute befindliche Raum. S. 2 Helle. Das Nieders. Holl bedeutet, so wie das Holländ. Hollte, in weiterm Verstande noch ein jedes Loch. 2. In engerer Bedeutung und ohne Plural, die untersten tiefsten Räume der Erde, im Gegensatze des Himmels. 1) * Eigentlich. Fordere dir ein Zeichen, es sey unten in der Hölle, oder droben in der Höhe, Es. 7, 11. Führe ich gen Himmel, siehe so bist du da, bettete ich mir in die Hölle u.s.f. Ps. 139, 8. Er ist höher denn der Himmel – tiefer denn die Hölle, Hiob 11, 8. Im Deutschen ist es in dieser Bedeutung veraltet. 2) Figürlich. (a) * Das Grab, und nach einer noch weitern Figur, der Zustand nach dem Tode, ohne Beziehung auf dessen glückliche oder unglückliche Beschaffenheit, das Reich der Schatten, das Reich des Todes; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, welche in der Deutschen Bibel noch sehr häufig vorkommt. Wer in die Hölle hinunter fähret, kommt nicht wieder herauf, Hiob 7, 9. Die Hölle ist mein Haus, Kap. 17, 13. Wer will dir in der Hölle danken, Ps. 6, 6. Nun muß ich zur Höllen Pforten, Es. 38, 40, d.i. in das Grab. Jonas schrie aus der Höllen, (aus der Hölle,) aus dem Bauche des Wallfisches, Jon. 2, 3; und so in andern Stellen mehr. Im Schwed. bedeutet Hael, und im Meklenburgischen der Hel noch jetzt den Tod, daher das dreyfüßige Pferd, worauf der große Haufen den Tod zu Pestzeiten herum reiten siehet, daselbst Helheß heißet, von Heß, Hest, ein Pferd. Bey den alten Schweden war Hela die Göttinn des Todes. (b) Der Aufenthalt der Verdammten nach diesem Leben, der Ort ihrer Qual, weil man diesen Ort schon in den ältesten Zeiten im Innersten der Erde nicht weit von ihrem Mittelpuncte annahm. Bey den ältern Schriftstellern heißt er auch die untere Hölle, im Gegensatze der obern. Notker sagt Ps. 85, 8, die Seelen der Gerechten wären vor Christi Ankunft in der obern Hölle aufbehalten worden; dagegen die untere für die Verdammten bestimmt sey. S. auch Vorhölle. (α) Eigentlich. In die Hölle kommen, im gemeinen Leben, verdammt werden. In die Hölle, zur Hölle fahren. Überall werde ich Flüche hören, jeder Ort wird sich um mich her in eine Hölle verwandeln. Die Hölle an jemanden verdienen. Jemanden die Hölle heiß machen, ihm die Hölle als heiß vorstellen, d.i. sein Gewissen auf das lebhafteste rühren, ihm einen hohen Grad der Angst erwecken. (β) Die in der Hölle befindlichen Teufel. Die menschliche Zunge zündet an alle unsern Wandel, wenn sie von der Hölle entzündet ist, Jac. 3, 6. Die ganze Hölle jauchzte, Klopst. (γ) Die daselbst für die Verdammten bestimmte Qual. Die Hölle auf der Erde haben.

Anm. Die in der Deutschen Bibel mehrmahls befindliche Form der Höllen, für der Hölle, in der zweyten und dritten Endung gehöret der Oberdeutschen Mundart zu, welche auch Erde, Ehre, Grube, Wiege, Seele u.a.m. auf ähnliche Art decliniret. In der letzten Bedeutung des Ortes der Verdammten lautet es schon bey dem Kero, Ottfried und andern Hella, Helli, Hello, im Nieders. Hölle, im Angels. Helle, im Engl. Hell, im Dän. Helvede, im Schwed. Haelwite, von Wite, Wette, die Strafe. Man hat es von dem alten Eld, Ild, Feuer, ableiten wollen, S. Hell, weil der Begriff des Feuers sich schon von den ersten Zeiten der christlichen Religion an mit in dieses Wort eingedränget[1265] hat. Allein es ist wohl unstreitig, daß es mit zu dem Geschlechte der Wörter Höhle und hohl gehöret; zumahl da es eine bloß buchstäbliche Übersetzung des Latein. Infernus ist. Ottfried nennet die Hölle an einigen Stellen auch then Vucuuon, die Wohnung, den Wohnort des Wehes, d.i. der Qual.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1264-1266.
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